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elfboi schrieb am 17.12. 2002 um 21:35:17 Uhr über

gats




Was ist GATS ?

von Maude Barlow, The Ecologist, 19.4.01 - 07.09.2001 23:47

Was verbirgt sich hinter der Abkürzung GATS? Es ist das allgemeine Abkommen über Handel mit Dienstleistungen, das 1994 eingerichtet wurde und nun von der Welthandelsorganisation (WTO) vorangetrieben werden soll. Alle öffentlichen Dienstleistungen sollen zur handelbaren Ware werden, d.h. z.B. auch Gesundheit, Bildung und die Wasserversorgung.
Der folgende Text kommt im Duktus der Empörung daher über die bösen Konzerne, wie wir es leider schon von den Texten gegen das Multilatrale Abkommen über Investitionen (MAI) kennen. Es wird auf die einsichtigen PolitikerInnen gehofft, die weiterhin die öffentlichen Dienstleistungen des Staates garantieren sollen. Der Schutz der einheimischen Wirtschaft vor ausländischen Konzernen bietet gefährliche Anknüpfungspunkte zum Nationalismus, und deshalb muß die Ablehnung nationalistischer Positionen deutlich gemacht werden.
Aber auch wenn wir wissen, daß Kapitalismus eben Profitmaximierung heißt und daß der Staat dazu da ist, optimale Verwertungsbedingungen sicherzustellen, und daß es die Regierungen sind, die an den Verhandlungstischen der WTO sitzen und weitere Privatisierungen und Deregulierung beschliessen, so bietet dieser Text trotzdem eine kurze Einführung worum es beim GATS geht.

GATS = General Agreement on Trade in Services



Die letzte Grenze

Ein globales Abkommen, über das gegenwärtig verhandelt wird, wird es Unternehmen erlauben die öffentlichen
Dienstleistungen in aller Welt zu übernehmen - ob Menschen das wollen oder nicht... Wenn es einmal installiert ist, wird es den Untergang des öffentlichen Sektors bedeuten.
Maude Barlow erklärt, warum das verhindert werden muss.

