mausisch
Bewertung: 1 Punkt(e)
P. E. Mölmsch - und der Kommunikator
eine Gute Nacht-Geschichte (8)
von Wolfgang Kaup-Wellfonder
>Vorlesezeit: ca. 6 Minuten<
Die Vor längerer Zeit wohnte die gelbe Ente P. E. Mölmsch einige Wochen lang nicht direkt am Fluss, sondern in einem ehemaligen Wasserturm. Die Stadt mit dem Fluss, in der P. E. Mölmsch wohnt, hatte diesen Wasserturm umbauen lassen. Unten befand sich ein Restaurant und oben ein Ausstellungsraum mit einer Camera Obscura im Dach. Die Camera Obscura lässt die Menschen während einer Vorführung in die Umgebung blicken. Allerdings wurde der Turm von den Menschen nicht oft besucht, so dass er lange leer stand. Damals wohnte P. E. Mölmsch einige Zeit im Turm.
Während P. E. Mölmsch dort wohnte, lernte er einen Jungen namens Klaus kennen. Klaus brachte eines Tages ein Gerät mit, das er Kommunikator nannte. Er behauptete, dieses Gerät aus dem Internet »heruntergeladen« zu haben. P. E. Mölmsch hat nicht verstanden, was er damit meinte. Allerdings konnte P. E. mit Hilfe des Gerätes die Menschensprache verstehen. Die Ente, die bis dahin nur Entensprache sprechen konnte, bemerkte, dass es durch den Kommunikator möglich war, auch mit anderen Tieren zu sprechen. Mit einer Maus, die ebenfalls im Turm wohnte, konnte sich P. E. Mölmsch plötzlich prima unterhalten. Sie sprach mit Hilfe des Gerätes Mausisch und die Maus die Entensprache.
Eines Tages belebten Bauarbeiter den Turm und rissen alle Einbauten bis auf die Camera Obscura heraus. Das Restaurant wurde entfernt und neue Räume für ein Museum geschaffen. Die Maus Punky und die Ente P. E. Mölmsch zogen aus, doch den Kommunikator versteckten sie im Tisch der Camera Obscura, die vom Umbau unberührt blieb.
Punky wanderte aus. Sie sprang auf ein vorbeifahrendes Boot mit einem aufgemalten Regenbogen. P. E. Mölmsch wollte seine Heimatstadt nicht verlassen und zog ins Gebüsch am Flussufer. P. E. Mölmsch war bereits ein Mal zu einem neu gebauten Fluss in die Nachbarstadt gezogen. Dort hatte es ihr nicht gefallen. Neue Dinge sind nicht immer schöner als alte.
Heute ist P. E. Mölmsch nach längerer Zeit zum Camera Obscura-Turm geflogen. Das Loch im Dach für die Camera Obscura gibt es noch, so kommt sie hinein. Es findet gerade keine Führung statt, denn das Wetter ist zu schlecht. Die Camera funktioniert nur bei klarem, schönen Wetter. Der Kommunikator ist noch an seinem Platz. Schnell fliegt die Ente zum Museumseingang, denn sie erwartet einen Jungen mit seinem Hund Lino. Der Junge hatte versprochen zu kommen, denn P. E. möchte sich mit Hilfe des Kommunikators mit dem Hund unterhalten.
Pünktlich erscheinen der Junge und der Hund Lino.
»Schön, dass ihr kommt!«, begrüßt P. E. Mölmsch die beiden. »Leider könnt ihr nicht fliegen, denn wir müssen unter das Dach zur Camera Obscura. Ich kann den Kommunikator leider nicht durch das Loch im Dach ziehen.« Der Hund zerrt kräftig an der Leine, während die gelbe Ente spricht. »Hör' auf zu ziehen, Lino«, versucht der Junge dem Hund zu befehlen. Doch der Hund kann seinen Jagdinstinkt nicht zügeln, er zerrt weiter an der Leine. »Gut«, sagt der Junge, »dann mache ich dich da hinten an dem Fahrradständer fest und du musst hier warten. Ich gehe schnell nach oben und hole den Kommunikator mit der Ente. Ist vielleicht sowieso besser, weil ich nicht weiß, ob Hunde ins Museum dürfen.«
Der Junge bezahlt den Eintritt und läuft bis unter das Dach, wo ihn die Ente erwartet. Aus dem Versteck nimmt er den Kommunikator. »Du musst vorsichtig sein, er ist zerbrechlich. Und die Museumsleute dürfen dich nicht erwischen. Sie werden sonst denken, du bist ein Dieb«, erklärt die Ente. Daran hat der Junge nicht gedacht. Was soll er tun? Er kann doch nicht mit dem Kommunikator in der Hand am Museumspersonal vorbei laufen. Zum Glück ist niemand oben unter dem Dach, so dass ihm Zeit bleibt, über eine Lösung des Problems nachzudenken. Er meint: »Flieg' du raus, mir wird etwas einfallen. Besser, wenn sie dich hier nicht erwischen, Ente.«
Plötzlich kommt ihm eine Idee. Er zieht sein Sweat-Shirt aus, öffnet seine Hose, die sehr weit geschnitten ist, und steckt den Kommunikator hinter seinen Po. Dann macht er die Hose zu und verknotet die Ärmel seines Sweat-Shirts vor dem Bauch, so dass es über dem Po baumelt. Dann sucht er einige Prospekte über die Camera Obscura. An der Museumskasse sagt er: »Ich muss einen Aufsatz für die Schule über die Camera Obscua schreiben. Habe mir oben die Prospekte geholt.« Die Museumsleute sind so nett und erstatten ihm das Eintrittsgeld zurück, weil er nichts hätte bezahlen müssen, wenn er an der Kasse erzählt hätte, dass er nur Unterrichtsmaterial benötigte.
