Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Schule«
Alter Lehrer schrieb am 27.6. 2011 um 22:42:42 Uhr zu
Bewertung: 13 Punkt(e)
Ich war in den 50er Jahren Lehrer und hatte die 12- bis 16-jährigen Schüler an einem Knabengymnasium als Sport- und Klassenlehrer zu unterrichten. Damals war es üblich, dass es Schläge in der Schule gab. Wer den Unterricht störte oder sich flegelhaft benahm, die Hausarbeiten nicht ordentlich gemacht hatte oder aus einem anderen Grund negativ auffiel, konnte sicher sein, mit dem Rohrstock Schläge auf den Hintern zu bekommen.
Wer dran war, musste nach vorne kommen und sich über eine Extrabank für diesen Zweck legen, so dass sein Hintern der Klasse zugewandt war. Dann wurde ihm von mir die Hose gründlich stramm gezogen und es gab je nach Alter und Anlass zwischen vier und 12 kräftige Rohrstockhiebe. In bestimmten Fällen konnten aber auch mehr Hiebe fällig werden. Üblich waren sechs oder acht scharfe Hiebe. Da die Jungs im Sommer immer sehr kurze Hosen an hatten, waren immer auch auf den Schenkeln einige Striemen zu sehen. So erfuhren die Eltern automatisch, dass es in der Schule den Rohrstock gesetzt hatte, und es gab zuhause, meist abends vom Vater, unweigerlich noch eine zweite Tracht obendrauf. Die älteren haben zuhause und natürlich auch von mir in der Regel mehr Hiebe bezogen, aber auch die 12-Jährigen konnten von mir ohne Weiteres ihre 12 oder mehr Hiebe aufgezogen bekommen. (Und zuhause sowieso.) Das hat immer gewirkt, so eine Tracht vor der ganzen Klasse, und die Jungs waren dann für den Rest des Tages immer gut auf Trab.
Als Sportlehrer hatte ich selbstverständlich den Stock auch beim Turnunterricht in der Turnhalle dabei. Auch und gerade dort kam es nicht selten vor, dass ich davon Gebrauch machen musste und Schüler Schläge erhielten. Hier war es besonders schlimm, denn die Jungs hatten ja nur ihre hauchdünne und knapp sitzende Turnhose an, wie die Turnhosen damals eben ausfielen - und zwar vorgeschriebenermaßen ohne etwas darunter. Hatten sie etwa eine dünne kleine Unterhose darunter, und das wurde von mir immer kontrolliert, setzte es automatisch alle Hiebe auf das kleine Unterhöschen und sechs Hiebe für den Ungehorsam zusätzlich. Schläge auf die stramm durchgespannte Turnhose waren aber auch sonst sehr ungemütlich und haben immer besonders weh getan, wie es die Reaktionen auch der großen Jungs bei ihrer Bestrafung unüberhörbar belegten. Natürlich habe ich auch hier zugesehen, dass der Rohrstock immer besonders gut durchzog, denn die Jungs sollten ihre Schläge wirklich spüren - sonst hätte die Strafe ja ihren Zweck verfehlt.
Und wer im Unterricht eine Lederhose trug, hatte diese stets abzustreifen. Da passierte es schon mal, dass ein zu bestrafender Schüler keine Unterhose darunter an hatte und den Blanken präsentierte. Dann gabs die Rohrstockhiebe halt auf den nackten Hintern, was mir nur recht und natürlich für den bestraften Jungen besonders schmerzhaft war. Weniger Hiebe oder weniger scharf durchgezogene gabs deshalb jedenfalls von mir nie.
Die Eltern waren mit den Rohrstockstrafen sehr einverstanden und es gab nie einen einzigen Protest gegen diese Schulstrafen. Üblicherweise bekamen pro Woche etwa 12 bis 15 Schüler von mir ihren Hintern mit dem Rohrstock versohlt. Der Disziplin der Jungs hat das besser getan als jede andere Strafe. Und natürlich habe ich meine beiden eigenen Bengel auch nicht anders erzogen.