Wenn Sie BolivianerIn wären, wüssten Sie, warum die Welt besorgt sein müsste über GATS. Gehen Sie zurück in der Zeit ins Frühjahr 2000, in die Stadt Cochabamba in diesem südamerikanischen Land. Unter dem Druck der Weltbank hat die Bolivianische Regierung ihr öffentliches Stadtwassersystem an ein US-Wasserunternehmen verkauft. Dies war Teil des Weltbank-Programms, die Bolivianische Wirtschaft zu »modernisieren« - in anderen Worten, sie den westlich gegründeten Unternehmen gegenüber zu öffnen. Es war alles, so wurde den Bolivianern versichert, im Namen der ökonomischen Effizienz.
Die Menschen von Cochabamba fanden schnell heraus, worauf diese Effizienz hinauslief. Schon Wochen nachdem die Unternehmensflagge gehisst wurde, auf dem was bislang ein öffentlicher Versorgungsbetrieb war, stiegen die Wasserpreise massiv an. Viele der ländlichen Familien von Cochabamba mussten bis zu einem Drittel ihres Einkommens für ihr Wasser bezahlen - mehr als sie für Nahrungsmittel ausgeben. Die Belastungen waren lähmend, und es gab keine Alternative - sogar Regenwasser als Trinkwasser zu sammeln, war für illegal erklärt worden.
Beschwerden hatten keine Wirkung bei dem Wasserunternehmen, dessen Ziel es nun war, eher Profit zu machen als eine öffentliche Versorgung für elementare Bedürfnisse bereitzustellen. So gingen die Cochabambaner auf die Strasse. Im April nahmen zuerst Hunderte, dann Tausende an den Demonstrationen gegen die Privatisierung dieser elementarsten Güter teil.
Vier Tage Streik brachten die Stadt zum Stillstand. Die Regierung gab nach und versprach den Wasserpreis zu senken. Dann änderten sie ihre Meinung. Der Protest begann wieder und wurde dieses Mal größer. Tränengas wurde eingesetzt und der Kriegszustand wurde erklärt. Cochabamba landete im Chaos. Noch immer weigerten sich die Regierung und das Unternehmen, nachzugeben. Protestführer wurden in der Nacht zusammengetrieben. Andersdenkende Medien wurden geschlossen. Der Profit eines fremden Unternehmens hatte Vorrang vor den täglichen Bedürfnissen der Bolivianischen Bevölkerung. Aber diese Menschen gaben nicht auf. Der Protest wuchs sogar noch an. Schließlich, nachdem das Militär einem 17 jährigen protestierenden Jungen ins Gesicht geschossen hatte, realisierte sogar die Regierung, dass das Spiel vorüber war. Zwei Tage später unterzeichneten sie ein Übereinkommen, das die Stadtwasserversorgung wieder der öffentlichen Kontrolle übergab.
Dies war ein Sieg, der nicht andauern wird. Nächstes Mal werden die Menschen, egal wie groß der Protest sein wird, ihre Zeit verschwenden.
Es kommt auch zu Ihnen.
Nur wenige Monate früher wurde in der Nordamerikanischen Stadt Seattle das November 1999 Treffen der
Welthandelsorganisation (WTO) stillgelegt - ebenso durch Massenproteste. Es war, so schien es, ein Ereignis, das die Kräfte der Unternehmensglobalisierung auf ihrem Weg gestoppt hat - zumindest für eine gewisse Zeit.
Aber nicht so schnell. Schon Monate nachdem sich der Rauch und das Pfefferspray verzogen hatte, und die Protestierer, die Regierungsoffiziellen und die Reporter gegangen waren, rief schon das »General Agreement on Trade in Services« GATS (Allgemeine Vereinbarung über Handel in Dienstleistungen). Sie haben wahrscheinlich von GATS noch nichts gehört - die Wenigsten haben das. Darum geht es gerade. Aber Sie sollen wissen, welche Bedeutung es für Sie haben wird. Denn diese Verhandlungen gehen immer noch, im Stillen, weiter. Ihre Absicht ist, einfach und sachlich, die öffentlichen Dienstleistungen der ganzen Welt für Unternehmensübernahmen anzupreisen, um das ganze Konzept der öffentlichen Dienstleistungen nicht
nur unmöglich, sondern möglicherweise illegal zu machen. Das ist es, worum es in GATS geht. Wenn es letzten April schon in Kraft gewesen wäre, wäre es ganz einfach für die Bolivianische Regierung illegal gewesen, die Wassergesellschaft wieder zu verstaatlichen.
Gute Nachrichten für die Unternehmensprofite, schlechte Nachrichten für Menschen. GATS macht den Weg frei für die Privatisierung der öffentlichen Dienstleistungen über die ganze Welt hin. Nichts wird ausgenommen - Erziehung, Gesundheitswesen, Sozialwesen, Post, Museen und Büchereien, öffentlicher Verkehr, alles wird den Unternehmensinteressen geöffnet. Jeder und jeglicher Dienst, der gegenwärtig von den Staaten im Namen des öffentlichen Interesses zur Verfügung gestellt wird, wird privaten Unternehmen zugänglich gemacht und unter Profitgesichtspunkten betrieben werden. GATS könnte, ganz einfach, die letzte Grenze der Globalisierung sein: Das Ende der Idee gemeinnütziger öffentlicher Dienste.
GATS wird in über 130 Ländern in Kraft treten, leise, und ohne viel Aufhebens, und dies in weniger als 2 Jahren. Wenn nichts getan wird!

