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Georg-August-Universität Göttingen schrieb am 19.4. 2001 um 11:02:38 Uhr zu

Georg

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Mathematisches Institut


Die Geschichte der Verfassung und der Fakultäten der
Georg-August-Universität zu Göttingen

Die Entwicklung der Mathematik an der Universität Göttingen

Erwin Neuenschwander und Hans-Wilhelm Burmann

Zur Geschichte der Mathematik in Göttingen existieren zwar zahlreiche kleinere sowie auch einige umfassendere Abhandlungen
zu Einzelfragen und für bestimmte Zeitabschnitte. Hingegen fehlt bis jetzt eine Gesamtdarstellung sowie eine Zusammenstellung
der vorliegenden Literatur und der zu einem großen Teile noch unbearbeiteten Quellenmaterialien. Vor allem für die Periode
von 1800 bis circa 1925 mangelt es an detaillierten Studien, und die diesbezüglichen Institutsakten lagen wohl, wie man aus der
bei ihrer Entdeckung ungenügenden Kennzeichnung entnehmen kann, seit mehreren Jahrzehnten verschlossen und unbearbeitet
im Universitätsarchiv. (Die Sammlung und Erschließung diesbezüglicher Quellenmaterialien erfolgte im Rahmen eines von der
Stiftung Volkswagenwerk unterstützten Forschungsprojekts über "Bernhard Riemann und die Etablierung eines
mathematischen Zentrums in Göttingen", welches PD Dr. Neuenschwander von 1982-1986 am Mathematischen Institut der
Universität Göttingen durchführte. Unser Dank gilt auch dem Schweizerischen Nationalfonds, der die Fortsetzung dieser
Arbeiten ermöglichte.)

Infolge der Beschränktheit des uns zur Verfügung stehenden Raumes war es leider nicht möglich, alle Lücken in wünschbarer
Weise zu schließen. Es schien uns deshalb zunächst angebracht, im vorliegenden Artikel eine Übersicht über die größeren
Entwicklungslinien zu geben und die Literatur für die nachfolgende Forschung zusammenzustellen, wobei wir von den
entdeckten Quellenmaterialien ausgiebig Gebrauch machten (Der bisher nur wenig studierte Zeitraum von 1800-1925 soll
später in einem gesonderten Artikel unter Beigabe von ausführlichen Quellenangaben und einigen Quellentexten eingehender
gewürdigt werden. Vgl. für diesen Zeitraum einstweilen Rowe 1986, Rowe 1989 und Scharlau 1990, die erst nach
Fertigstellung unserer Arbeit erschienen.) Eine detaillierte Darstellung der Zeit von der Gründung der Universität bis circa 1800
findet man bei Müller und von 1929 bis 1950 bei Schappacher. Für ergänzende Angaben zu den einzelnen Personen verweisen
wir auf die meist vorzüglichen Artikel in dem von Gillispie herausgegebenen »Dictionary of Scientific Biography« sowie auf die
bibliographischen Angaben im »Poggendorff« und im: »Catalogue of Scientific Papers«.

Bei der Gründung der Universität waren in der philosophischen Fakultät zunächst nur fünf Lehrstühle geplant. (Zur
Universitätsgründung und für die unmittelbar daran anschließende Periode vgl. neben der Arbeit von Müller 1904 die im
Literaturverzeichnis angeführten Werke von Hollmann 1787, Pütter 1765-1838 und Rössler 1855 sowie Hund 1968-1987.)
Als ersten Mathematiker berief von Münchhausen 1735 Johann Andreas von Segner, der in Jena Philosophie, Mathematik und
Medizin studiert hatte und vor seiner akademischen Laufbahn einige Zeit als Arzt praktizierte. Neben der Mathematik betreute
Segner auch die Vorlesungen in der Physik, wobei er für beide Fächer zahlreiche Lehrbücher verfaßte. Des weiteren las er
gelegentlich über Chemie. Die fruchtbare schriftstellerische Tätigkeit trug Segner bald den Ruf ein, einer der besten damals in
Deutschland lebenden Mathematiker zu sein. Neben Segner wirkte Johann Friedrich Penther. Ursprünglich als
Oberbauinspektor der akademischen Gebäude nach Göttingen berufen, wurde er später außerordentlicher und darauf
ordentlicher Professor und Fakultätsmitglied und betreute in Göttingen die praktische Mathematik. (Feldmeßkunst, Baukunst,
Ökonomie usw.)

