Zitiert nach Ullich Steybe schrieb am 20.4. 2001 um 18:10:50 Uhr zu
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Die bereits angesprochene Rationalisierung des Denkens in der Zeit zwischen dem 14. und 16.
Jahrhunderts im 17. Jahrhundert wurde an den Lebensgewohnheiten und Lebensumständen der
Menschen sichtbar. Die bürgerlichen Normen, die sich im 17. Jahrhundert entwickelten,
unterschieden sich stark von denen des mittelalterlichen Menschen152.
"[Im 17. Jahrhundert] kam [es] zu einem Umschwung in den Wertevorstellungen und in diesem
Zusammenhang auch zur gründlichen Revision der Beurteilung von Trinkgelagen und Trunken-
heit" (Vogt '89, S. 59). Vogt fährt fort, daß sich informelle Regeln herausgebildet hätten, die den
Adligen und Bürgern ein anderes Verhalten beim Trinken vorgeschrieben hätten als dem ge-
wöhnlichen Volk. Erstere hätten sich ihrer Genußsucht und ihrem Durst nicht einfach hingeben,
sondern sich zumindest nach außen hin Zurückhaltung auferlegen sollen.
In dieser Zeit hatten sich die Sitten allgemein geändert. Stolleis spricht davon, daß sich unter dem
Einfluß der höfischen, von Frankreich geprägten Kultur das Ideal des "honnêtte homme (gentille
homme)" durchgesetzt und weit in das am Adel orientierte Bürgertum hineingewirkt habe. Dieser
Wandel hätte Ausdruck in den Tischsitten, in der Kleidung, in Briefstil und Sprache gefunden.
Der ältere »Grobianismus« sei nun verpönt gewesen und mit ihm auch die Roheit und
Unmäßigkeit im Essen und Trinken. Zierlichkeit im Benehmen und Ausdruck, Selbstbeherr-
schung (conduite) und die Kontrolle der Affekte durch die Vernunft hätten die neue Richtschnur
gebildet und die ohnehin aus wirtschaftlichen Gründen nahegelegte Mäßigkeit unterstützt
(Stolleis '82, S. 190).
Im Gegensatz zum Mittelalter, wo beim Gelage oft bis zur Bewußtlosigkeit getrunken worden
war, wurden nun Trinkordnungen aufgestellt, wie etwa am Hof Herzogs Erich des Frommen von
Sachsen-Gotha im Jahre 1648153. Obwohl die Mengen immer noch weit über das heute übliche
Maß hinausgingen (so wurden den Hofdamen täglich sieben Maß Bier zugerechnet), ist allein der
Bestand eines solchen Gebots ein Zeichen des Wandels.
Vogt berichtet davon, daß sich für Frauen Sonderregelungen herausbildeten. Im Gegensatz zu
Pfeuffer, der mit der Regelung am Sachsen-Gothaischen Hof eine Trinkordnung aufzeigt, die
Frauen immer noch ein relativ hohes Maß an Alkoholika zu sich nehmen läßt, spricht sie davon,
daß es von nun an als schicklich gegolten habe, wenn die Frauen der besseren Stände bei passen-
der Gelegenheit an einem Glase Wein nippten und ansonsten abstinent lebten. Von Frauen aus
dem gemeinen Volk, bzw. später dem Proletariat sei erwartet worden, daß sie ganz auf alkoholi-
sche Getränke verzichteten, da sie ansonsten schnell als Prostituierte gegolten hätten (Vogt '89, S.
58).
Von nun an wurde hinsichtlich der Trinksitten zwischen den Ständen unterschieden. Während
sich der Adel und das Bürgertum eher einem mehr oder weniger abstinenten und vernunftsorien-
tierten Lebenswandel auferlegte, stand es "dem einfachen Mann, später dem Arbeiter, [...] frei,
sich auch weiterhin öffentlich zu betrinken und lärmend durch die Straßen zu ziehen. Gerade
daran erkannte man ja unter anderem das Volk, daß es eben nicht in der Lage war, sich selbst zu
kontrollieren und zu disziplinieren" (Vogt '89, S. 58).