Was ist GATS?
Das allgemeine Abkommen über Handel mit Dienstleistungen (General Agreement on Trade in Services = GATS) ist eines von mehr als 20 Handelsvereinbarungen, die von der Welthandelsorganisation (WTO) verwaltet und in Kraft gesetzt werden.
Das GATS wurde 1994 eingerichtet als Ergebnis der »Uruguay-Runde« des allgemeinen Abkommens über Zölle und Handel (General Agreement on Tariffs and Trade = GATT) die zu der Schaffung der Welthandelsorganisation geführt hat. GATS war eines der Handelsabkommen, das für die Einbeziehung in die WTO übernommen wurde, als diese 1995 gebildet wurde. Die Verhandlungen sollten 5 Jahre später beginnen, mit dem Ziel »progressiv die Ebene der Liberalisierung des Handels« zu heben.
Diese Gespräche wurden wie geplant im Februar 2000 auf den Weg gebracht. Der Weg sieht vor, eine Abschlussvereinbarung bis Dezember 2002 zu erreichen - das sind weniger als 2 Jahre.
Das Mandat von GATS ist die »Liberalisierung des Handels mit Dienstleistungen«. In klarem Deutsch bedeutet dies den Abbau der staatliche Barrieren für die Privatisierung öffentlicher Dienstleistungen. Ihr Ziel ist, es Regierungen unmöglich zu machen, öffentliche Dienste auf einer gemeinnützigen Basis zu betreiben, ohne die Beteiligung von privaten Unternehmen.
GATS wird es der WTO erlauben, staatliche Handlungen bezüglich öffentlicher Dienstleistungen durch eine ganze Reihe gesetzlicher Zwänge einzuschränken. Jede Regierung, die den Regeln der WTO zuwider handelt, wird Sanktionen erfahren.
Also, was wird geschehen, wenn GATS eingeführt wird? Charlene Barshevsky, die US- amerikanische Handelsbeauftragte, kann es uns sagen. Bevor die GATS-Verhandlungen zu Beginn des letzten Jahres begannen, fragte sie die mächtige US-Lobby-Gruppierung der Koalition der Dienstleistungsindustrien, was sie in den GATS-Vereinbarungen beinhaltet sehen möchte. Die Europäische Kommission hat dasselbe getan mit ihrer Industriekoalition, dem europäischen Dienstleistungsforum. Unter sich haben die Unternehmen die folgenden Prioritätsgebiete für die Handelsliberalisierung identifiziert: Gesundheitswesen; Krankenhauswesen; Häusliche Pflege; Zahnarztwesen; Kinderbetreuung; Altenbetreuung; Erziehung - Schulwesen, Hochschulwesen und Volkshochschulwesen bzw. Erwachsenenbildung; Museen; Büchereien; Gesetzgebung; Sozialberatung; Architektur; Energiewesen; Wasserversorgung; Umweltschutzdienste; Immobilienwesen; Versicherungen; Tourismus; Postdienste; Verkehr; Verlagswesen; Funk- und Fernsehen und viele andere.
Die Konsequenzen hiervon sind niederschmetternd. Es bedeutet, dass die 137 Mitgliedsländer der WTO dabei sind, übereinzustimmen, alle ihre öffentlichen Dienstleistungen für freie Handelsgesetze zu öffnen - denselben Gesetzen, die es der WTO erlaubt haben, die Gesundheit, die Nahrungssicherheit, und die Umweltgesetze in Dutzenden von Ländern zu zerschlagen. Den Unternehmenswölfen wird Einlass in das letzte verbleibende Pferch gewährt. Und sind sie einmal drin, wird es zu spät sein, sie jemals wieder herauszukriegen.

Eine kurze Geschichte der Globalisierung
Wie konnte dies passieren? Wie konnten Regierungen diese Beseitigung der zentralsten Grundrechte erlauben, ohne ihre Bürgerinnen und Bürger zu fragen oder zu informieren? Um die Antwort zu verstehen ist es notwendig zum Ursprung des Welthandelssystems zurückzugehen. 1947 wurde eine neue Handelskörperschaft - die internationale Handelsorganisation (International Trade Organisation ITO) - geschaffen, mit einem sehr anderen Mandat als dem der heutigen WTO. Die ITO sollte geordneten globalen Handel unter der Zuständigkeit der UNO fördern. Der Verfolg des Handels sollte ausdrücklich wichtige soziale Gesichtspunkte berücksichtigen, einschließlich der Vollbeschäftigung und der menschlichen sozialen Rechte, wie sie durch die universelle Erklärung der Menschenrechte durch die UNO garantiert wurden. Die neue ITO hatte sogar das Recht, transnationales Kapital zu regulieren, um sicherzustellen, dass es diesen sozialen Zielen dient.
Aber die ITO war eine Totgeburt, getötet von den US, die beabsichtigten, ein ganz anderes globales Handels- und Investment-Regime zu bilden, das nicht auf mehr, sondern auf weniger Regulierungen gebaut war; ein Regime, das sich selbst, seinen großen Unternehmen und seinen internationalen Interessen Vorteil bringen würde. So schafften die US das GATT und entzogen es der Zuständigkeit der UN. Seit der Bildung des GATT im Jahre 1947 gab es acht Handelsvereinbarungs-»Runden«, jede darauf ausgerichtet, die Grenzen des globalen Handels progressiv weiter auszudehnen. Die ersten sechs Runden konzentrierten sich ausschließlich darauf, die Tarife (Grenzzölle) zu senken, und die Macht von GATT wuchs weiter, weitgehend unbeachtet von der Zivilgesellschaft. Aber die siebte »Tokio-Runde« (19731979) fiel zusammen mit dem Auftauchen des sogenannten »Washington Consensus« - einem globalen wirtschaftlichen Modell, das auf den Prinzipien der Privatisierung, dem freien Handel und Deregulierungen basiert - und dem Auftauchen von riesigen transnationalen Unternehmen, welche, weil sie nun globale Unternehmen sind, den nationalen Staatsregulierungen entkommen sind und gleichermaßen den Abbau von Regulierungen auf internationalen
Ebene wollen. Dies schließt riesige Dienstleistungsunternehmen ein, die erpicht darauf sind, ihre Hand auf
Regierungsmonopole legen zu können, besonders im sozialen Dienstleistungssektor. Zum ersten Mal begann GATT sich in nicht-zollbezogene Beschränkungen einzumischen - den Regelungen, Grundsätzen und Praktiken von Regierungen, wie Umweltschutzgesetzen und öffentlich finanzierten sozialen Diensten, die auf den Handel einen Einfluss haben können. Die Uruguay-Verhandlungsrunde (19861994) erweiterte den Umfang der Themen drastisch. Zum ersten Mal wurden Dienstleistungen genannt und Gebiete, die normalerweise mit Handel nicht in Verbindung gebracht werden.

