»Immerfort wollte ich, daß ihr meine stolze Unpünktlichkeit bewundert«, sagte der Meister der Unpünktlichkeit. »Wir bewundern sie auch«, sagte der Aufseher entgegenkommend. »Ihr solltet sie aber nicht bewundern«, sagte der Meister der Unpünktlichkeit. »Nun, dann bewundern wir sie also nicht«, sagte der Aufseher, »warum sollen wir sie denn nicht bewundern?« »Weil ich unpünktlich sein muß, ich kann nicht anders«, sagte der Meister der Unpünktlichkeit. »Da sieh mal einer«, sagte der Aufseher, »warum kannst du denn nicht anders?« »Weil ich«, sagte der Meister der Unpünktlichkeit, hob das Köpfchen ein wenig und sprach mit wie zum Kuß gespitzten Lippen gerade in das Ohr des Aufsehers hinein, damit nichts verlorenginge, »weil ich nie ein Zusammentreffen finden konnte, auf das ich mich hätte freuen können. Hätte ich es gefunden, glaube mir, ich hätte kein Aufsehen gemacht und wäre so pünktlich gewesen wie du und alle.« Das waren die letzten Worte, aber noch in seinen gebrochenen Augen war die feste, wenn auch nicht mehr stolze Überzeugung, daß er immer unpünktlich bleiben werde.
(nach Franz Kafka - »Ein Hungerkünstler« (modifiziert, Original unter selbigem Stichwort))
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