Auch ein Wandel des Ansehens des Alkohols in der Medizin zeichnete sich ab: Er wurde deutlich
weniger als Therapeutikum angewendet. Schon im 16. Jahrhundert kann man in einem Ge-
sundheitslehrbuch eine deutliche Ablehnung der Meinung Ibn Sinas zum Rausch lesen: "Starcke
drunkenheit ist schendlich guten syten und der natur" (Eis 1961: 269 aus Legnaro '82b, S. 165).
Dies gilt insbesondere für die therapeutische Anwendung des Branntweins, der immer mehr
Konsumgut wurde.
In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts kam es zu einer Verschiebung der Trinkgewohnheiten.
Da durch den Dreißigährigen Krieg die Weinberge in den deutschen Kleinstaaten verwüstet
worden waren, wurde Wein zu einer teuren Ware, die sich nur die besitzenden Klassen leisten
konnten154. Im Gegensatz dazu wurde der Branntwein immer beliebter.
Im 18. Jahrhundert wurden in England neue maschinelle Fertigungstechniken erfunden, die zu-
nächst die Textilindustrie, später dann die Eisenverarbeitung und den Bergbau revolutionierten155.
Die davor agrarisch orientierten Wirtschaftsformen wichen der industriellen Fertigung. "Mit der
Erfindung neuer Maschinen, die die Warenproduktion weiter erleichterten, wie z.B. der
Dampfmaschine (1765) oder des mechanischen Webstuhls (1785), entstanden ganz neue Arbeits-
und Organisationsformen, die von den Arbeitern neue Fähigkeiten und Fertigkeiten verlangten,
und auch eine neue Lebensführung, die sich immer mehr dem Maschinentakt anzupassen hatte"
(Vogt '89, S. 59). Das hatte neue Gewohnheiten und neue Konsumorientierungen zur Folge.
In Laufe dieser Veränderung der Denkmuster kam es auch zu neuen Ansichten über das Trinken.
Es wurde genauer differenziert zwischen den Graden der Trunkenheit, so wurde beispielsweise
zwischen Rausch (ebrietas) und Unmäßigkeit (intemperantia) unterschieden156. Auch wurden nun
"verschiedene Theorien über die physiologischen Wirkungen alkoholischer Getränke aufgestellt,
die nun überwiegend mit dem 'inflammablen Spiritus' (Horn 1747:3f, 25f) in Verbindung gebracht
werden, der in Wein, Bier und Branntwein enthalten sei" (Spode '86, S. 180).
Weiter berichtet Spode von dem Züricher Pfarrer Johann Kaspar Lavater, in dessen Sittenlehre
von 1773 über die schädlichen Folgen der Trunksucht ein neuer Gedanken formuliert wird: Man
gewöhne sich bald so an die Trunkenheit, daß man immer mehr trinken wolle und fast ohne be-
trunken zu sein nicht mehr leben könne. Spode bemerkt hierzu: "Der Unterschied zum Wissen
der Autoritäten scheint minimal, und doch fällt hier ein neuer, ein mitleidiger Blick auf den
Trinker: er wird zum Opfer" (Spode '86, S. 180)
Der Branntwein entwickelte sich ab etwa 1700 zu der Hauptalkoholika157. Daß der Branntwein-
konsum im 18. Jahrhundert ganz neue Dimensionen annahm, läßt sich am Ginverbrauch in Eng-
land darstellen. Um den Gin gegenüber den französischen Spirituosen attraktiver zu machen,
waren Handel und Herstellung des Gins gefördert und der Import französischen Weinbrands
verboten worden. Das hatte zur Folge, daß der Ginverbrauch in den Jahren zwischen 1685 und
1750 um mehr als das Zwanzigfache stieg. 1750 waren in England 11 Millionen Gallonen Gin
getrunken worden, etwa 50 Millionen Liter158, und das bei einer Bevölkerung von sechs bis sieben
Millionen Menschen159. Spode erwähnt, daß auf dem Höhepunkt der Flutwelle 1743 der Pro-
Kopf-Verbrauch eines erwachsenen männlichen Londoners bei 60 Litern gelegen haben dürfte
(Spode '86, S. 184).