Welt wache auf!
Plötzlich wurde es für viele NGOs , Sozialrechtsbefürworter und Umweltschützer klar, dass während sie damit beschäftigt waren, Einfluss auf ihre jeweiligen Regierungen und auf die UN zu nehmen, viel von der Macht, die diese bisher hatten, leise übergegangen war in neue Gebiete - ungewählte, und in der Größe ungesehene globale Handelssysteme. Die Architekten der Schluss-Agenda der Uruguay-Runde wollten einen Zusammenhang von
Bestimmungen einrichten um die Globalwirtschaft zu regeln - Regeln, die ihnen dienen würden, und die von den Mächten und Organen einer Weltregierung unterstützt worden wären.
Es war die Uruguay-Runde, die zur Schaffung der WTO führte, der globale Polizist für das Handelsprogramm reicher Unternehmen. Ungleich GATT, das ein wirksamer Geschäftsvertrag zwischen Nationen war, wurde der WTO »legale Persönlichkeit« gegeben. Sie hat internationalen Status, gleichwertig der UN, aber mit dem Zusatz, enorme Durchführungskraft zu besitzen.
Ungleich jeder anderen globalen Institution, hat die WTO gesetzgebende und richterliche Macht, die Gesetze, Praktiken und Politik der einzelnen Länder herauszufordern und niederzuschlagen, wenn sie als zu »handelseinschränkend« gesehen werden. Die WTO beinhaltet keine Minimumanforderungen um Arbeit, Menschenrechte, Sozial- oder Umweltstandards zu schützen; jeden einzelnen Fall (mit nur einer Ausnahme),den die WTO nutzte um ein Gesetz zur häuslichen Gesundheit, Nahrungssicherheit, fairen Handel oder Umwelt herauszufordern, hat sie gewonnen. Über die letzten sechs Jahre haben die Durchführungen der WTO gezeigt, dass sie das mächtigste, geheimste und antidemokratischste Organ auf Erden ist, rasend schnell den Mantel einer Globalregierung annehmend und aktiv danach suchend, seine Macht und Reichweite zu vergrößern.

