Der Staat Nicaragua (auch Nikaragua) liegt in Zentralamerika. Er grenzt im Norden an Honduras und im Süden an Costa Rica sowie im Westen an den Pazifik und im Osten an die Karibik.
Der Landesname leitet sich aus dem Nahuatl ab (nican ‚hier‘, aráhuac ‚Menschen‘). Andere Autoren führen den Landesnamen auf die Begegnung des spanischen Konquistador Gil González Dávila mit dem Kaziken Nicarao zurück, welche am 15. Oktober 1523 bei San Jorge/Rivas stattfand.
Geographie
Nicaragua wird parallel zur Pazifikküste von einer Kette aktiver Vulkane durchzogen, weshalb es auch das Land der tausend Vulkane genannt wird. Der Kratersee Apoyo hat vor kurzem Berühmtheit erlangt. Hier konnte anhand von Buntbarschen nachgewiesen werden, dass sich verschiedene Arten auch ohne räumliche Isolierung entwickeln können (sogenannte sympatrische Artbildung).
An der Pazifikküste liegen auch die Zentren und wichtigsten Siedlungsräume des Landes, während die östlichen und südlichen Landesteile dünn besiedelt sind. Zwei große Binnenseen prägen die Geographie − der größere Nicaraguasee (Lago Cocibolca) im Südwesten mit mehreren Inseln und der kleinere Managuasee im Westen. Aus dem Nicaraguasee entspringt der Fluss Río San Juan, der die Südgrenze bildet und in die Karibik mündet.
Die Karibikküste im Osten des Landes ist eine große Regenwaldregion. Sie wird auch Miskitoküste genannt.
Die höchste Erhebung ist der Pico Mogotón an der Nordgrenze mit 2.438 Metern.
Nicaragua hat zwei Nachbarstaaten: im Norden Honduras mit 922 km Grenzlänge und im Süden Costa Rica mit 309 km Grenzlänge. Die gesamte Länge der Landesgrenzen beträgt 1.231 Kilometer.
Städte
Die größten Städte sind (Stand 1. Januar 2005): Managua 1.140.506 Einwohner, León 150.327 Einwohner, Chinandega 128.616 Einwohner, Masaya 123.473 Einwohner, Granada 92.629 Einwohner, Estelí 91.687 Einwohner, Tipitapa 89.642 Einwohner, Matagalpa 79.122 Einwohner und Bluefields 50.178 Einwohner.
Siehe auch: Liste der Städte in Nicaragua
Bevölkerung
In Nicaragua leben etwa 5,68 Millionen Menschen (Stand 2007), von denen etwa 90 % in der Pazifikregion und im Managua-Gebiet leben. Die Bevölkerung besteht zu 69,7 % aus Mestizen, die sich selber als Nicas bezeichnen, 17,6 % sind Weiße (beziehungsweise Spanier). 9,2 % sind afrikanischer Herkunft, die zu 95 % in der Atlantikregion leben, allerdings stellen auch dort inzwischen Mestizen und Weiße mit knapp 59 % die Mehrheit. 3,2 % sind Indígenas, mehrheitlich Miskito sowie die kleineren ethnischen Gruppen Sumo (Mayangna) und Rama, deren Siedlungsgebiete im Landesinneren und an der Atlantikküste liegen. Hinzu kommen etwa 30.000 Araber (hauptsächlich Syrer, Libanesen und Palästinenser). In Managua existiert eine Gemeinde von rund 8.000 chinesischen Einwanderern.
Landfrage
Als die Sandinisten 1979 ihre Landreform durchführten und das Land an Kleinbauern, Kooperativen und Staatsbetriebe verteilten, hatte man es unterlassen, die neuen Besitzer offiziell in die Katasterämter einzutragen. Man sagt, dass die Sandinisten es vergessen hätten, wahrscheinlicher ist es jedoch, dass sie nicht die Kontrolle über so viele Ländereien verlieren wollten. Diese Umstände führten zur großen Landfrage in den 1990ern.
Eines der ersten Ziele, die nach 1990 verfolgt wurden, war es, die Landreform der Sandinisten rückgängig zu machen. Zunächst wurden Staatsbetriebe zu je 25 % zwischen ihren einstigen Großgrundbesitzern, Landarbeitern, ehemaligen Angehörigen der sandinistischen Armee sowie den ehemaligen Contras aufgeteilt. Doch mit dem Ende der Revolution kamen auch die mit Somoza geflohenen Reichen aus ihrem Exil in Miami zurück und forderten ihr Land. Sie hatten im Gegensatz zu den Bauern und Kooperativen noch ihre Besitztitel. Auf juristischem Wege ließen sich einige Fälle „klären“, wobei die Richter oftmals bestochen worden sind, um zu Gunsten der ursprünglichen Besitzer zu entscheiden. Es folgten harte Auseinandersetzungen, denn das durch die Revolution politisierte Volk ließ sich nicht sein Land wegnehmen. Es kam zu zahlreichen Protesten in der Bevölkerung, die auch zu einigen Erfolgen führten. So musste Alemán die geplante Neuordnung des Bodenbesitzes 1997 überarbeiten, da es zu großen Demonstrationen und Blockaden gekommen war.
