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Charch schrieb am 17.10. 2001 um 19:41:01 Uhr über

Herrscher

Das Lehnswesen Gefolgschaft
Unter der Gefolgschaft versteht man eine Kriegergemeinschaft aus freien Männern unter der Führung eines Gefolgsherrn. Der Gefolgsherr gewährte seinen Gefolgsleuten (Mannen) den Lebensunterhalt, reichte ihnen Geschenke in Form von Waffen, Pferden und Schmuck, überließ ihnen einen Anteil an der Beute und nahm sie in seinen Schutz auf. Die Gefolgsmannen kämpften für ihren Herrn und waren ihm zu unbedingter Treue bis zum Tod verpflichtet. Der Eintritt in eine Gefolgschaft erfolgte freiwillig, und die auf einem Treueverhältnis beruhende Unterwerfung unter den Befehl des Gefolgsherrn führte nicht zu einer standesmindernden Abhängigkeit, sondern war Bestandteil des gefolgschaftlichen Ehrenkodex. Die Mannen, die im Frieden am Hof des Herrn lebten, bildeten untereinander einen genossenschaftlichen Verband. Auf frühen Stufen der gesellschaftlichen Entwicklung spielten persönliche Bindungen in aller Regel als Elemente der sozialen Beziehungen eine wichtige Rolle. Die ursprüngliche Aufgabe der Gefolgschaft war der Kampf, doch wurden Gefolgsleute offenbar mit der Entstehung komplexerer Staatswesen auch für Verwaltungsfunktionen herangezogen.
Von einem großen Teil der Forschung wird angenommen, daß die germanische Gefolgschaft eine der Wurzeln des mittelalterlichen Lehnswesen ist. Die Ideologie der Vasallität zeigt in der Tat Züge, die aus dem gefolgschaftlichen Denken stammen können. Das gilt nicht zuletzt für den Begriff der Treue, der sich aus dem gefolgschaftlichen Ideenbereich ableiten läßt.
Das Lehnswesen
Die Entstehung des Lehnswesen
Personen freien Standes unterstellten sich der Schutzherrschaft eines Königs oder anderer mächtiger Herren. Durch den Rechtsakt der Kommendation gewann der Mann den Schutz des Herrn. Er übernahm bestimmte Verpflichtungen unter der Wahrung der persönlichen Freiheit. Materielle Not brachte ihn in ein Abhängigkeitsverhältnis gegenüber seines Herrn. Der Vasall schuldete seinem Herrn Dienst und Gehorsam. Der Herr übernahm die Verpflichtung für den Lebensunterhalt seiner Mannen an Nahrung und Kleidung.
Zur Symbolhandlung der Kommendation (lat. = Empfehlung) gehört die Zeremonie des Handganges. Der Mann legt die gefalteten Hände in die Hände des Herrn. Der Ursprung der Zeremonie ist ein Verknechtungsritus. Der Unterworfene bietet seine Hände zur Fesselung dar. Der Ursprung der Vasallität ist in der Unfreiheit zu suchen. Durch die Kommendation fand keine Selbstverknechtung statt. Der persönliche Rechtsstand wurde nicht angetastet. Der Vertrag basierte auf Freiwilligkeit und wurde auf Lebenszeit geschlossen. Das Lehnswesen entfaltete sich im 8. und 9. Jh. im fränkischen Reich.
An Stelle der Verpflichtung zum Gehorsam trat allmählich die Verpflichtung zur Treue, die nicht nur den Vasallen, sondern auch den Herrn band. Durch diesen Prozeß fand eine Aufwertung der Vasallen statt. Nach dem Handgang ist auch der Treueeid für das 8. Jh. überliefert. Ein weiteres Element für die Ausbildung des Lehnswesen ist das Benefizium (seit dem 10. Jh. in Frankreich in der Bedeutung von 'Lehen'), das Lehnsobjekt. Das personelle Verhältnis wird gleichsam auf eine materielle Basis gestellt.
Der Bedeutungswandel des Lehen erklärt sich dadurch, daß die Vasallen von ihren Herrn ursprünglich nur ihren Lebensunterhalt erhielten und erst später eine Ausstattung mit Grundbesitz.