Nach seinem Tode wurde diese Stelle durch den bekannten Astronomen und Kartographen Tobias Mayer besetzt. Zu dessen
Entlastung lasen auch Johann Michael Müller und Georg Moritz Lowitz, ein Schwager von Tobias Mayer, über diese Gebiete.
Schon vor Mayers Ankunft in Göttingen hatte sich Segner für die Errichtung eines astronischen Observatoriums eingesetzt, das
anschließend während einiger Zeit von Segner und Mayer gemeinsam benutzt wurde. Da sich dabei jedoch
Kompetenzstreitigkeiten ergaben und Mayer bei der Regierung in Hannover allgemein stärkeren Rückhalt fand, verließ Segner
im Jahre 1755 Göttingen und wechselte an die Universität Halle über, um den inzwischen vakant gewordenen Lehrstuhl von
Christian Wolff zu übernehmen.

Segners Nachfolger wurde Abraham Gotthelf Kästner, der in Göttingen beinahe 50 Jahre wirkte. Neben der Mathematik
beschäftigte er sich vor allem mit Physik und Astronomie sowie auch mit Chemie, Botanik, Anatomie, Philosophie, Literatur,
um nur einige seiner zahlreichen Arbeitsgebiete anzuführen. Nach dem Tode von Mayer wurde er überdies Direktor der
Sternwarte. Lichtenberg nannte ihn in einem seiner Aphorismen »Vergleichung von Leuten mit Büchern« ein "Dictionaire
encyclopédique". Kästner verfaßte zahlreiche Lehrbücher. Zu den einflußreichsten gehörte sein mehrbändiges Werk
»Anfangsgründe der Mathematik«, welches nach Fachgebieten angeordnet in getrennten Bänden in mehreren Auflagen erschien
und neben der einen Mathematik (Arithmetik, Geometrie, Analysis, Algebra) auch die angewandte Mathematik sowie die
Mechanik und Hydrodynamik behandelte.

Die angewandte Mathematik vertraten zur Zeit von Kästner der oben erwähnte Lowitz sowie Albrecht Ludwig Friedrich
Meister, die Physik Johann Christian Polykarp Erxleben und Georg Christoph Lichtenberg, die Astronomie Karl Felix Seyffer.
Nach Kästners Tode verzichtete man darauf, einen direkten Nachfolger zu ernennen. Die Mathematik wurde in den nächsten
Jahren durch Johann Christian Daniel Wildt, Bernhard Friedrich Thibaut sowie mehrere Privatdozenten vertreten. Thibaut
wurde erst im Jahre 1805 zum Ordinarius ernannt; es fehlte die zentrale, überragende Persönlichkeit, wie sie der Universität
Göttingen einige Jahre später in der Person von Gauß geschenkt wurde. Zudem erlebte Hannover in diesen Jahren auch eine
politische Krise infolge der preußischen und nachfolgenden französischen Besetzung.

Carl Friedrich Gauß stammte aus Braunschweig, wo er auch seine Jugend und seine Schulzeit verbrachte. Dank eines
Stipendiums des Herzogs von Braunschweig, der auf sein Talent aufmerksam gemacht worden war und ihn seither unterstützte,
ging er im Jahre 1795 nach Göttingen, um dort Mathematik zu studieren. In Göttingen trat Gauß vor allem mit dem damaligen
Professor der Astronomie Seyffer in nähere Verbindung und schätzte Lichtenberg, wogegen er von den Mathematikdozenten
(Kästner, Wildt usw.) nicht allzuviel hielt. Seinen Ansprüchen hätten aber wohl auch andere deutsche Universitäten kaum
genügt. 1798 kehre Gauß nach Braunschweig zurück, wo er an seinem Hauptwerk, den »Disquisitiones Arithmeticae«, arbeitete
und 1799 bei Pfaff in Helmstedt promovierte. Mit der Publikation der »Disquisitiones« und der Wiederentdeckung des
Planetoiden Ceres nach seinen Berechnungen im Jahre 1801 gehörte Gauß mit einem Schlag zu den führenden Astronomen und
Mathematikern von Europa. In der Folge erhielt er eine Gehaltszulage durch den Herzog von Braunschweig und einen Ruf als
Direktor des Observatoriums in St. Petersburg, worauf W. Olbers mit der Universität Göttingen in Verhandlungen trat, um
Gauß auf alle Fälle für Deutschland zu erhalten. Einer der Hauptgründe, weshalb Gauß den daraus resultierenden, 1807 an ihn
ergangenen Ruf nach Göttingen annahm, war die Absicht der hannoverschen Regierung, bald ein neues Observatorium in
Göttingen zu errichten und die relativ geringen Verpflichtungen, die er innerhalb der Universität zu übernehmen hatte. Nach der
Fertigstellung des neuen Observatoriums im Jahre 1816 zog Gauß als Direktor ein und wohnte dort bis zu seinem Tode im
Jahre 1855.