Das Beschneiden der Dienstleistungen
Öffentliche Dienste stehen als nächstes auf der Unternehmens-Abschussliste der WTO. Globale Unternehmen waren überall so erfolgreich darin, Regierungen zu überreden, dass deren Agenden die gleichen sind - nämlich, dass der Erfolg von Unternehmensprofit und das Wohl der Gesellschaft ein und dasselbe sind - so dass deren Zugang zu vielen Bereichen des öffentlichen Lebens sich bereits verbessert hat. Jetzt wollen sie an den ganzen Kuchen. Im internationalen Handel sind Dienstleistungen der Sektor, der am schnellsten wächst und er verspricht reiche Ausbeute für schlaue Unternehmen. Und unter allen öffentlichen Diensten zeichnen sich das Gesundheitswesen, der Erziehungsbereich und die Wasserversorgung als die ab, die potentiell am lukrativsten sind. Die globalen Ausgaben für Wasserversorgung überschreiten jetzt $ 1 Billionen jedes Jahr; für Erziehung überschreiten sie $ 2 Billionen und für die Gesundheitsversorgung überschreiten sie $ 3,5 Billionen. In
vielen Teilen der Welt hat das, was GATS beschleunigen wird, bereits versuchsweise begonnen. Die USA könnten ein Modell für den Abbau öffentlicher Dienstleistungen vorschlagen, das GATS dann überall auf der Welt durchführen wird. In Amerika ist die Gesundheitsversorgung bereits ein großes Geschäft geworden, mit gigantischen Gesundheitsversorgungsunternehmen die an der New Yorker Börse registriert sind. Rick Scott, Präsident von Columbia, des weltgrößten profitorientierten Krankenhausunternehmens, ist sich darüber im klaren, dass Gesundheitsversorgung ein Geschäft ist, nicht anders als eine Fluggesellschaft oder die Kugellagerindustrie. Er hat öffentlich geschworen, jedes öffentliche Krankenhaus in Nordamerika zu
zerstören. Doktoren, sagt er, sind keine »guten Unternehmensbürger«.
Unterdessen sagen bereits Investitionsgesellschaften wie Merrill Lynch voraus, dass genauso wie das öffentliche
Gesundheitswesen privatisiert worden ist, das Erziehungssystem innerhalb des nächsten Jahrzehnts global privatisiert werden wird. Sie sagen, dass dort unschätzbare Profitbeträge erzielt werden können, wenn dies passiert. Die EU hat kürzlich angekündigt, dass jede öffentlich betriebene Schule in Europa bis zum Ende des Jahrzehnts mit einem Unternehmen zusammengeschlossen werden muss. Die Eroberung ausländischer Märkte ist jetzt zu einer gemeinsamen Schlüsselstrategie unter Institutionen für höhere Ausbildung überall auf der Welt geworden.
Viele Teile der »Dritten Welt« sind in den letzten Jahrzehnten von den strukturellen Anpassungsprogrammen des
Internationalen Weltwährungsfond (IWF) gezwungen worden, ihre öffentlichen Infrastrukturen abzubauen. Um berechtigt für den Schuldenerlass zu werden, sind z.B. Dutzende von »Entwicklungsländern« in den letzten 20 Jahren dazu gezwungen worden, ihre öffentlichen Sozialprogramme aufzugeben, gleichzeitig wird fremden Unternehmen erlaubt, ins Land zu kommen und ihre Gesundheits- und Erziehungs- »Produkte« an die »Konsumenten« zu verkaufen, die sich diese leisten können, während Millionen von Menschen ohne eine allgemeine soziale Grundversorgung bleiben. Lateinamerikanische Länder erfahren momentan eine Invasion von US-Gesundheitsversorgungs-Unternehmen und Asiatische Länder erlauben, dass Zweigstellen von ausländischen Universitäten und Gesundheitsversorgungsketten in ihr Land kommen. Erst kürzlich hat
die Weltbank dieselben Länder gezwungen, ihr Wasserversorgungssystem zu privatisieren und arbeitet offen zusammen mit Wassergiganten wie Vivendi und Suez Lyonnaise des Eaux, um ihre »Rechte«, Profit in der Dritten Welt machen zu können, aufzubauen.
Nun wollen diese Unternehmen durch die GATS-Vereinbarungen bindende, globale und unwiderrufliche Rechte, die ihnen Zugang zu den staatlichen Dienstleistungsverträgen überall in der Welt garantiert. Und sie sind erfolgreich. Bereits über 40 Länder, einschließlich ganz Europa, haben die Erziehung auf die Liste des Zuständigkeitsbereiches von GATS gesetzt, und öffnen ihren öffentlichen Erziehungssektor ausländisch gestütztem Wettbewerb. Fast 100 Länder haben dasselbe mit dem Gesundheitswesen getan. Wenn die neuen Verhandlungen vorankommen, wird es sehr schwer sein für irgendein Land, gegen den Strom zu schwimmen - selbst wenn einige mutig genug sein sollten, es zu versuchen.