Das Lehnswesen ist abgeleitet von lihan = verleihen. Das Objekt des Vertrages zwischen Lehnsherren und Vasallen wird in deutschsprachigen Quellen als lêhan, lêhen, lên (Lehen) bezeichnet. In den lateinisch abgefaßten Texten heißt das Lehen (mlat. feodum oder feudum) vorwiegend beneficium, da die Ausstattung des Vasallen als eine vom Herrn gewährte Wohltat betrachtet wurde.
Es ist zu beachten, daß das Wort Lehen oder beneficium einen weiten Bedeutungsgehalt haben und nicht nur das vassalitische Lehen, sondern auch Rechtsbeziehungen im grundherrlichen und städtischen Rechtsleben bezeichnen kann.
Die Blüte des Lehnswesen bestand zwischen dem 10. und 13. Jahrhundert.
Das Benefizium als besondere Besitzform ist seit der Merowingerzeit überliefert. Die Vasallen wurden mit Lehen ausgestattet um vassalitschen Dienst zu leisten. Am Hofe lebend erhielten sie eine Ausstattung mit Nahrung, Kleidung und Bewaffnung. Der Vasall schuldete seinem Herrn Rat und Hilfe. Auf Befehl seines Herrn hatte er an Kriegszügen teilzunehmen und ihn im Frieden zu beraten (Heer und Hoffahrt).
In der Karolingerzeit begann sich das Prinzip der Erblichkeit der Ämter und Lehen durchzusetzen. Die Lehen wurden zwar nicht de jure aber de facto erblich.
Seit dem 9. Jh. ist das Lehnsrecht in steigendem Maße zur Form des Verwaltungsrechtes des mittelalterlichen Staates geworden.
Vom Vordringen des Lehnswesens blieb auch die Struktur der Kirche nicht unberührt. Die Einsetzung von Bischöfen und Äbten nahm lehnsrechtliche Formen an. Die Kirche nutzte ihrerseits die Institution des Lehnswesens zur Erweiterung ihrer weltlichen Macht. Bischöfe und Äbte umgaben sich mit Vasallen, die den Schutz der Kirche übernahmen und die Prälaten auf Heerfahrten und Reichstagen begleiteten.
Von den Nachfolgestaaten des fränkischen Reiches aus verbreitete sich das Lehnswesen über ganz Europa. Durch die normannischen Eroberer kam es 1066 nach England, durch die Reconquista nach Spanien und durch die Gründung der Kreuzfahrerstaaten sogar nach Kleinasien. Auch Ungarn, Böhmen und Polen wurden feudalisiert. In Dänemark, Norwegen und Schweden fand das Lehnswesen zwar ebenfalls Eingang, blieb aber auf einer niedrigen Entwicklungsstufe stehen.
Im ostfränkisch-deutschen Reich vollzog sich zwischen dem 10. und 12. Jh. ein Entwicklungsprozeß in dem das Lehnswesen zunehmend an Bedeutung für die innere Struktur des Reiches gewann.
Hochmittelalter oder Stauferzeit
Die endgültige Umgestaltung des Reichsverbandes unter Anwendung lehnsrechtlicher Prinzipien erfolgte unter den staufischen Herrschern (1138-1154). Der König beanspruchte eine oberlehnsherrliche Stellung gegenüber allen Herrschaftsträgern, die in einem das ganze Reich umfassenden Lehnsverband eingeordnet waren. Nach der lehnsrechtlichen Theorie hatten alle Herrschaftsträger in dieser hierarchisch gegliederten Lehnspyramide ihren festen Platz. Die Heerschildordnung garantierte dem König unangefochten den Platz an der Spitze des zum Lehnsverband umgestalteten Reiches.
Bei den Herzogtümern traten der Amtscharakter und die Verbindung zum Stamm zurück. Sie wurden zu reinen territorialen Lehnsfürstentümern.
Die geistlichen Reichsfürsten wurden vom König durch die Übergabe eines Zepters belehnt (Zepterlehen), die weltlichen Reichsfürsten empfingen ihr Lehen durch die Überreichung von Fahnen (Fahnlehen). Ein Reichsfürstentum wurde im allgemeinen durch mehrere Fahnen symbolisiert. Die Fahne als Investitursymbol wurde auch bei reichsunmittelbaren Grafschaften verwendet.
Herzogtümer, Markgrafschaften, Pfalzgrafschaften und Landgrafschaften wurden ebenfalls als Fahnlehen vergeben.
Ein gravierendes Problem, das auch beträchtliche Auswirkungen auf die Struktur des Reiches hatte, war die Teilung der Lehen unter den Erben der Vasallen. Auch Reichslehen und Reichsfürstentümer wurden geteilt, so daß die Gefahr einer Atomisierung des Reiches bestand.
