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Der erste Text am 19.8. 2008 um 23:24:01 Uhr schrieb
Raina33 über Regenbogenbrücke
Der neuste Text am 4.9. 2008 um 11:59:30 Uhr schrieb
mesi über Regenbogenbrücke
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am 4.9. 2008 um 11:59:30 Uhr schrieb
mesi über Regenbogenbrücke

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Assoziationen zu »Regenbogenbrücke«

mcnep schrieb am 21.8. 2008 um 00:04:32 Uhr zu

Regenbogenbrücke

Bewertung: 7 Punkt(e)

(bpa) Neben den gebräuchlichsten Bestattungsformen, der Erd- und der Feuerbestattung, haben sich rund um den Globus auch weitere Bestattungsformen erhalten oder etabliert, darunter neben der zunehmned populärer werdenden See- auch die Luftbestattung. Besonders in den Hochländern des Himalaya und Lateinamerikas, doch auch als vorgeschriebene Beisetzungform der Parsen ist dieser Brauch bekannt, bei dem der Leichnam an exponierter Stelle aufgebahrt und der Dekompostierung durch Raubvögel und Witterungseinflüsse ausgesetzt wird. Lange Zeit sah es aus, als ob dieser archaische Brauch niemals in einem christlich geprägten Land wie der Bundesrepublik Fuß fassen würde; neben den grundsätzlichen ethischen Bedenken standen vor allem hygienerechtliche Einwände und der nachgerade sakrosankte Charakter kommunaler Friedhofsordnungen im Mittelpunkt der Debatte. Inzwischen jedoch hat die zunehmende Abkehr von der traditionellen Amtskirche und der Wunsch nach individuellen Formen der Trauerbewältigung, gepaart mit einem neoromantischen Naturverständnis, auf dem Umweg über Streuwiesen und Friedwälder die Wege für Bestatter des 21. Jahrhunderts bereitet.

Als eines der ersten Institute seiner Art hat seit dem Oktober 2006 vor den Toren der Stadt Meerbusch der Luftfriedhof 'Transitorium' seine Pforten geöffnet. Betritt man die großzügige Anlage über das Hauptgebäude und blickt durch die rückwärtig gelegene Loggia auf den gepflegten Park, so möchte man wohl an ein typisches niederrheinisches Anwesen denken, spannten sich nicht darin in weitem Schwung zwischen Bauernrabatten und markanten Obst- und Weidenbäumen mehrere verschiedenfarbige Bögen von gut fünf Metern Höhe, auf deren Scheitelpunkt eine muldenförmige Konstruktion angebracht ist, deren Bestimmung und Inhalt ersichtlich wird, als wir mit Herrn Radmacher, dem Leiter des Meerbuscher Luftfriedhofs, den nahegelegenen Aussichtsturm ersteigen, von dem aus auch die Trauergemeinde einen auf Wunsch teleskopgestützten Blick auf den Verstorbenen wirft. Alle Konstruktionen sind derzeit belegt, teilweise seit mehreren Wochen. Das führt uns zu dem großen Problem, mit dem Luftfriedhöfe in Nordrhein-Westfalen noch zu kämpfen haben: Zwar wurde die 'Verordnung zur oberirdischen Kompostierung Verstorbener', wie es in abschreckendstem Justizdeutsch heißt, nach langen Debatten genehmigt, die oftmals binnen weniger Stunden erfolgende Skelettierung der Leiche durch aasfressende Vögel, zumeist Geier und Krähen, ist jedoch in Deutschland aus seuchenrechtlichen Gründen nach wie vor streng untersagt. Da das Transitorium jedoch auf gefiederte Helfer verzichten muss und auch die klimatischen Bedingungen in Deutschland einer raschen Zersetzung entgegen stehen, stellt sich die Frage nach einer Form der würdigen Bestattung ungleich drängender als etwa bei den berühmten Dokhmas, den parsischen Türmen des Schweigens, die mitten in der indischen Millionenmetropole Mumbai verstorbene Parsen zur Himmelsreise betten. Das Meerbuscher Transitorium hat mit den sogenannten Regenbogenbrücken einen Versuch unternommen, völlig abseits der hergebrachten Traditionen einer Luftbestattung neue Wege zu beschreiten, die nur auf den ersten Blick befremdlich anmuten. Am Fuß eines der Brückenbogen aus weißem Marmor angekommen, erläutert Radmacher das Prinzip:

»Ausgangspunkt meiner Überlegungen war die Suche nach etwas, dass ich plakativ als diskrete Transparenz beim Verwesungsprozess bezeichnen möchte. Es ist allgemein bekannt, dass die Unerträglichkeit der Vorstellung, einen lieben Menschen gewissermaßen unter seinen Füßen verrotten zu wissen, der Grund für eine nicht geringe Zahl der Entscheidungen für eine Feuerbestattung ist. Diesen Prozess bewusst zu überhöhen und den Toten nicht einer letzten Zwiesprache mit dem freien Himmel zu entziehen, ist der vornehmste Sinn dieser AnlageUnd warum die markante, weithin spannende Brückenkonstruktion, statt wie meist üblich, einen Turm oder Katafalk zu errichten? Radmacher versichert sich unserer Aufmerksamkeit und erzählt: »Uns ist bewusst, dass bei den vergleichsweise langen Zeiträumen, die unsere Verstorbenen der Witterung ausgesetzt sind, gewisse... Stadien durchlaufen werden, deren Anblick nur die wenigsten Menschen teilhaftig zu werden trachten. Dennoch birgt gerade die Entscheidung, einen Angehörigen oberirdisch beisetzen zu lassen, viel von dem Wunsch in sich, auch diese letzte Phase des Aufenthalts auf Erden begleitend zu durchleben. Das brachte uns auf die Idee der Regenbogenbrücke: Dem direkten Blick entzogen, ruhen die Leichname in ihren Silberschnurbetten, wie die Beisetzungsmulden meist genannt werden. Der Boden ist mit einer kreisrunden perforierten Öffnung von 15 Zentimeter Durchmesser versehen, die genau über dem Scheitelpunkt der Brücke angebracht ist. Nach einigen Stunden beginnt sich dann das zu entwickeln, was unsere Beisetzungsform so individuell macht, der bis dahin weiße Brückenmarmor beginnt sich, ausgehend von den haarfeinen, in den Stein gezogenen Riefen, durch das austretende Leichenwasser zu verfärben, beginnend von einem nahezu klarem Liquor über verschiedene Citrit-Abstufungen.« Zu diesem Zeitpunkt tritt dann der sinnreiche Mechanismus in Gang, der die Mulde allmählich seitlich über den gut zwei Meter breiten Scheitelpunkt wandern lässt - unmerklich für das menschliche Auge mit einer Geschwindigkeit von weniger als einem zehntel Millimeter pro Tag. Das ist die durchschnittliche Geschwindigkeit im Jahresmittel, erzählt Radmacher, »im Sommer läuft die Mulde fast viermal so schnell wie zur ZeitDa nicht nur alle Menschen sterblich sind, sondern sich ihr Schicksal nach dem letzten Seufzer vor allem ohne die Unwägbarkeiten der Friedhofserde innerhalb einer Klimazone ähnelt, führten Radmacher Studienreisen zu den bekanntesten Forensikern Europas und sogar auf die legendäre Bodyfarm.der University of Tennessee. Ausgehend von den dort erhaltenen Einblicken entwickelte Radmacher Radius, Neigung und Furchung der Bestattungsböden und stimmte in monaten akribischer Feinarbeit die Wanderbewegung der Mulde auf die Bedürfnisse und Anforderungen seiner Kunden an, immer unter der nach kritischen Beobachtung lokaler Bestatter, Geistlicher und zahlreicher Anwohner. Nachdem jedoch die ersten Beisetzungen stattgefunden und die markanten Bögen sich mit ihrem farbigen Schimmer zu überziehen begonnen hatten, waren jedoch bereits die meisten Widerstände ausgeräumt, der erste Preis im Landschaftswettbewerb für Sepulkralkultur wenige Monate darauf brachte dann auch die letzten Zweifel zum Verstummen. Wie aber kommt die eindrucksvolle, in opaken Pastelltönen das gesamte Spektrum durchmessende Farbspiel zustande? Die Gelbtönung der ersten Phase hat Radmacher erläutert und führt weiter aus: »Als nächstes tritt geronnenes Blut aus den Körperöffnungen, welches zunächst mit Leichenwasser untermischt, vom Orange ins satte Rot geht. Zu einem späteren Zeitpunkt verflüssigen sich dann die lymphatischen Gefäße. Nach ihrem Untergang, der für den Grünbereich verantwortlich ist, setzt die blaue Phase ein. Da es im Verwesungsprozess jedoch zu keinem Austritt von blauer Flüssigkeit kommt, helfen wir an dieser Stelle mit einem Farbstoff nach, den wir zu einer sogenannten Indigokugel formen, die jedem Toten bei der Aufbahrung in den Mund gegeben wird. Ein Schutzüberzug, der das vorzeitige Austreten der Farbe verhindert, ist aus einem organischen Material, das über die Zeit von der Leichenfauna mit verzehrt wird. Und wenn dann, meist nach einem dreiviertel bis einem Jahr die Regenbogenbrücke ihre letzte, die blaue Farbe erhalten hat, wissen die Hinterbliebenen, die selbstredend die gesamte Zeit über die Möglichkeit zum Besuch haben, dass die Zeit für den zweiten und letzten Abschied gekommen istDieses 'Aushebung' genannte Ritual, in dessen Verlauf die Bestattungsmulde langsam über die Brücke gleitend auf den Erdboden zurückkehrt, kann jede Trauergesellschaft selbst gestalten, wobei Radmacher als psychologisch erfahrener Begleiter stets einen Weg zu finden bemüht ist, den schmalen Grat zwischen Erwartung und Besorgnis dieser so einschneidenden Erfahrung mit den Angehörigen in würdiger und doch gelöster Atmosphäre zu gestalten. »Die meisten machen nur Fotos von der fertigen Brückeso Radmacher, »wobei es natürlich auch nach der Abnahme des vorgeschriebenen Vogelschutzgitters die Möglichkeit des direkten Abschieds gibt. Aber das ist eine MinderheitVom fast ausgelassenen Picknick unter der Regenbogenbrücke bis zur gemeinsamen Reinigung des Steins hat der Luftfriedhof Meerbusch inzwischen gut drei Dutzend Gäste beherbergt oder lässt sie noch zur Stunde als Aquarellisten der Vergänglichkeit ihre Spur in den niederrheinischen Himmel graben. Als wir am Schluss unseres Rundgangs unsere Kittel, Handschuhe und Masken am Eingang zurücklassen, ist es ein Gefühl, als ließe man die Ausrüstung einer Expedition zurück, die uns einen kurzen aber eindrucksvollen Blick in eine andere Welt gegeben hat, einer Welt jenseits der Regenbogenbrücken von Meerbusch.

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