Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Big-brother«
BB schrieb am 18.9. 2000 um 15:02:38 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Big Brother live aus einem US-Knast
Ernst Corinth 18.07.2000 Früher wurden Menschen an den Pranger gestellt, heute erfüllt das Internet den gleichen Zweck
Als Pranger dient das Internet zumindest, wenn sich US-Sheriff Joe Arpaio mit seinem Plan durchsetzt, von kommender Woche an live das Leben und Treiben in einem Gefängnis im Bezirk Maricopa, Arizona, ins Netz zu übertragen.
Amerikas härtester Sheriff
Zwei Videokameras, sogenannte »Jailcams«, sollen dafür eigens installiert werden, und natürlich soll das Spektakel »erzieherisch wirken«. Außerdem hofft der US-Knast-Endemol Arpaio, dass durch seine Gefängnis-»BigBrother-Show« die Moral im Lande gestärkt werde: »Die Männer, die mit Prostituierten aufgegriffen würden, könnten künftig ihren Ehefrauen durch die Kamera zuwinken!«
Arpaio, der seit 1993 als Sheriff arbeitet, nennt sich selbst stolz einen »tough law man«. Bei seiner Wiederwahl wurde er 1996 von 86 Prozent der Bürger seines Bezirks gewählt. Und die Medien verliehen ihm wegen seiner ungewöhnlich unmenschlichen Methoden den Titel »härtester Sheriff der USA«. So ließ er Gefangene in pinkfarbener Unterwäsche herumlaufen, schickte an den Füßen gefesselte Häftlingsgruppen - darunter auch zum ersten Mal Frauen in Ketten - zum Unkraut jäten, verbot Männermagazine in den Zellen und untersagte den Gefangenen sogar das Kaffee trinken.
"He started the nation's largest Tent City for convicted inmates. Over 1200 convicted men, women and juveniles serve their sentences in a canvas incarceration compound. It is a remarkable success story and has garnered the attention of government officials and media worldwide. The same is true for his chain gangs which work six days a week contributing thousands of dollars of free labor to the community. The male chain gang and the world's first ever female chain gang clean streets, paint over graffiti, and bury the indigent in the county cemetery.
Equally impressive are the Sheriff's get tough policies. Arpaio doesn't believe in coddling criminals, frequently saying that jails should not be country clubs. He banned smoking, coffee, pornographic magazines, movies and unrestricted television in all jails. He has the cheapest meals in the country too. The average inmate meal costs under 45 cents.
Aus der Biographie von Sheriff Joe Arpaio
Die Übertragung aus dem Knast soll bereits am kommenden Montag beginnen. Es sei denn, die Kritiker dieses Spektakels können das Vorhaben noch rechtzeitig stoppen: Eleanor Eisenberg von der Bürgerrechtsorganisation »Arizona Civil Liberties Union« beispielsweise nannte die geplante Live-Übertragung eine nicht gerechtfertigte Verletzung der Privatsphäre: »Sheriff Joe vergisst offenbar, dass viele der Menschen in seiner Obhut nicht einmal verurteilt sind«.
Doch solch ein Vorwurf kann einen Ordnungshüter wie Arpaio nicht erschüttern. Ob man nun ein Bild eines Gefangenen in der Zeitung oder im Internet zeige, sei für ihn kein Unterschied, verriet er gewohnt standhaft amerikanischen Journalisten.
BB schrieb am 18.9. 2000 um 14:55:09 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Pleiten, Pech und Pannen
Ernst Corinth 17.09.2000 Big Brother 2
Während die Medienwächter betreten schweigen, trommelt RTL schon seit Wochen. Die »Bravo« heizt derweil die Teenies ein. »Bild« findet am Samstag sogar eine Sex-Wette im Internet: »Wer hat den ersten Sex? Jeder kann mitmachen, bis zu 250.000 Mark gewinnen«. Der Kölner »Express« entdeckt dagegen einen ersten Skandal Ex-Freundin erkannte Container-Kandidat. Auch die »Zeit« mischt bei all dem mit und lässt am Donnerstag Vordenker Roger Willemsen erklären »Was ,Big Brother' bedeutet«; und zwar: » Die Reality-Show wurde zur ersten kulturellen Metapher des neuen Jahrtausends«.
Und selbst in der eigenen Stammkneipe kommt man an »Big Brother 2« (BB2) nicht vorbei. Dort liegen plötzlich BB-Bierdeckel aus: »Du trinkst nicht allein...«
Da ist zwar was dran, aber dennoch hat das Trommeln nicht viel gebracht. Außer vermutlich lange Gesichter bei den RTL-Verantwortlichen, als sie die Einschaltquote des fast dreistündigen Einzugsspektakels erfuhren. Gerade mal rund 3,8 Millionen Zuschauer schalten sich demnach am Samstagabend ein - aber mit »einem Spitzenwert von 4,59 Millionen Zuschauern« wie RTL betont -, also nur etwas mehr als beim Eröffnungsspektakel der ersten Staffel, das noch vom kleinen Sendebruder RTL 2 übertragen wurde.
Die Gemeinde der BB-Gucker hat sich also trotz der PR-Kampagne nicht vergrößert, und dennoch brach offenbar schon in der ersten Nacht der T-Online-Server zusammen, der die Live-Bilder aus dem Hürther-Container ins Netz ( www.bigbrother.de) überträgt oder es zumindest versucht. Für Kenner des Providers allerdings keine Überraschung, aber Anlass genug für wütende Beschimpfungen im BB-Forum der Bild-Zeitung. Dort werden übrigens inzwischen bereits alternative Adressen (siehe etwa hier) genannt, über die man die Live-Streams dann auch tatsächlich (noch?) empfangen kann.
Oder man abonniert bei der Telekom-Tochter Mediavision digitales TV. Das kostet zwar einiges (siehe: www.mediavision.de), aber danach kann man eben rund um die Uhr BB2 schauen, also die längste Live-Übertragung der Fernsehgeschichte, die zwischendurch nur durch irrwitzig alberne Werbespots des verantwortlichen Senders Single TV unterbrochen wird.
Dass ausgerechnet ein Sender, der vom kommenden Jahr an die Singles als Zielgruppe bedienen möchte, das Leben aus dieser Zwangs-WG überträgt, klingt vielleicht ein wenig komisch, macht jedoch durchaus Sinn. Schließlich ist das unendlich banale Gerede und Getue der zwölf BB2-Kandidaten so abschreckend, dass Singles, die gerade an ihrem Einzeldasein zweifeln, nun wieder richtig von Herzen froh ihre Single-Katze streicheln werden.
Gleichwohl ist ein »Star« schon geboren: Harry, ein Alt-Rocker aus Schleswig-Holstein, der bei der Eröffnungssendung spontan den meisten Applaus bekam. Dass nun plötzlich Bierbauch, lange Haare, eine alte Lederkluft und ein paar lockere »Werner«-Sprüche bei den zumeist jungen Zuschauern wieder ankommen, das stimmt uns zum Schluss dann doch ein wenig versöhnlich. Und wer Harry heute früh unter der Dusche sah, der weiß jetzt endlich, wie prall das Leben bisweilen sein kann.
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