Der Prozeß der Feudalisierung der Reichsverfassung, die im 12. u. 13. Jh. die größten Fortschritte gemacht hat, führte aber nicht zu einer vollständigen Durchsetzung des Lehnsrechtes. Die Stellung des Königs im Reich beruhte nicht allein auf seinem Rang als oberster Lehnsherr. Weder die deutsche Königswahl noch die Entstehung des Kurfürstenkollegiums sind aus der lehnsrechtlichen Vorstellungswelt zu erklären. Das gilt auch für die Beziehungen des Königtums zu den Reichsstädten und Reichsdörfern, den Reichsministerialen und den Reichsrittern. Ebenso beruht die oberste Gerichtsgewalt, die dem König für das gesamte Reich zugeschrieben wurde, nicht auf lehnsrechtlichen, sondern auf landesrechtlichen Grundlagen.
Das Lehnsrecht war nicht der alleinige Träger der deutschen Verfassung. Das Deutsche Reich der Stauferzeit war nur insofern Lehnsstaat, als das Lehnsrecht ein mitbestimmender Faktor der königlichen Gewalt war. Justiz und Gesetzgebung, vor allem der Landfrieden, beruhten noch überwiegend auf dem Volksrecht. Die Stellung des Königs zu den Städten war überhaupt nicht lehnsrechtlich zu fassen.
Das Lehnswesen in der Stauferzeit
Das Lehnswesen bot dem Landesherrn verschiedene Möglichkeiten, die zum Aufbau und zur Festigung der eigenen Herrschaft genutzt werden konnten. Mit Hilfe einer aktiven Lehnspolitik konnte das Territorium vergrößert und abgerundet werden. Durch die Herstellung eines Lehnsverhältnisses konnten die militärischen Kräfte des Landesherrn gestärkt und potentielle Gegner neutralisiert werden. Ein wichtiges Mittel zur Ausdehnung des Herrschaftsbereiches war die Lehnsauftragung, bei der Allodialbesitz in Lehen umgewandelt wurde. Der neue Vasall erlangte den Schutz des Lehnsherrn, während dieser seine militärischen Kräfte vermehrte und im Falle des erbenlosen Todes des Vasallen das Heimfallrecht geltend machen konnte.
Der Vasall erlangte kein volles Eigentumsrecht am Lehen, sondern nur Gewere und Nutzung. Es befand sich in der tatsächlichen Verfügungsgewalt (Gewere) des Belehnten und konnte von ihm genutzt werden. Güterrechtliche Veränderungen wie Verkauf, Verpfändung oder Tausch bedurften der Zustimmung des Lehnsherrn.
Am häufigsten diente Grundbesitz als Lehen, dessen Erträge den Lebensunterhalt des Vasallen und seiner Familie sicherten. Ganze Dörfer, einzelne Höfe, Äcker, Wiesen, Weinberge, Gärten, Wälder usw. konnten als Lehen vergeben werden, nicht selten mit den dazugehörigen Menschen. Auf der unteren Ebene ging es um die wirtschaftliche Nutzung, die der Belehnte aus den Gütern ziehen konnte. Auf einer höheren Ebene kam es zur Belehnung mit Burgen, Burgbezirken und größeren Herrschaftsbereichen, bei denen es nicht um die Einkünfte ging, sondern mit denen es um die Ausübung von Herrschaftsrechten wie Gerichtsbarkeit, Vogtei, Münz, Markt und Zollrecht, Zehnt und Patronatsrechte verbunden war.
Der Belehnungsakt
Das Lehnsverhältnis zwischen den Lehnsherrn und den Vasallen wurde durch einen formalen Rechtsakt begründet. Der Vasall leistete Mannschaft und legte den Lehnseid ab. Aus der Hand seines Lehnsherrn empfing er anschließend durch die Investitur sein Lehen.