Was ist in GATS enthalten?
Das bestehende GATS-Abkommen - das noch nicht entgültig abgeschlossen ist, und sogar noch schlimmer werden kann - deckt alle Dienstleistungs- Bereiche und die meisten Regierungsmaßnahmen ab, einschließlich Recht, Praxis, Regulierungen und Richtlinien, geschriebene und ungeschriebene. Keine staatliche Maßnahme, die den Handel von Dienstleistungen berührt, egal mit welchem Ziel, ob sie den Umwelt- oder Konsumentenschutz, allgemeine Versicherungen oder die Verbesserung von Arbeitsbedingungen betrifft, ist außerhalb des Zugriffs von GATS. Nichts Öffentliches ist sicher.
Im Wesentlichen verbietet die Vereinbarung sogar die »Diskriminierung« ausländischer Unternehmen, die sich anbieten, öffentliche Dienste zu leisten, - sogar wenn dieses Unternehmen eine schlechte Vorgeschichte im Umwelt- oder Sozialen Bereich ausweist.
Es ist bereits Übereinkunft darin erzielt worden, dass einige existierende WTO-Regelungen »flächendeckend« für alle öffentliche Dienste gelten sollen, egal ob die betreffenden Bereiche bereits innerhalb von GATS dezidiert aufgelistet sind, oder nicht. Eine solche »flächendeckende« Regelung ist die der »am meisten bevorzugten Nation«, die besagt, dass falls das Unternehmen aus einem anderen WTO Land innerhalb Deines Marktes operiert, , musst Du die Unternehmen aus allen Ländern der WTO einlassen. Diese Regelung wird für alle Dienste gelten, sogar auch für diejenigen, die in einigen Ländern noch geschützt sind, wie Gesundheitswesen und Erziehung. Gemäß dieser flächendeckenden Regel müssen in ähnlicher
Weise alle Regulierungen eines gegebenen Bereiches, einschließlich der Sozialdienste, »am wenigsten handelsrestriktiv« sein - das heißt in Englischer Sprache abgefasst sein. Alle öffentlichen Dienste - sogar die Sozialhilfe - sollen sich den Marktmechanismen unterwerfen.
Die Anhänger von GATS behaupten, dass ihre Gegner hysterisch sind. Es gibt nichts, worüber man beunruhigt sein müsse.
Sie verweisen auf die »Ausnahme« innerhalb GATS, die für einige öffentliche Dienste gilt, die von den Regierungen bereit gestellt werden.
Einige Länder, so werden sie betonen, haben bereits Ausnahmen beantragt für ihre öffentlich finanzierten sozialen Sicherheitsprogramme. Aber dies ist nicht so einfach, wie es scheint. Damit eine Dienstleistung gemäß GATS Paragraph 1.3C als unter Regierungsautorität stehend anerkannt werden kann, muss sie »vollkommen unentgeltlich« zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass die in Frage stehende Dienstleistung vollkommen von staatlicher Seite finanziert sein muss, und keine kommerziellen Zwecke haben darf. Da fast kein Dienstleistungsbereich vollkommen unentgeltlich ist, ist diese Ausnahme weitgehend bedeutungslos.

Was mit GATS beabsichtigt ist.
In seinem neuen Buch: »GATS. Wie die neuen Dienstleistungsverhandlungen der WTO die Demokratie bedrohen« beschreibt der Kanadische Forscher Scott Sinclair die drei Prioritäten der laufenden Verhandlungsrunde. Als erstes werden die GATS Bevollmächtigten versuchen, Unternehmenszugänge zu heimischen Märkten zu erweitern. Regierungen werden unter großen Druck geraten, mehr ihrer Dienstleistungen aufzulisten und weniger herauszulassen.
Das wirkungsvollste Druckmittel wird darin bestehen, die »nationale Behandlung« flächendeckend angewendet zu sehen. Nationale Behandlung ist ein fundamentaler Glaubenssatz des freien Handels; er verbietet Regierungen ihre heimischen Dienstleistungen gegenüber ausländischen Unternehmen zu bevorzugen. Schon jetzt wird die nationale Behandlung bei verschiedenen Dienstleistungen innerhalb GATS angewendet; und das Ziel ist, dessen allgemeine Anwendung. Darüber hinaus werden die mächtigen westlichen Länder auf noch weiteren verbindlichen Marktzugangsbestimmungen bestehen, und die »Entwicklungsländer« unter Druck setzen, unwiderruflichen Zugang zu ihren Märkten zu garantieren und demokratische Regierungsvollmacht zurückzunehmen.
Zweitens werden die GATS-Bevollmächtigten versuchen, einheimischen Regulierungen strenge Beschränkungen aufzuerlegen, und dadurch die staatlichen Möglichkeiten begrenzen, Umwelt- Gesundheits- und andere Standards , die den freien Handel behindern, einzuführen. Artikel VI: 4 fordert die Entwicklung aller »nötigen Disziplinarmaßnahmen«, um sicherzustellen, dass »Maßnahmen bezüglich Qualifikationsvoraussetzungen und Verfahrensweisen, technischen Standards und Lizenzvergaben nicht unnötige Handelsbarrieren darstellen«. Übersetzt: Kommt bloß nicht mit Euren nervtötenden nationalen Standards ausländischen Unternehmensinteressen in die Quere. Auch diese Bestimmung würde flächendeckend
gelten. Die Regierungen würden gezwungen werden nachzuweisen, dass ihre Regulierungen, Standards und Gesetze »notwendig« sind, um WTO sanktionierte Ziele zu erreichen, und dass eine weniger handelsrestriktive Handelsalternative nicht zur Verfügung stand.
Drittens. Die neuen Gespräche zielen darauf ab, neue GATS Regelungen und Beschränkungen zu entwickeln, mit dem Zweck, den Einsatz staatlicher Subventionen weiter zu beschränken, wie es im öffentlichen Dienst, im städtischen Bereich sowie in den sozialen Programmen geschieht. Eine besonders bedrohliche Entwicklung ist die Forderung nach Ausweitung der harmlos klingenden »Kommerziellen Präsenz«-Regeln. Kommerzielle Präsenz erlaubt einem »Investoren«, der sich in einem GATS Land niedergelassen hat, sich auch in jedem anderen GATS Land niederzulassen, und nicht nur gegen einheimische Anbieter um Aufträge zu konkurrieren, sondern auch gegen einheimische öffentlich finanzierte Institutionen und Dienstleister um die Vergabe öffentlicher Gelder. Zusammengenommen werden diese Vorschläge die Autorität der WTO im Tagesgeschäft der Regierungen ungeheuer ausweiten. Sie werden die Ausübung demokratischer Kontrolle über die
Zukunft elementarer öffentlicher Dienste so gut wie unmöglich machen.