Gauß war der herausragende Mathematiker seiner Zeit, viele halten ihn für den größten Mathematiker überhaupt. Als
Achtzehnjähriger entdeckte er, daß sich das regelmäßige Siebzehneck mit Zirkel und Lineal konstruieren läßt, der erste
Fortschritt auf diesem Gebiet seit 2000 Jahren. Anschließend schuf er mit den »Disquisitiones Arithmeticae« die Grundlage der
modernen Zahlentheorie. Seine Methoden zur Berechnung von Planetenbahnen sind im Kern bis heute nicht verbessert worden.
Wie weit Gauß seinen Zeitgenossen in der komplexen Analysis voraus war, stellte sich in vollem Umfang erst bei der
Veröffentlichung seines Nachlasses, seiner Briefe und seines wissenschaftlichen Tagebuches heraus, in noch stärkerem Maße
gilt das für seine Erkenntnisse über nichteuklidische Geometrie. Die Beschäftigung mit der Geodäsie - um 1818 regt Gauß bei
der Regierung die Vermessung des Königreichs Hannover an und trägt die Hauptlast in den ersten Jahren - führte ihn zur
Untersuchung krummer Flächen, die im »Theorema Egregium« gipfeln, und deren Gedanken später von Riemann
weiterentwickelt wurden. Zusammen mit Wilhelm Weber untersuchte er Elektrizität und Magnetismus, wobei sie als
Nebenprodukt den elektrischen Telegraphen erfanden. Damit sind nur einige Punkte aus Gauß' gewaltigem wissenschaftlichem
Werk gestreift. Auf nahezu allen Gebieten der Mathematik erzielte er entscheidende Fortschritte, mit seinen Forderungen nach
mathematischer Strenge leitete er das kritische Zeitalter in der Mathematik ein, sein Stil hat die Mathematik bis heute geprägt.

Die Abhaltung von Vorlesungen scheint Gauß zumindest in seinen früheren Jahren mit einer gewissen Abneigung
gegenübergestanden zu haben, wobei er anscheinend nicht unglücklich war, wenn diese infolge ungenügender Teilnehmerzahl
nicht zustande kamen (Nach Dedeking 1901, S. 294). Die mathematischen Grundvorlesungen wurden während der Zeit von
Gauß vor allem von dem bereits oben erwähnten Thibaut und später von Georg Karl Justus Ulrich und Moritz Abraham Stern
betreut. Thibaut pflegte während der jahre 1825-1830 meist über reine Mathematik, Differential/ und Integralrechung sowie
Analysis des Endlichen zu lesen, während Ulrich über Stereometrie und Trigonometrie, praktische Geometrie, Mechanik und
bürgerliche Baukunst vortrug. Thibaut hatte den Ruf, der »beste Doyzent« in Göttingen zu sein, und wurde wegen seines
vollendeten rhetorischen Stils von Ch.L. Gerling sogar mit Goethe verglichen. In der Physik wirkten damals zunächst Johann
Tobias Mayer jun. und später neben Weber vor allem Benedikt Listing; in der Astronomie neben Gauß Kral Ludwig Harding
und später Benjamin Goldschmidt.