Wichtigste Formalhandlung war die Mannschaftsleistung (homagium) mit der sich der Lehnsmann zu Dienst und Gehorsam verpflichtete. Der Rechtsakt der Mannschaft oder Homagium ist eine Weiterentwicklung der Kommendation. Der Rechtsakt der Mannschaftsleistung bestand im Handgang und dem Geloben des »Homagiums«. DerVasall kniete vor dem sitzenden Herrn nieder und legte die gefalteten Hände in die des Herrn. Im französischen, seltener im deutschen Bereich wurde die im Grunde für den Vasallen erniedrigende Zeremonie durch einen Lehnskuss etwas aufgewertet. Der Vasall durfte den Senior auf die Wange küssen. Manchmal küßte auch der Herr den Vasallen. In Deutschland war der Lehnskuss kein konstitutiver Bestandteil der Zeremonie, sondern diente eher zur Dokumentierung der engen persönlichen Bindungen zwischen Lehnsherr und seinen Vasallen. Die Mannschaftsleistung wurde durch die Ablegung des Lehns- oder Vasalleneides bekräftigt.
Der Vasall verpflichtete sich, seinem Herrn treu zu sein, ihm Hilfe und Beistand zu leisten und keinen Schaden zuzufügen. Der Lehnseid wurde feierlich auf das Evangelium oder die Reliquien abgelegt.
Während durch Mannschaft, Lehnskuss und Lehnseid ein personenbezogenes Verhältnis zwischen dem Lehnsherrn und dem Lehnsmann hergestellt wurde, begründete die Investitur eine Rechtsbeziehung, die auf einem Objekt beruhte. Der Vasall erhielt ein Lehnsgut oder andere nutzbare Rechte aus der Hand des Lehnsherrrn. Man spricht daher von einem dinglichen Rechtsverhältnis.
Die Belehnung im eigenen Sinne, d.h. die Einweisung des Vasallen in den Besitz des Lehnsobjektes, erfolgte unter Verwendung von Investitursymbolen (Fahne, Zepter, Schwert, Lanze, Ring und Stab, Handschuh, Zweig usw.).
Die Investitursymbole lassen sich in Handlungssymbole und Gegenstandssymbole aufgliedern: Handlungssymbole dienen der Veranschaulichung des vom Lehnsherrn vorgenommenen Aktes und bleiben im Besitz des Herrn (z.B. Investitur mit einem Zepter, goldenen Ring, Kreuz, Handschuh usw.); Gegenstandssymbole bleiben dagegen in der Hand des investierten Vasallen (z.B. Investitur mit einem Zweig, Stab, Lanze, Fahne).
Die drei Rechtshandlungen, die in ihrer Gesamtheit das Lehnsverhältnis konstituieren, folgen bis ins Hochmittelalter in der Reihenfolge Mannschaft, Treueid und Investitur aufeinander.
Das Lehnsband blieb ein im Kern personenrechtliches Verhältnis, das mit dem Tode eines der beiden Kontrahenten endete. Beim Tode des Vasallen (Mannfall) oder des Herren (Herrenfall) fielen die Lehen an den Herrn bzw. seinen Rechtsnachfolger zurück.(heim) In beiden Fällen mußte das Lehnsverhältnis durch einen formellen Rechtsakt neu begründet werden. Beim Mannfall hatten die Erben binnen Jahr und Tag den Herrn um die Belehnung zu bitten (Lehnsmutung). Wer die Mutung versäumte verlor seinen Anspruch auf Belehnung. Da das Lehen faktisch erblich geworden war, konnten auch Minderjährige belehnt werden. Sie wurden durch einen Vormund vertreten und hatten nach der Erreichung der Volljährigkeit persönlich Mannschaft und Treueid zu leisten.
Beim Herrenfall erging in der Regel eine Ladung an die Vasallen, sich zum Lehnsempfang einzufinden.
Der Belehnungsakt mußte wie alle Rechtshandlungen nach mittelalterlichem Rechtsempfinden öffentlich vor Zeugen stattfinden. Er wurde in der Regel unter freiem Himmel vollzogen.; die Anwesenheit anderer Vasallen als »Umstand« war unbedingt erforderlich, denn sie hatten im Falle eines Rechtsstreits als Zeugen zu dienen. Daher war eine schriftliche Belehnung nicht erforderlich. Eine Beurkundung eines Belehnungsaktes wurde offenbar in den Fällen für wünschenswert gehalten, in denen Modalitäten von der Norm abwichen.