Wie GATS uns betreffen wird
Jeder einzelne Aspekt des öffentlichen Lebens wird von GATS betroffen werden. Als Ergebnis der globalen Ökonomisierung, durchläuft schon jetzt jedes Land auf der Welt einen fundamentalen Transformationsprozess. Der Reichtum schwimmt an die Spitze, während ein wachsender ökonomischer Abgrund diejenigen, die von dem System profitieren, von einer immer sich vergrößernden Unterklasse trennt. Um das sicherzustellen, was der amerikanische Erziehungsautor Jonathan Kozol in »Das Überleben der Kinder der Stärksten« nennt, wird ein gestuftes Erziehungssystem und soziales Sicherheitssystem die Norm überall auf der Welt werden, während wir kollektiv einen Traum allgemeiner Rechte aufgeben. Wir schaffen Topschulen und Gesundheitsversorgungssysteme für die Elite der Welt und ein gestuftes System - oder überhaupt kein System - für diejenigen, die nicht mehr zählen.
GATS dient dieser unternehmens- und profitgetriebenen Vision der Gesellschaft. Es ist, in nüchternen Worten ausgedrückt, wichtig zu verstehen, was auf dem Spiel steht. Unter dem vorgeschlagenen GATS-Regime werden ausländische Gesundheits- und Erziehungs-Unternehmen das Recht haben, sich in jedem WTO Land niederzulassen. Sie werden das Recht haben, mit öffentlichen Institutionen, wie Krankenhäusern und Schulen, um die Vergabe von öffentlichen Geldern zu konkurrieren.
Standards für Mitarbeiter im Gesundheits- und Erziehungswesen werden den WTO Regelungen unterworfen sein, um sicherzustellen, dass sie nicht eine »Behinderung des Handels« werden. Abschlusserteilende Autorität wird an ausländisch gestützte Erziehungsunternehmen vergeben werden. Ausländisch gestützte Telemedizin wird legal werden. Und die Länder werden nicht in der Lage sein, den grenzüberschreitenden Wettbewerb zwischen Niedriglohn-Mitarbeitern im Gesundheits- und Erziehungswesen zu verhindern. Schon jetzt hat die WTO-Dienstleistungsabteilung ein privates Unternehmen angestellt, genannt die Globale Allianz für Transnationale Erziehung, um weltweit Praktiken zu dokumentieren, die » ausländische Erziehungsversorger diskriminieren«. Die Ergebnisse dieser »Studie« werden benutzt werden, um die Länder unter Druck zu
setzen, die noch einen öffentlichen Erziehungssektor aufrechterhalten, um diesen zu Gunsten des globalen Marktes aufzugeben. Beunruhigenderweise beinhaltet GATS auch die Autorität über »Umweltschutzdienstleistungen« und den Schutz natürlicher Ressourcen. Unsere Parks und unsere Tierwelt, unsere Flusssysteme und Wälder werden alle zu Wettbewerbsgebieten, wenn globale transnationale »Umweltschutzdienstleistungs«- Unternehmen das Wettbewerbsmodell für ihr »Management« fordern. Profithungrige Kinderbetreuungsketten werden in jedes Land eindringen, genauso wie Gefängnisketten wie Wackenhut mit seinem Ruf für Gewalt und Missbrauch gegen sowohl Gefangene wie auch Mitarbeiter.
Im wörtlichen Sinne unbegrenzter Zugang müsste ausländischen Versorgern gegeben werden im Bereich kommunaler Verträge für Straßenbau, Kläranlagen, Müllverwertung, Sanitäres, Tourismus und Wasserversorgung.
Einfach ausgedrückt wird das »Gemeinwesen« - oder das was davon noch übrig ist - unter vollen Beschuss geraten, wenn GATS durchgeführt wird. Was bisher Bereiche gemeinsamer Erbschaft waren, wie, Samen und Gene, Luft und Wasser, Kulturelles Erbe, Gesundheits-Versorgung und Erziehung, werden vorgeschlagen, um sie zu Waren zu machen, zu privatisieren, zu verkaufen an den höchsten Bieter auf dem freien Markt. Länder wie Kanada und Frankreich, die ein nationales, frei zugängliches Gesundheitswesen und Erziehungssystem haben und genießen, werden diese verlieren. Länder wie GB und Chile, die einmal allgemeine soziale Programme hatten, oder die US, die niemals ein öffentliches Gesundheitssystem besaßen, werden in der Zukunft den Zugang zu einem öffentlichen Modell verschlossen finden, genauso Länder wie Indien und Südafrika, die gegenwärtig darum kämpfen, solche Rechte für ihre Bevölkerungen zu sichern.
Das letzte Ende dieser Übung ist vielleicht am besten zusammengefasst durch einen Top-US-WTO- Bevollmächtigten, der unverfroren über den GATS/ WTO Prozess sagte: »Er wird nicht zu Ende sein, bevor Ausländer endlich beginnen zu denken wie Amerikaner, zu handeln wie Amerikaner und - am wichtigsten - einzukaufen wie Amerikaner«.