Mit dem Tode von Gauß erlitt die Universität Göttingen eine kaum auszufüllende Lücke. So blieb die Direktion der Sternwarte
während mehrerer Jahre unbesetzt und wurde unter Führung von Weber intermimistisch verwaltet, bis sie schließlich 1868
zwischen Wilhelm Klinkerfues und Ernst Schering aufgeteilt wurde. Auf mathematischem Gebiete konnte mit Peter Gustav
Lejeune Dirichlet ein würdiger Nachfolger gefunden werden, der damals unter den deutschen Mathematikern das höchste
Ansehen genoß. In Dirichlets Schaffen vereinigen sich zwei Strömungen, die Zahlentheorie in der Nachfolge Gauß' und die
angewandte Mathematik aus der Schule der französischen Mathematiker, wofür beispielhaft der Satz über die Primzahlen in
arithmetischen Progressionen samt seine schönen Beweises stehe und das ungemein fruchtbare Dirichletsche Prinzip. Dirichlet
war ein begeisternder Lehrer, die nach seinem frühen Tode von R. Dedekind herausgegebenen Vorlesungen über Zahlentheorie
galten für Jahrzehnte als Standardwerk.

Dirichlet waren leider nur wenige Jahre in Göttingen vergönnt, bis er relativ jung verstarb. Sein Nachfolger wurde Bernhard
Riemann, der zunächst in Göttingen und anschließend bei Dirichlet in Berlin studierte und darauf unter Gauß 1851 promovierte
und sich 1853 habilitiert hatte. Gauß soll von Riemanns Habilitationsvortrag tief beeindruckt gewesen sein und, nach Weber, in
ihn große Erwartungen gesetzt haben. Riemanns bahnbrechende Ideen wurden in ihrer vollen Tiefe jedoch erst allmählich
verstanden, ihre Wirkung war aber umso nachhaltiger, und sie geben der Mathematik bis heute wesentliche Impulse. Die
Theorie der analytischen Funktionen stellte er auf eine feste Grundlage und gab ihr eine neue Dimension mit dem Riemannschen
Abbildungssatz, den er mit Hilfe des Dirichletschen Prinzips bewies. Der Begriff der Riemannschen Fläche erhellte die
Untersuchungen des vorhergehenden halben Jahrhunderts über algebraische Kurven, vereinheitlichte sie und öffnete den Weg
für künftige große Entwicklungen in der algebraischen Geometrie und Topologie. Es war eine Sternstunde der Mathematik, als
der junge Riemann dem legendären Gauß in seinem Habilitationsvortrag seine "Hypothesen, welche der Geometrie zu Grunde
liegen" auseinandersetzte; die Riemannsche Geometrie lieferte später den mathematischen Rahmen für Einsteins
Relativitätstheorie. In seiner einzigen, nur acht Seiten langen zahlentheoretischen Arbeit lieferte Riemann den Schlüssel zu
Fragen der Primzahlverteilung. Hilbert bemerkte in einer seiner Vorlesungen (Theorie der Functionen einer complexen
Variablen, gelesen im W.S. 1896/97 von Professor Hilbert. Vorlesungsausarbeitung von Dörrie, Nr. 54, Mathematisches
Institut der Universität Göttingen, S. 264), "... dass wohl selten eine Abhandlung von solcher Kürze, Schärfe und Genialität aus
der Feder eines Menschen geflossen ist, wie dieses Meisterwerk eines der grössten Geister unserer Wissenschaft". Die
Riemannsche Vermutung, deren Beantwortung unser Wissen über die Verteilung der Primzahlen erheblich erweitern würde, hat
bis heute allen Beweis- und Widerlegungsversuchen getrotzt.

Leider war es Riemann ebenfalls nicht vergönnt, längere Zeit in Göttingen als Ordinarius wirken zu können, da er bereits drei
Jahre nach seiner Ernennung an Tuberkulose erkrankte und danach meist in Italien zur Kur weilen musste. Auf Riemann folgte
Alfred Clebsch, der wenige Jahre nach seiner Wahl ebenfalls verstarb, und dann Lazarus Fuchs, der bereits ein Jahr später
einem Ruf nach Heidelberg folgte. Es fehlte damit in Göttingen erneut eine überragende, für längere Zeit wirkende
Persönlichkeit, was wohl zusammen mit der in jenen Jahren stattfindenden politischen Kräfteverschiebung von Hannover nach
Berlin dazu führte, daß Göttingen als mathematisches Zentrum gegenüber Berlin immer mehr ins Hintertreffen geriet.

