Als ich noch selber getrunken habe, ist es mir nicht so aufgefallen, aber das Schreiben unter Alkohol ist ein grundsätzlich anderes und einem geübten Leser nach kurzer Zeit so zweifelsfrei spürbar wie eine olfaktorische Inaugenscheinnahme. Stets auffällig zum Beispiel ist die latente Aggressivität, mit welcher einmal angefangene Metaphern in den Stall gepeitscht werden, elliptische Sätze oder Gedanken, die auf einen offenen Akkord auslaufen; ferner ein gewisses schreiberisches Lippenlecken, das voll gespannter Bereitschaft ist, jederzeit in selbstreferentielle Tränen zu zerfließen. Ein von der Leine gelassener Chorist, plötzlich sehr allein in einer großen Halle, ein Tor voller Forte, dem man wünschen mag, den Notausgang des Smorzando noch zur rechten Zeit zu finden. Ansonsten gilt für ethanolgestützte Denkleistungen, was auch für den trunkenen Aufenthalt im Freien gilt: Glück und Geschick voraussetzend, kann man wie von einem Schutzengel geleitet Gerüste erklettern, sechsspurige Straßen überqueren und den gesamten umsitzenden Bierfilz tot argumentieren - um dann bei der Heimkehr, Arsch nach oben, in einer Pfütze zu ersaufen.
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