Was kann getan werden?
Wenn GATS besiegt werden will, ist wirklich keine Zeit zu verlieren. Die Welt muss aufwachen - und zwar schnell - dafür, was hinter ihrem Rücken getan werden kann. Wir brauchen dringend eine internationale Bewegung der Art, die zusammenkam um das Multilaterale Agreement on Investment (MAI) zu bekämpfen, und weitermachte um die Straßen von Seattle zu schließen. (Die Liste mit Gruppen und Individuen, die bereits gegen GATS arbeiten, siehe unten). Wir brauchen Forschung zu jedem Aspekt über GATS in jedem Land, und wir müssen das untereinander aufteilen. Wir müssen gemeinsam Fronten in jedem Land aufbauen, in denen Menschen aus allen Hauptbereichen repräsentiert sind - Erzieher und Lehrer, Arbeiter im Gesundheitswesen und Anwälte, Gewerkschaften aus dem Bereich des öffentlichen Sektors, Umweltschützer, Landwirte,
Schriftsteller und Künstler, einheimische Menschen und andere. Wir brauchen Solidarität, Zusammenarbeit und
Geschwindigkeit. Wir brauchen GATS-freie Zonen an den Universitäten, Hochschulgeländen, Kirchen und lokalen Gemeindezentren. Wir müssen zu unseren lokalen Regierungen gehen und lokale Resolutionen gegen GATS vorlegen. Wir müssen Briefe an unsere Regierungen und lokalen Zeitungen und alternativen Medienveröffentlichungen schreiben. Einfach gesagt: Wir müssen GATS zu einem Wort machen, das in jedem Haushalt bekannt ist, und zwar nicht als ein schönes. Gegner von GATS und der hinter ihr stehenden Anschauung sollten drei fundamentale Forderungen vertreten. Erstens, wir müssen ein absolutes Stopp der GATS Verhandlungen und der drakonischen Bestimmungen der gegenwärtigen Vereinbarung fordern, z.B der Angriff auf die inländischen Regulierungen. Es ist absolut unakzeptabel, dass unsere Regierungen sich hinter
verschlossenen Türen treffen, um unserer Rechte zum Wohle ihrer gemeinsamen Freunde zu beschneiden. Das muss sofort gestoppt werden, während wir eine Bilanz ziehen der Situation und diese öffentlich machen. Im Wesentlichen sollten wir fordern, dass »alles das, was das Gemeinwesen betrifft« überhaupt aus den freien Handelsvereinbarungen herausgenommen wird. (...)
Wir dürfen nicht still an der Seite sitzen und zusehen wie diese Rechte wegverhandelt werden. Die Völker der Welt haben nein gesagt zum MAI. Eine steigende Anzahl von Menschen hat nein gesagt zu den Millenniumsverhandlungen der WTO. Wir müssen nein sagen zu GATS. Und wir müssen gehört werden. Es gibt wirklich keine Alternative.

Quelle: http://int-protest-action.tripod.com/id22.htm


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