»Gratuliere«, begrüsst ihn P. E. Mölmsch neben dem Ausgang und Lino wedelt hocherfreut mit dem Schwanz. »Ich fürchte, wir brauchen Strom, damit das Ding funktioniert. Habe einen Stecker daran gesehen. Hier draußen wird das schwierig.«, meint der Junge und schlägt deshalb vor: »Am besten kommst du mit zu mir. Ich öffne mein Kinderzimmerfenster, dann kannst du herein fliegen. Ich heiße übrigens Hannes.« Hannes meint der Ente erklären zu müssen: »Das ist nicht mein Fahrrad. Meines ist größer. Das ist das Rad meiner Schwester. Die ist drei Jahre jünger. Wenn ich mit dem Hund Fahrrad fahre, dann muss ich ihr Fahrrad nehmen, weil es eine Rücktrittbremse hat. Mein Fahrrad hat nur Bremsen, die man mit den Händen benutzen kann. Das wäre mit dem Hund zu gefährlich. Außerdem hat dieses Fahrrad den Vorteil, einen Gepäckträger zu haben. Mein Fahrrad hat nämlich keinen.« Er klemmt den Kommunikator und die Hefte über die Camera Obscura auf den Gepäckträger. Dann fahren sie los. Die Ente fliegt hinterher. Der Weg ist nicht weit, denn Hannes wohnt direkt an der Ruhr.
In seinem Zimmer öffnet Hannes sofort das Fenster, damit die Ente hereinfliegen kann, und steckt den Kommunikator in die Steckdose. Lino schaut ihm dabei interessiert zu. »Da guckst du, was?«, fragt Hannes den Hund. »Ich bin total gespannt, ob das Ding funktioniert.« »Ich dachte, das wäre vielleicht was zum Essen«, hört er plötzlich seinen Hund sagen. Hannes bleibt wie angewurzelt stehen. In einer Mischung aus Verwirrung und Erstaunen starrt er den Hund an. »Hast du gesprochen? Verstehst du mich? Verstehe ich dich? Ich glaube das nicht!«, stammelt der Junge. »Echt verrückt, wir können uns unterhalten. Das ist ja mega stark!«, antwortet Lino. »Ja, es funktioniert«, meldet sich die Ente, die auf dem Kleiderschrank sitzt. Sofort dreht sich Lino zu ihr und knurrt: »Ich krieg' dich, ich krieg' dich, ich rieche dich, ich rieche dich.« »Sei doch nicht so unfreundlich, Lino. Ich möchte mich mit dir unterhalten«, erwidert P. E. Mölmsch. Doch Lino hat sich noch nicht daran gewöhnt, dass er sich mit der Ente verständigen kann. Wieder knurrt er: »Ich krieg' dich, ich krieg' dich!«
»Oh weh, das wird schwieriger, als ich dachte«, stöhnt P. E. Mölmsch. »Ich schlage vor, dass du, Hannes, dich heute in Ruhe mit Lino unterhältst. Es ist schon spät, ich fliege zum Fluss zurück. Morgen kehre ich zurück und hoffe, Lino ist dann in der Lage, sich mit mir vernünftig zu unterhalten.«
Lino und Hannes haben den ganzen Abend Zeit, um miteinander zu reden. Seinen Eltern und seiner Schwester erzählt der Junge nichts vom Kommunikator. Die Familie wundert sich allerdings, dass er früh ins Bett geht und den Hund mit in sein Zimmer nimmt. Der Vater muss ihn dort für den Abendspaziergang abholen. Hannes liegt schlafend auf dem Boden, direkt neben Lino. Der Vater legt den Sohn ins Bett, leint den Hund an und macht die abendliche Runde. Dabei verhält sich Lino anders als sonst. Er geht neben dem Vater ohne an der Leine zu reißen und scheint keines der anderen Tiere jagen zu wollen.
P. E. Mölmsch liegt schon längst im Gebüsch und schläft.
Gute Nacht, P. E. Mölmsch und alle Flussbewohner.
Schlaft schön!