Pierre schrieb am 22.5. 2001 um 10:38:57 Uhr zu
Bewertung: 7 Punkt(e)
Die Geschichte der Kartoffel...
Realschule 1960:
Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln fuer Fr. 50.--. Die
Erzeugerkosten
betragen Fr. 40.-. Berechne den Gewinn.
Sekundarschule 1970:
Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln fuer Fr. 50.-. Die Erzeugerkosten
betragen vier Fuenftel des Erloeses. Wie hoch ist der Gewinn des Bauern?
(Rechenschieber nicht erlaubt)
1980 Korrektur der Formulierungen (identische Neuauflage):
Ein/e Bauer/in verkauft einen/e Sack/in Kartoffeln/innen einem/er
Kunden/in
fuer Fr. 50.-. Die Erzeuger/innen-Kosten betragen vier Fuenftel/innen des
Erloeses. Wie hoch ist der/die Gewinn/in des/der Bauer/in? (Keine
Taschenrechner/innen verwenden)
Gymnasium 1990:
Ein Agraroekonom verkauft einen Menge subterraner Solanum tuberasum fuer
eine Menge Geld G. G hat die Maechtigkeit 50. Fuer die Elemente aus G=g
gilt g=. Die Menge der Herstellungskosten H ist um zehn Elemente weniger
maechtig als die Menge G. Zeichnen Sie ein Bild der Menge H als Teilmenge
G
und geben Sie die Loesungsmenge X fuer folgende Frage an: Wie maechtig ist
die Gewinnmenge?
Integrierte Gesamtschule 1999:
Ein Bauer verkauft einen Sack Kartoffeln fuer Fr. 50.--. Die
Erzeugerkosten
betragen Fr. 40.--. Der Gewinn betraegt Fr. 10.--. Unterstreiche das Wort
'Kartoffeln' und diskutiere mit deinen 15 Mitschuelern aus den andern
Kulturkreisen darueber. (Waffen sind dabei nicht erlaubt)
UEbersetzung fuer die Mehrheit der Schueler:
Baueric vergaufe eine Sackic Kartofflic fur Fr. 50.--.
Erzeugergoste gaine: Saatgut steele. Gewinnic betragt Fr. 50.- plus
Fr. 150.- Unterstussung Sosialammt. Unersdrich Wort,Kartoffelic' und
diskutiere mit dume Ureinwohner aus Swaiz daruber.
(nix Messer/ander Schuler nur aimal slage biite)
Schule 2005 (nach der Bildungs- und Rechtschreibereform):
Ein Agrargenetiker fergauft ein sagg gartoffeln fuer EU 6.25. die kosden
bedragen EU 5. der gewin bedregt EU 1.25. Aufgabe: margiere den term
gardofeln und maile die loesung im pdf-format an ......@schule.euroba<
mailto:......@schule.euroba<< mailto:......@schule.euroba
Jahr 2010:
Sorry, es gipt kaine garoffeln mehr! nur noch pom frit bei mc donelds. Es
lebe der fordschridd.
distel schrieb am 22.5. 2000 um 23:05:14 Uhr zu
Bewertung: 4 Punkt(e)
Als ich noch zur schule ging, fand ich sie - wie wohl 99,9% aller Schüler just blöd. Endlich in der Ausbildung musste ich feststellen, dass man als nicht mehr Schüler nicht automatisch wie ein erwachsener behandelt wird. Pflichten durfte man gleich übernehmen (und wehe! sie wurden nicht korrekt ausgeführt) aber mit den rechten sah es doch so aus, daß sie quasi nur pro forma existierten. Endlich, nach der prüfung, so glaubte ich zumindest, würde ich als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft und als erwachsenenr akzeptiert werden. Aber o weh. Da gab es menschen, die tatsächlich schon mehr berufsjahre auf dem buckel- und deswegen viel mehr rechte hatten. So ging es immer weiter, stets war da jemand der mir das gefühl gab noch ein schüler zu sein. Und wenn ich dann gestorben bin, bin ich dann endlich erwachsen? Oder sagt dann auch eine(r) hol mir mal den sepp rauf, dar hat jetzt genug gelebt? Vielleicht muß ich auch die ziegel lösen, damit sie der richtigen person auf den kopf fallen. Vielleicht aber, werde ich ja befördert und kann dann endlich tun und lassen was ich will!
