gen auch nicht in die sogenannte gemischte Zuständigkeit, d.h. es ist keine zusätzliche nationale Ratifizierung vorgesehen. Ausnahmen gelten aber für kulturelle und audiovisuelle Dienstleistungen, Bildung, Soziales und Gesundheit (vgl. dazu Kapitel 8).
Spezifische Risiken für die Entwicklungsländer
Die Entwicklungsländer haben einige spezifische Risiken der Dienstleistungsliberalisierungen zu tragen. So lassen sich die noch zu entwickelnden Auflagen für die innerstaatliche Regulierung (»domestic regulation«, GATS Artikel VI) womöglich nur abwehren, wenn bereits regulatorische Strukturen und Kompetenzen existieren. Dies ist allerdings in vielen Ländern nicht im notwendigen Maße der Fall. Diese mangelhaften Aufsichts- und Regulierungskapazitäten können sich darüber hinaus bei den durch fortschreitende Liberalisierungen forderten Privatisierungen negativ niederschlagen. Zwar verweisen internationale Institutionen immerwieder auf die Notwendigkeit effektiveraufsichtsbehörden, um ökonomische und soziale Verwerfungen im Zuge von Privatisierungsprozessen zu vermeiden, setzen aber dennoch in vielen Ländern Privatisierungen auch in Kenntnis der häufig unzureichenden Regulierungsmöglichkeiten durch.
Besonders kritisch können sich schließlich die GATS-Bestimmungen über die kommerzielle Präsenz und der Versuch, ein umfassendes Investitionsabkommen in der WrO zu verankern, auswirken. Das starke Interesse vieler Länder, sich als attraktiver Investitionsstandort zu präsentieren, schwächt ihre Position, wenn es darum geht, für die eigene Entwicklung kontraproduktive Investitionsregeln in der VVTO zu verhindern. Wie weit es gelingen wird, die vielfach durchaus sinnvollen nationalen Investitionsauflagen gegen die Zumutungen von \IVTO und GATS zu verteidigen, wird sich womöglich schon bei der nächsten Ministerkonferenz in Mexiko zeigen. Die Chancen hierfür könnten auch durch eine intensivere Diskussion über eine alternative globale Investitionsordnung jenseits der WTO beeinflusse werden.
Ungewiss ist ferner, inwieweit die zentrale Forderung der
Regierungen von Entwicklungsländern, die grenzüberschreiten-
den Personenbewegungen von Dienstleistungserbringern wei-
ter zu liberalisieren, sich unter dem Strich positiv auswirkt. Frag-
102 6. Potenzielle Folgen weiterer GATS-Liberalisierungen
lich ist, ob die Rücküberweisungen von Migranten den permanenten Mangel an Fachkräften im Heimatland kompensieren können. Dieser Mangel drückt sich besonders empfindlich in den Basisdiensten Bildung und Gesundheit aus und dürfte daher Bemühungen der Armutsbekämpfung auch zukünftig nicht er-
leichtem.
Mit der Übernahme weiterer GATS-Verpflichtungen kann sich des Weiteren das Risiko der ohnehin in immer kürzeren Zeitabständen auftretenden Finanzkrisen noch erhöhen. Die GATSBestimmungen zum Zahlungs- und Kapitalverkehr beschränken grundsätzlich die Möglichkeit der Verhängung von Kapitalverkehrskontrollen. Versuche, den unbeschränkten Kapitalverkehr zu einem Prinzip zu erheben, das unabhängig von der Übernahme sektorspezifischer GATS-Verpflichtungen zur Anwendung kommt, würden diese Situation noch verschärfen. Das GATS entwickelt sich in gewisser Weise zu einem ergänzenden Transmissionsriemen für Strukturanpassungen, die sonst eher mit den Kreditprogrammen der internationalen Finanzinstitutionen (IWF, VVeltbank und Regionale Entwicklungsbanken) verknüpft sind.
Schließlich resultieren besondere Risiken der Entvvicklungsländer aus ihrer strukturellen Benachteiligung. Sie verf ügen nicht über genügend Ressourcen, um in angemessener Weise an den GATS-Verhandlungen teilzunehmen. Dadurch besteht die Gefahr, dass auch zukünftige GATS-Regelungen, z.B. über innerstaatliche Regulierung, in erster Linie entsprechend den Bedürfnissen der Industriestaaten ausformuliert werden. Inwieweit diese Entwicklung durch verbesserte Beteiligungsmöglichkeiten sowie größere interne und externe Transparenz der wTO-Verhandlungen verändert werden kann, bleibt ebenfalls abzuwar-
ten.
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