Die Lehnspflichten
Durch die Leistung von Mannschaft und Lehnseid verpflichtet sich der Vasall zur Treue gegenüber seinem Herrn und zur Erfüllung der Lehnspflichten. Er hat nicht nur alles zu unterlassen, was seinem Herrn schaden konnte, sondern war ihm gegenüber auch zu Rat und Tat (consilium et auxilium) verpflichtet. Mit dieser Paarformel werden die positiven Lehnspflichten umschrieben, die in erster Linie in »Hoffahrt« und »Heerfahrt« bestanden. Der Vasall hatte außerdem an dem für Lehnsangelegenheiten zuständigen Hofgericht teilzunehmen und unter bestimmten Bedingungen den Herrn auch finanziell zu unterstützen. Unter Heerfahrt ist die Verpflichtung der ritterlichen Vasallen zum Kriegsdienst zu verstehen.
Eine große Rolle spielte die Reichsheerfahrt, zu der die Kronvasallen mit ihren Lehnsmannen verpflichtet waren. Diese Form des Lehnsdienstes war auf 6 Wochen, die die Vasallen auf eigene Kosten zu dienen hatten, beschränkt. Die deutschen Herren brauchten nur in Deutschland zu dienen, es sei denn, die Heerfahrt ging nach Rom zur Kaiserkrönung (Romfahrt).
Besondere militärische Lehnspflichten hatten die mit einem Burglehen ausgestatteten Ritter. Ihre Aufgabe bestand vor allem in der Bewachung und Verteidigung der ihnen anvertrauten Burg (Burghut). Damit verbunden war in der Regel die Verpflichtung, auf der Burg Wohnung zu nehmen und sich wenigstens eine bestimmte Zeit dort aufzuhalten (Residenzpflicht).
Hoffahrt bedeutete die Verpflichtung der Vasallen, sich auf Geheiß des Herrn an dessen Hof zu begeben, dort Ehrendienste zu übernehmen, in schwierigen Angelegenheiten den Herrn zu beraten, an den Verhandlungen des Hofgerichts teilzunehmen und überhaupt den Glanz des Hofes durch seine Anwesenheit zu erhöhen.
Der Lehnsherr übernahm dem Vasallen gegenüber ebenfalls Verpflichtungen, die mit der Formel »Schutz und Schirm« umschrieben werden. Selbstverständlich mußte er auch Handlungen unterlassen, die dem Lehnsmann zum Schaden gereichen.
Er muß dem Vasallen den Besitz des Lehens garantieren, beim Verlust des Lehens ohne Verschulden des Mannes Schadenersatz leisten und ihn bei Ansprüchen Dritter vor Gericht verteidigen. Ebenso war der Herr gehalten, bei einem rechtswidrigen Angriff gegen seinen Vasallen diesem beizustehen und ihm gegebenenfalls seine Burgen zu öffnen.
Der Vasall hatte außerdem Anspruch auf Erstattung der Verluste, die er bei der Ausübung seines Lehnsdienstes erlitt.
Der Bruch der Lehnstreue gegenüber dem Herrn und die Nichterfüllung der Lehnspflichten wurden im Mittelalter als Felonie (mlat. felonia) bezeichnet. Zum Tatbestand der Felonie gehörten vor allem der Angriff auf den Lehnsherrn, die Aufsagung der Treue während eines Kampfes, die Weigerung sich dem Lehnsgericht zu stellen, die Verschweigung der Lehen und ihre Veräußerung ohne Zustimmung des Lehnsherrn. Im Falle der Felonie war der Lehnsherr berechtigt, nach einem Felonieprozeß vor dem Lehnsgericht dem Vasallen seinerseits die Treue aufzusagen und die Lehen einzuziehen. Brach der Senior dem Vasallen die Treue (Herrenfelonie) konnte der Lehnsmann den Herrn vor dem Lehnsgericht und gegebenenfalls vor dem Oberlehnsherrn verklagen. Auch die Führung einer Fehde war möglich.

Doppelvasallität und Ligesse
Es widersprach im Prinzip dem Wesen der Lehnsbeziehungen, wenn ein Vasall von mehreren Herren Lehen entgegennahm und dafür Mannschaft und Lehnseid leistete. Je weniger aber die persönliche Bindung zwischen dem Senior und den Vasallen war, desto mehr strebten die Vasallen danach auch Lehen von mehreren Herren entgegenzunehmen. Es entstand ein kompliziertes Geflecht von Lehnsbeziehungen und von miteinander konkurrierenden Ansprüchen und Verpflichtungen.
Zu besonders schwerwiegenden Loyalitätskonflikten mußte es kommen, wenn die Lehnsherren eines Vasallen Kriege oder Fehden gegeneinander führten.