Im Jahre 1850, noch zu Lebzeiten von Gauß, erfolgte durch die hannoversche Regierung die Gründung des
mathematisch-physikalischen Seminars, aus dem dann 1922 das heutige mathematische Institut hervorgegangen ist. (Zur
Eröffnung des Seminars und zu seinen Statuten siehe »Statuten des mathematisch-physikalischen Seminars...«.) Sein Zweck war
gemäß den Statuten die Ausbildung von Lehrern für den mathematischen und physikalischen Unterricht an höheren
Lehranstalten sowie die allgemeine Hebung des Studiums der mathematisch-physikalischen Wissenschaften. Die Mitglieder
verpflichteten sich, für etwa 4 - 6 Stunden wöchentlich an den Veranstaltungen der mathematischen und physikalischen
Abteilung des Seminars teilzunehmen, wobei sie u.a. Übungen absolvieren und Vorträge halten mußten. Daneben wurde ihnen
Gelegenheit geboten, sich in der beschreibenden Naturlehre und später in der Astronomie praktisch auszubilden. Für die besten
Mitglieder wurden vom Universitätskuratorium halbjährlich Preise in Form von Stipendien ausgesetzt, des weiteren stand dem
Seminar auch ein kleines Budget zur Verfügung, um die Unkosten zu decken. Während der ersten Jahre wechselte die Leitung
des Seminars zwischen Listing, Stern, Ulrich und Weber, die zusammen auch den Vorstand des Seminars bildeten, wobei Stern
aufgrund der Akten der Hauptinitiator zu dessen Errichtung gewesen sein dürfte. Die Ordinarien Gauß, Dirichlet und Riemann
andererseits nahmen am Seminar keinen Anteil. Später änderte sich dies, indem meist sämtliche ordentliche Professoren der
Mathematik, Physik und Astronomie der Direktion des Seminars angehörten.

In den ersten Jahren war die Teilnehmerzahl des mathematisch-physikalischen Seminars relativ gering, wie sich aus den im
Laufe unserer Nachforschungen entdeckten, umfangreichen Akten des Seminars ergibt. Nach den erhaltenen Mitgliederlisten
schwankte diese zunächst um 15 Personen. Unter den ersten Mitgliedern findet man unter anderem Dedekind, Riemann und
Schering, wobei die beiden letzteren auch als »Assistenten« am mathematisch-physikalischen Seminar wirkten, indem sie gegen
ein geringes Entgelt die Einübung der neu eintretenden Mitglieder übernahmen. Nach 1870 kommt es zu einer Umschichtung,
indem sukzessive die gesamte ursprüngliche Leitung des mathematisch-physikalischen Seminars aus der Direktion ausscheidet.
Gleichzeitig geht die Leitung der physikalischen Institute von Weber und Listing auf Eduard Riecke und Woldemar Voigt über.

Nach dem Weggang von Fuchs wird 1875 Hermann Amandus Schwarz von Zürich nach Göttingen berufen. Schwarz gestaltete
seine Vorlesungen nach einem wohlbestimmten Studienplan und faßte sie in zwei Zyklen zusammen. (Nach den Angaben des
Studenten Götting in Lorey 1916, S. 187 f. Für genauere Angaben siehe "Verzeichnis der Vorlesungen auf der
Georg-Augusts-Universität zu Göttingen".) Der erste, für die Anfänger bestimmte Zyklus enthielt: Differential- und
Integralrechnung, Analytische Geometrie, Flächen 2. Grades, krumme Flächen und Kurven doppelter Krümmung sowie
Synthetische Geometrie; der zweite nebenherlaufende die Vorlesungen zur Funktionentheorie: Analytische Funktionen,
Elliptische Funktionen, ausgewählte Kapitel der Funktionentheorie, Minimalflächen und die Hypergeometrische Reihe. Für das
mathematisch-physikalische Seminar regte Schwarz, unterstützt von Stern, um 1878 die Schaffung einer Ausleihbibliothek an,
die bis zu seinem Weggang nach Berlin unter seiner Verwaltung stand. Mit dem Tod von Ulrich übernimmt er auch die Leitung
der »Sammlung mathematischer Instrumente und Modelle«. Letztere besaß wie das mathematisch-physikalische Seminar
Institutscharakter, indem beide einen eigenen Etat aufwiesen und über beide in der ab 1888 erschienenen Chronik der
Universität jeweils jährlich in speziellen Rubriken berichtet wurde.

