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Peter K. schrieb am 14.12. 2004 um 22:01:02 Uhr über

Diktatur

Von Diktatur haben wir heute eine völlig falsche Auffassung - wie die vielen Texte hier über Diktatur belegen. Was diese Texte meinen, ist Tyrannei.

Diktatur ist ein Teil der Notstandsverfassung der römischen Republik, der präzise geregelt war. Die Consuln waren berechtigt, die Dikatatur auszurufen, ohne Anhörung oder Zustimmung eines anderen Gremiums, der Senat jedoch mußte - binnen wenigen Tagen - einen Diktator wählen. Er wurde - wenn auch nicht vom Volk - gewählt !

Der Diktator war unbegrenzter Herrscher des Staates. Alle Staatsgewalt war in ihm konzentriert. Er konnte nach Belieben über das Eigentum und das Leben der römischen Bürger verfügen, Hinrichtungen anordnen, Krieg führen, Frieden schließen. Er konnte Gesetze erlassen und aufheben - auch für einen Einzelfall, in jedes Gerichtsverfahren eingreifen, über das gesamte Vermögen des Staates und eines jeden Bürgers, des gesamten Volkes verfügen. Seine Macht war unbeschränkt. Seine Befehle und Dekrete duldeten keinen Widerspruch, es gab keinerleich Rechtsmittel oder sonstige Instanz, die ihn kontrolliert hätte. Die Volksversammlung und der Senat tagten nicht während der Dikatur, sofern der Diktator sie nicht einberief. Selbst dann hatten sie lediglich beratende Rechte.

Es war strikt verboten, den Diktator selbst oder eine seiner Maßnahmen zur Rechenschaft zu ziehen. Dies wurde jedem verfassungsmässigen Diktator auch bei der Übernahme der Diktatur feierlich versprochen.

Die Diktatur war genau beschränkt auf 6 Monate. Weder der Diktator, noch irgend ein Gremium konnte die Diktatur verlängern oder verkürzen. Der Diktator war allerdings berechtigt, die Diktatur durch Dekret niederzulegen, womit die normalen Verfassungsorgane sowie die römischen Bürger automatisch wieder in ihre Recht eingesetzt wurden.

Wenn der Diktator sein Amt nicht vor Ablauf von 6 Monaten niederlegte, endete die Diktatur automatisch. Die Consuln konnten lediglich erneut die Dikatur ausrufen, der Senat einen neuen Diktator bestellen, oder aber den vorigen Diktator zum neuen Diktator wählen, also in seinem Amt bestätigen. Jemand der Dikatator gewesen war, durfte niemals mehr ein öffentliches Amt bekleiden. Es gereichte jedem Diktator, deren es in der Römischen Geschichte etliche Dutzend gab, zur höchten Ehre, die Diktatur so früh wie möglich niederzulegen. Manche Diktaturen - die wegen innenpolitischer Krisen ausgerufen worden waren - dauerten nur wenige Tage, und das Amt vieler Diktatoren erschöpfte sich in dem eines obersten, an kein Gesetz oder Verfassung gebundenen Richters.

Freilich wurde die Dikatur, vor allem von Sulla, missbraucht, wie jedes Amt, daß mit Macht verbunden ist.

Indessen hat es seine Aufgabe im großen und ganzen hervorragend erfüllt: in absoluten Krisenzeiten alle Entscheidungsbefugnisse in einer Person zu konzentrieren, die völlig unbeschränkt nur der Sachnotwendigkeit nach schalten und walten konnte, ohne auf irgendwelche Rechte zu achten. Vor dem Diktator waren alle gleich - in ihrer Rechtlosigkeit.

Ein berühmter Diktator war Quintus Fabius Maximus Cunctator gewesen, der den genialen Feldherrn Hannibal durch eine noch größere Genialität bezwang:

Nachdem 2 römische Heere besiegt und aufgerieben, Hannibal tief in Italien stand, rief man die Diktatur aus, und erwählte Q.F.Maximus zum Diktator. Dieser hob ein gewaltiges Heer aus, und zog Hannibal entgegen. Er verweigerte jedoch jede Schlacht, blieb immer mindestens 2-3 Tagesmärsche von ihm entfernt. Hannibal zog durch ganz Italien, doch die stete Anwesenheit des römischen Heeres unter der Führung von Q. Fabius Maximus hinderte die verbündeten italischen Städte daran, ihre Tore Hannibal zu öffnen. Hannibals Heer verwüstete das Land, die Felder, plünderte die Landgüter, die Bauern, die Pächter, doch das reichte bei weitem nicht, um sein Heer zu unterhalten. Q. Fabius Maximus wurde bestürmt: von den Reichen, deren Landgüter verwüstet worden waren, den Bauern, deren Frauen und Töchter vergewaltigt, deren Söhne gedemütigt und erschlagen worden waren, von den römischen Bürgern, die diese Schmach nicht ertragen wollten, von den Soldaten, die den Kampf wünschten. Q. Fabius Maximus blieb beinhart. Kein Kampf mit dem taktisch überlegenen kathargischen Heer Hannibals ! Er verbot jede Kritik an seiner Kriegsführung, und lies einige Senatoren und sonstige hochrangige Bürger hinrichten, die den Kampf dennoch öffentlich verlangten.

Q. Fabius Maximus hatte Erfolg. Hannibal, der sein Heer nicht ernähern konnte, mußte »im Feld unbesiegt« wieder abziehen. Q. Fabius Maximus legte die Dikatur nieder, sobald Hannibal wieder über die Alpen verschwunden war. Die verfassungsmässigen Organe nahmen ihre Arbeit wieder auf.

Q. Fabius Maximus trug seither den Beinahmen »Cunctator« - deutsch: »Zauderer« - was ein Ehrentitel war, den seine Familie bis zu ihrem Untergang in der Kaiserzeit führte. Er lebte noch länger und starb hochgeachtet als »Pater patriae« - »Vater des Vaterlandes«, ein Ehrentitel der ihm offiziell verliehen wurde.

Soviel zur Diktatur alten römischen Rechts.

Eine solche Einrichtung bräuchten Demokratien auch heute.


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