wuming schrieb am 3.7. 2006 um 22:15:19 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Einer der größten und gleichwohl in der Literatur vernachlässigten Schrecken unserer Zeit ist die Arbeitslosigkeit. Wenn die Betroffenen von Politikern und Gewerkschaftlern als Heer der Arbeitslosen bezeichnet werden, dann kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei diesem Heer um ein feindliches handelt. Folgerichtig werden regelmäßig Offensiven und Feldzüge angekündigt. Mit dem schneidig deklarierten Kampf gegen die Arbeitslosigkeit - in Wahrheit ein demütigender Kleinkrieg um Vermittlung und Eingliederung - wird in Joachim Zelters neuem Roman »Schule der Arbeitslosen« Ernst gemacht: bitterer Ernst.
»Arbeitssuche ist ein irreführendes Wort. Sucharbeit ist das Wort. (...) Im Vergleich zur Sucharbeit ist gefundene Arbeit nur noch eine milde Form der Nacharbeit. Reine Absicherung. Verteidigungsmaßnahmen, Befestigungsarbeiten. Alle Mittel der Arbeitssuche sind deshalb erlaubt. (...) Jede Finte oder List. Akribie und Ausdauer. Rhetorische Fähigkeiten, Schauspielfähigkeiten. Überdies analytische wie strategische Fähigkeiten. Nerven aus Stahl. Angriffslust. Die Überwindung gewaltiger Bollwerke. Das Anrennen gegen ständige Hindernisse. Das Kapern unzugänglicher Plattformen.«
Wer dieser martialischen Diktion folgt, wird zugeben, dass die Akteure eine Art militärischer Grundausbildung benötigen. Zu eben diesem Zweck steigen eines Tages die Teilnehmer eines dreimonatigen Trainingsprogramms in einen Bus der Bundesagentur für Arbeit, beschriftet mit dem Slogan »Deutschland bewegt sich.« Sein Ziel ist die Wohnschule SPHERICON. Schon während die künftigen Trainees, zaghaft wie bei einer Kinderlandverschickung, unter dem Kommando patenter Begleiter ihre Pinkelpausen absolvieren und zwei von ihnen sich heimlich aus dem Staub machen, ahnt man, dass der Satz »SPHERICON ist absolut freiwillig« einer bösen Ironie nicht entbehrt. Der Verdacht erhärtet sich bei der Fahrt durch ein verfallenes Industriegebiet und der Ankunft in der Zielstraße:
»Ihre Gebäude wurden notdürftig umfunktioniert, in Bowling Centers, Ersatzteillager und sektiererische Gotteshäuser. Neben einem Versandhaus für Staubsauger beginnt SPHERICON. School of Life steht auf einem Spruchband über dem Hauptgebäude. (...) Hinter einer blauen Linie sieht man die ersten Mitarbeiter SPHERICONs. Sie tragen Schuluniform. Vom Innern des Busses aus gesehen wirken sie wie Zöllner an einer Grenzstation. Stehen betont gelangweilt, den Trainees leicht abgewandt, in beiläufigen Gesprächen. Hände hinterm Rücken verschränkt. Einige andeutungsweise wippend - in der Tat wie Zöllner.«
Gespenstisch nüchtern und mitleidlos genau schildert der Roman den Prozess, der die Teilnehmer - oder soll man sagen die Internierten? - in der Folgezeit erwartet, von Ungewissheit zu Anpassung, von Skepsis zu Unterwerfung. Das symbolische Grab, das sie ausheben müssen, um falsche Hoffnungen, falsche Träume, ja ein falsches Leben darin zu versenken. Die Zuteilung von Münzen für die Essensautomaten je nach Leistung und Wohlverhalten. Die Bibel mit dem Titel »A New Life« und die ständige Beschallung mit Sequenzen aus der berühmten Fernsehserie »Job Quest« und ihrer Steigerung »Job Attack«. Der Unterricht in den Fächern Bewerbung, Biografie, Dramatisches Gestalten, Business English et cetera. Die Fitnessübungen, die Animationen und die Weekend-Suiten für Paare, die zum Sexualkontakt ermuntert werden:
»Es fanden sich die Paare, und es trennten sich die Paare - ganz im Sinn von 'A New Life': Diversität, Novität, Kontingenz. Nichts soll so bleiben, wie es ist. Nach einer internen Richtlinie der Schulleitung dürfen die Zimmer nicht mehr als zwei Mal an dieselben Paare übergeben werden. Zitat aus 'A New Life': 'Promiskuität ist eine Fähigkeit per se ...' Und: 'Sich aus einer bestehenden Stellung jederzeit auf eine neue Stelle bewerben zu können (...), ist Freiheit ...'«
Ein Paar jedoch nimmt sich eine ganz andere Freiheit: Karla Meier und Roland Bergmann nutzen die Zeit in dem vermeintlich unüberwachten Raum, um miteinander zu reden. Es ist ein Akt des Widerstands in einer Umgebung, in der Individualität unerwünscht ist - es sei denn als effektvoll programmierte Ich-Show des flexiblen Menschen. Gnadenlos müssen die Arbeitslosen ihre Lebensläufe und damit ihre Identität dem Diktat des Marktes anschmiegen, Lücken tilgen, Events einbauen, Dramaturgien entwerfen, Lügen einsetzen. Die Selbsterfindung als Selbstauslöschung kulminiert, als hochrangige Vertreter der Superinstitution Arbeitsamt eine Trainerstelle ausschreiben und die Trainees in einen Bewerbungswettkampf gehetzt werden. An diesem Punkt gehen Karla und Roland entgegengesetzte Wege. Einer wird gewinnen.
Selten ist in unserer Literatur die subtile Brutalität des Neuen Kapitalismus so klug und so schmerzhaft gespiegelt worden wie in Zelters Horrorsatire. Jargon und Mechanismen des gestaltlosen Big Brother, ein Mix aus behördlicher Bevormundung und psychischer Manipulation durch die verordnete Kreativität der Management-Ideologie, wirken wie eine Gehirnwäsche. Mit hämmernden Sätzen lässt der Autor ihre Bannsprüche auf den Leser niederprasseln:
»Arbeitslos bleibt arbeitslos. Kein anderes Wort ist hier erlaubt, außer arbeitslos! Nicht lesen, nicht träumen, nicht sprechen - sondern arbeitslos. Nicht spazieren gehen oder Bäume anschauen oder Blumen pflücken - sondern arbeitslos. Kein Weiterleben oder Neu-Leben, sondern arbeitslos: Das ist ein Mensch, dem alles Wesentliche fehlt. Wie ein Mensch ohne Fuß, ohne Augen, ohne Kopf. Ohne Freunde, ohne Herz und Verstand. Und selbst wenn er das nicht glaubt oder nicht mehr weiß, so werden wir ihn daran erinnern, was er ist: arbeitslos. Und was das bedeutet. Auch dann, wenn es keine Arbeit mehr gibt.«
Für diejenigen, die das Trainingsgelände nur mit einem Zertifikat als ausgebildete Bewerber verlassen, hat sich Joachim Zelter eine visionäre Gemeinheit ausgedacht, die hier nicht verraten werden soll. Sein Roman, so viel sei gesagt, spielt im Jahr 2016, und doch erscheint diese halb kafkaeske, halb Orwellsche Utopie auf grausame Weise längst Realität.
»Schule der Arbeitslosen« ist eine souverän erzählte Geschichte der Entsorgung, die unsere schlimmsten Sorgen verdichtet: nichts mehr wert zu sein, wenn man kein multifunktionales Teilchen der längst überholten Arbeitsgesellschaft mehr ist.