In Frankreich entwickelte sich im ausgehenden 11. Jh. eine besondere Form der vassalitischen Treueverpflichtung, die Ligesse, um mit ihrer Hilfe die schädlichen Wirkungen von Doppel- oder Mehrfachvasallität aufzufangen. Ein Vasall konnte zwar von mehreren Herren Lehen empfangen, aber nur einem von ihnen, dem ligischen Lehnsherrn, war er zu uneingeschränkter Lehnstreue verpflichtet.
Das Lehnsrecht
Von besonderer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen aktiver und passiver Lehnsfähigkeit. Die aktive Lehnsfähigkeit beinhaltet das Recht nicht nur Lehen zu empfangen, sondern auch Lehen zu vergeben. Die volle passive Lehnsfähigkeit hatte derjenige, der ein echtes Lehen empfangen und es auch vererben konnte.
Zu den Angehörigen des freien Adels, den Edelfreien, traten im Hochmittelalter die Ministerialen, die zunächst nur mit Dienstlehen, später auch mit echten Lehen ausgestattet wurden. Seit dem 11. Jh. ist der Aufstieg der aus der Unfreiheit kommenden Ministerialen in den Quellen deutlich zu erkennen. Sie schließen sich im 12. Jh. nach unten ab und verschmelzen allmählich mit der untersten Schicht der Edelfreien zum niederen Adel. Für ein ritterliches Leben war ein ausreichender Lehnsbesitz erforderlich, den die Ministerialen von ihren Herren als Dienstlehen erhielten. Lehen nach Dienstrecht wurden Dienstmannen nur für die Dauer des Dienstes überlassen und konnten ursprünglich nicht vererbt werden. Die Ministerialen übernahmen aber bald auch die Befähigung zur Übernahme echter Lehen, so daß der Unterschied zwischen Dienstlehen und echten Lehen verwischt wurde.
Die Heerschildordnung
In der mittelalterlichen Lehnsrechtspraxis und Lehnsrechtstheorie verstand man unter »Heerschild« (mhd. herschilt, herskilt, hereschilt) die Fähigkeit zum Erwerb eines echten Lehens. Dem Vasallen wurde damit zugleich ein bestimmter Platz innerhalb der Lehnshierarchie (Lehnpyramide) zugewiesen, die ebenfalls als Heerschild bezeichnet wurde.
Im Zuge der Ausbreitung lehnsrechtlicher Abhängigkeitsverhältnisse entstanden immer kompliziertere Lehnsbeziehungen, die schließlich zu Beginn des 13. Jhs. vom Sachsenspiegel, dann auch von anderen Rechtsbüchern in ein mehrstufiges, strenges System, die Heerschildordnung, gebracht wurden.



Die Heerschildordnung nach dem Sachsenspiegel
An der Spitze der siebenstufigen Lehnspyramide stand der König, der allein den
ersten. Heerschild hielt, da er selbst nur Lehnsherr war und keines anderen Vasall.
Auf der zweiten Heerschildstufe standen die geistlichen Reichsfürsten, die ihre Lehen vom König empfingen.
Der dritte Heerschild war den weltlichen Reichsfürsten vorbehalten, die ebenfalls Kronvasallen waren. Die Verteilung der Reichsfürsten auf die 2. und 3. Heerschildstufe war notwendig, weil weltliche Herren nicht selten einträgliche Kirchenlehen empfangen hatten und deshalb Vasallen der geistlichen Fürsten waren.
In den vierten Heerschild waren die Grafen und freien Herren eingereiht. Sie konnten ohne Minderung ihres Ranges vom König und von geistlichen und weltlichen Fürsten Lehen entgegennehmen. Sie blieben auch dann auf der vierten Heerschildstufe, wenn sie als Kronvasallen direkt vom König belehnt wurden.
Im fünften Heerschild folgen nach dem Sachsenspiegel die Schöffenbarfreien und die Vasallen freier Herren,
während deren Lehnsmannen den sechsten Heerschild innehatten.
Die Inhaber des siebten Heerschildes werden im Sachsenspiegel nicht genannt.
Im Schwabenspiegel werden die unteren Ränge der Lehnspyramide in anderer Form geordnet. Die Mittelfreien besaßen den fünften und die Ministerialen den sechsten Heerschild. Auf der untersten Stufe standen die vom übrigen Adel belehnten Einschildritter, die nur die passive nicht die aktive Lehnsfähigkeit besaßen.





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