Die Sammlung mathematischer Instrumente und Modelle war aus der alten Modell- und Maschinenkammer hervorgegangen.
Diese gehörte zu den ältesten Universitätsinstituten und stand zunächst oft unter der Aufsicht des jeweiligen Direktors des
physikalischen Apparats (Kabinetts), was zu einer gewissen Vermengung der Sammlungsgüter und zu häufigen Streitereien um
das Benutzungsrecht der in den Sammlungen enthaltenen mathematischen Instrumente führte. 1832 wird eine von Thibaut
vermachte Sammlung geodätischer Instrumente in die Modellsammlung integriert. Ab 1865 stand der Modellsammlung im
Auditoriengebäude am Weender Tor ein geräumiger Saal zur Aufstellung ihres Sammlungsgutes zur Verfügung. Die
Modellsammlung erlitt im Laufe der Jahre tiefgreifende Veränderungen, indem mehrmals größere Bestände von alten oder nicht
mehr gebrauchten Modellen und Instrumenten an andere Institute aber auch an Private abgegeben wurden, um Platz für die
Neuanschaffungen zu erhalten. Nach der Übernahme durch Schwarz, und vor allem dann zur Zeit von Felix Klein, wurde die
Sammlung mittels größerer außerordentlicher Zuschüsse sukzessive modernisiert und systematisch für den damals
aufgenommenen Unterricht in darstellender Geometrie und Geodäsie ausgebaut. Den späteren Bestand der Modellsammlung
kann man noch heute im mathematischen Institut bewundern, da bei der Planung des Gebäudes auf die Ausstellung der über
500 Modelle Rücksicht genommen wurde. (Eine Beschreibung und Abbildung von zahlreichen dieser Modelle findet man in
Fischer 1986.)

Felix Klein, der große Organisator der Göttinger Mathematik und Physik, studierte in Bonn, Göttingen, Berlin und Paris, vor
allem bei Plücker und Clebsch, worauf er sich 1871 in Göttingen habilitierte. 1872 folgte er einem Ruf als Ordinarius nach
Erlangen, von wo er 1875 nach München, 1880 nach Leipzig und schließlich 1886, nach dem Rücktritt von Stern, nach
Göttingen hinüberwechselte. In seinem Erlanger Programm formulierte Klein ein auf dem Gruppenbegriff fußendes
Ordnungsprinzip für die Geometrie, das eine nachhaltige Wirkung auf die geometrische Denkweise ausübte. Er sah sich als
Verbreiter der genialen Ideen Riemanns, deren geometrischen Kern er herausarbeitete und die er in die Untersuchung der
Modulfunktionen und automorphen Funktionen einbrachte.

Zu Kleins Hauptanliegen gehörten neben der reinen Mathematik die Verstärkung der Verbindungen zwischen der Mathematik,
den Naturwissenschaften und der Technik, d.h. den Anwendungen, sowie der organische Ausbau des
mathematisch-naturwissenschaftlichen Unterrichts von der untersten Stufe bis zur Hochschule. Beide Ziele haben seine
Göttinger Zeit ganz wesentlich geprägt. Bereits in seinen Berufungsverhandlungen setzte sich Klein für die Schaffung eines
mathematischen Lesezimmers mit Präsenzbibliothek ein, wie er es seinerzeit schon in Leipzig als Novität eingeführt hatte. Noch
vor seiner Ankunft in Göttingen wird der entsprechende Antrag gebilligt, so daß bereits unmittelbar nach seinem Amtsantritt das
»Lesezimmer des mathematisch-physikalischen Seminars« eröffnet werden kann. Es befand sich damals im Auditorium Nr. 20
im oberen Stock des Auditoriengebäudes am Weender Tor gleich unmittelbar neben der Modellsammlung und den Hörsälen
des mathematisch-physikalischen Seminars. Zu Beginn war seine Ausstattung relativ bescheiden mit 20 Arbeitsplätzen und einer
Bibliothek von ca. 500 Bänden um 1890. (Zur weiteren Entwicklung des Lesezimmers vgl. Frewer 1979. 1914 umfaßte der
Bestand der Bibliothek bereits ca. 7000 Bände und 1930 etwa 9000 - 12000 Bände.)