In dieser Zeit waren verschiedene Bemühungen der Regierung, den Verbrauch unter Kontrolle zu
bringen, gescheitert. So hatte das britische Parlament 1729 ein Gesetz verabschiedet, das die
Händler zu einer Konzession verpflichtete, und außerdem eine Steuer auf Gin erhoben. Die Folge
war, daß anstatt gutem Gins nun billiger, zum Teil mit giftigen Fuselölen versetzter Alkohol ver-
kauft wurde, der damals »Parlaments-Branntwein« genannt wurde160. Nachdem dieses Gesetz
aufgrund dessen wieder aufgehoben wurde, zog dies nur eine erneute Steigerung des Verbrauchs
nach sich. "Das Ergebnis, schrieben die Brüder Webbs (Webb/Webb 1903:22), 'war eine absolute
Hölle der Trunksucht, an der der überwiegende Teil der Bevölkerung beteiligt gewesen zu sein
scheint... Billiger Gin wurde Arbeitern von ihren Dienstherren anstelle des Lohns gegeben, von
Barbieren und Tabakhändlern verkauft, von Männern und Frauen auf den Straßen verhökert,
[...], bis es soweit kam, daß, wie ein zeitgenössischer Autor es formuliert hat, 'die eine Hälfte der
Stadt nur dazu da (gewesen) zu sein scheint, die andere mit Gift zu versorgen''." (Coffey '82, S.
195).
Das Gift schrieb am 1.11. 2004 um 19:57:44 Uhr zu
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Am 14. Juli 1994 um 18 Uhr und 5 Minuten haben wir uns am Strand des Beetzssees den ersten Joint reindrängeln lassen. Dieser Joint enthielt den zu diesen glanzvollen Zeiten üblichen schwarzen Afghanen. Nachher lief ich irritiert über den Strand und sabbelte die sonnenbadende Kronberger samt ihrer Häschenfreundin Sabrina an. Vorher waren wir allen Rauschgiften apart gewesen, doch ab da war es geschehen. Kurz darauf ergab sich der Umstand, das uns aus ehrerbietigen Quellen rauchbares Rauschgift zur weiteren kommerziellen Abgabe zur Verfügung gestellt worden ist, was meine Identifizierung mit dem Schmalz der Dröhntannen einmal mehr befleißigte. Durch diese Kontakte ergab es sich, dass wir relativ zeitgleich Zugang zu LSD bekamen und die vernünftige Orientierungsentscheidung fällten, fortan zu jeder sich bietenden Gelegenheit Pappen zu fressen. Das war crazy, aber lehrreich, selbst aus jetziger Sicht. Eines Tages war jedoch das LSD alle und mein Partner besorgte stattdessen unsere ersten Tabletten. »Tauben«, groß wie ein 50cc Stück und 100% MDMA. Schade, dass mein erster Tanztablettenfilm bei »Assissins« 1995 im vom Verfall gezeichneten Kino des kleinen grünen Städtchens ablief, aber andererseits haben wir das restliche Kinopublikum unsererseits sicherlich gut unterhalten. Im Folgenden trat zunehmend der Umstand zu Tage, dass uns, wenn wir uff'm Druffn unterwex waren, ständig Speed angeboten worden ist, von dem wir, da wir ja von allen Schranken befreit waren, auch in ausreichendem Maße bereitwillig nahmen, so sehr, dass wir einmal in heimatlichen Gefilden umkippten und erst Stunden später mit Blutkrusten aufgewacht sind, aber all das zeichnet nur das wackere Herz delysierter Kreuzzügler aus und machte selbige konkreterweise gefeit gegen die nunmehr folgenden Schneestürme des rüden Kokains, dieses Steingolems, der nichts vermag, als stures Voranschreiten. 'Halte die Kokainisten in Tretmühlen', hat Don da Silva aus dem Wedding immer gesagt, aber das wäre eine andere lange Geschichte, somit verbleiben wir im Kniefall vor all dem himmelschreienden Glück, dass uns in allunseren Vorkomnissen bislang widerfahren sein mag ...