Mit dem Weggang von Schwarz nach Berlin als Nachfolger von Weierstraß und der anschließenden Berufung von Heinrich
Weber erhält Klein 1892 freie Hand, den mathematischen Unterricht in Göttingen nach seinen Wünschen zu reorganisieren. Die
von Schwarz aufgebaute kleine Seminarbibliothek wird in der Folge mit der Bibliothek des mathematischen Lesezimmers
vereinigt und Klein unterstellt. Zum weiteren Ausbau der Bibliothek beantragt Klein außerordentliche Mittel von 3000 Mark,
die etwa dem 5fachen jährlichen Institutsetat entsprachen. Eine weitere wichtige Einnahmequelle bildeten mit den allmählich
steigenden Studentenzahlen die von Klein gleich bei der Gründung eingeführten, von den Studenten zu entrichtenden
Semestergebühren von 5 bzw. 3 Mark. Des weiteren übernimmt Klein von Schwarz die Leitung über die Sammlung
mathematischer Instrumente und Modelle und erhält zu ihrer Betreuung vom Ministerium einen persönlichen Assistenten
zugebilligt. In dieselbe Zeit fällt auch die erste Ausgabe von Studienplänen, die den Studenten bei der Immatrikulation
unentgeltlich abgegeben wurden, sowie die Gründung der mathematischen Gesellschaft. (Für eine Übersicht zu Kleins
diesbezüglichen Aktivitäten vgl. den Anhang zu Band 3 seiner Gesammelten Mathematischen Abhandlungen sowie Klein 1895,
1902 und 1914/15 und die Schriften »Entwurf...«, »Ratschläge...« und »Studienplan...«. Eine umfangreiche Sammlung von
solchen Studienplänen findet man im Universitätsarchiv.)

lumina* schrieb am 19.4. 2001 um 03:35:49 Uhr zu

Georg

Bewertung: 1 Punkt(e)

Georg »Schorsch« Brunnhuber, MdB, unterschreibt mit Schorsch Brunnhuber. Manchmal zumindest. Das finde ich doch wirklich mal sympathisch...

Und dann gibt es noch (natürlich nicht nur noch...) den Schorsch Rikken. Ich weiß nicht, ob er in irgendeinsterweise bekannt ist, ich für meinen Teil kannte ihn bis vor Kurzem nicht. Dabei sind seine Geschichten und Gedichte wirklich gar nicht übel.
Auch wenn links im Blaster nicht funktionieren:
http://home.t-online.de/home/Georg.Rikken/index.htm

efräm schrieb am 29.6. 2003 um 15:17:00 Uhr zu

Georg

Bewertung: 1 Punkt(e)

Sankt Georg zu Ehren singt fröhliche Lieder!
In Bildern voll Kraft strahlt sein Glaube uns wieder.
Wer Christus vertraut, wird das Böse besiegen
und niemals dem Drachen des Todes erliegen.

Sankt Georg, von Mächten der Tiefe umworben,
blieb standhaft und ist als Bekenner gestorben.
Wer Christus vertraut, wird das Böse besiegen
und niemals dem Drachen des Todes erliegen.

Ein Seeungeheuer verbreitete Schrecken.
Ein Engel erschien, um Sankt Georg zu wecken.
Wer Christus vertraut, wird das Böse besiegen
und niemals dem Drachen des Todes erliegen.

Sankt Georg durchbohrte den wütenden Drachen.
Auf Trauer und Angst folgten Jubel und Lachen.
Wer Christus vertraut, wird das Böse besiegen
und niemals dem Drachen des Todes erliegen.

Sankt Georg, vollendet in himmlischem Glanze,
dein Glaube war stärker als Rüstung und Lanze.
Sei bei uns, wenn Hoffnung und Liebe ermüden,
und zeig uns den Weg zum vollkommenen Frieden.

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