Doch die Situation bleibt in vielen Fällen ungeklärt, und die Gerichte schieben den Klagenberg vor sich her. Um die Situation endgültig zu klären, werden seit längerem spezielle Agrargerichte gefordert, doch diese wurden bisher nicht gegründet. Eine Folge dieser unklaren Besitzverhältnisse ist Landflucht.
Religion
Unmittelbar nachdem die Spanier das Land Nicaragua erobert hatten (um 1530), kamen spanische Missionare in das Land. Bis auf wenige Ausnahmen wurde die indigene Bevölkerung zum katholischen Glauben bekehrt, allerdings gab es immer wieder Aufstände gegen die Spanier; aus diesem Grund wurden auch zahlreiche Nicaraguaner nach Peru deportiert, wo sie unter unmenschlichen Bedingungen in Minen und Bergwerken arbeiten mussten und die meisten starben. Ein spanischer Mönch schätzte damals, dass in dem Land wohl kaum mehr als 5.000 Menschen leben dürften. Rund 80 Prozent der Nicaraguaner sind heute römisch-katholisch. Zugleich gewinnen protestantische Freikirchen zunehmend an Einfluss. Die Herrnhuter Brüdergemeine kam im 19ten Jahrhundert aus Deutschland, um die Mission an der englisch-sprachigen Miskitoküste zu beginnen. Fast alle Miskito und Rama Indianer gehören dieser evangelischen Kirche an. Auf Spanisch heißt sie Iglesia Morava und auf Englisch the Moravian Church. Die katholische Kirche umfasst acht Diözesen mit insgesamt 4,35 Mio. Mitgliedern. Insgesamt 367 katholische Geistliche wirken in dem Land (274 Nicaraguaner und 93 Ausländer). Ein Priester kommt auf etwa 11.800 Einwohner und versorgt statistisch gesehen ein Gebiet von 326 Quadratkilometern. Eine andere christliche Kirche im Land ist die Neuapostolische Kirche, die dort nach eigenen Angaben etwa 2'000 Mitglieder betreut.[4] Darüber hinaus sind weitere Glaubensgemeinschaften wie Mormonen oder Zeugen Jehovas (20'000)[5] aktiv.
Die katholische Kirche hatte besonders in der jüngsten Geschichte des Landes immer eine besondere Bedeutung. So wandte sich der spätere Kardinal Obando y Bravo (Erzdiözese Managua) bereits Anfang der siebziger Jahre gegen die Somoza-Diktatur. In der Kirche fand der demokratische Widerstand starken Halt. Während der Regierungszeit der Sandinisten in den 1980er Jahren waren politisch aktive Gläubige und Priester starken Repressionen ausgesetzt. Zugleich versuchte die Regierung unter Daniel Ortega, durch Installation einer sogenannten „Volkskirche“ («iglesia popular») die eigene Politik christlich zu rechtfertigen und propagandistisch zu stützen. Ihr prominentester Vertreter war Ernesto Cardenal. Diese Bewegung, die von linksgerichteten Theologen in Westeuropa und von den Regierungen in Kuba, der DDR und der Sowjetunion ideologisch unterstützt wurde, wurde von Papst Johannes Paul II. während seines vielbeachteten Besuchs im Jahr 1983 öffentlich gerügt.
Sprachen
Spanisch ist die Amtssprache Nicaraguas und wird von über 97% der Bevölkerung als Muttersprache gesprochen[6]. Weitere Sprachen sind Kreolisch (Karibisches Englisch), das besonders an der Ostküste Nicaraguas verbreitet ist und die Indiosprachen Miskito, Sumu (Mayangna), Rama und Garífuna (Igñeri).
Migration
Wegen der hohen Arbeitslosigkeit gibt es in Nicaragua eine ausgeprägte Landflucht. Dabei ist die Hauptstadt Managua das wichtigste Ziel. Allerdings ist auch hier die wirtschaftliche Situation nicht wesentlich besser, und die Verstädterung bringt ihre eigenen Probleme mit sich. Viele zieht es weiter ins Ausland, wo sie Arbeit suchen. Schätzungen zufolge lebt rund jeder fünfte Einwohner Nicaraguas im Ausland, hauptsächlich in Costa Rica und in den USA. Dort leben und arbeiten sie meist illegal und sind durch ihre Überweisungen an Freunde und Verwandte die Hauptdeviseneinbringer des Landes.
Geschichte
→ Hauptartikel: Geschichte Nicaraguas
Kolonialzeit
Bei seiner vierten Reise landete Christoph Kolumbus im Juli 1502 auf der Insel Guanaja, die zu den honduranischen Islas de la Bahía gehört. Von der Mündung des Río Coco, dem Cabo Gracias a Dios, folgte er der Küste Nicaraguas und ankerte an der Mündung des Río San Juan, um schwere Stürme zu überstehen.
Von Panama aus unternahm der Konquistador Pedrarias Dávila 1519 Raubzüge nach Costa Rica und Nicaragua. Mit Granada 1523, León 1524 und Bruselas − letzteres verödete nach wenigen Jahren wieder − wurden die ersten spanischen Kolonialstädte in Nicaragua nahe der Pazifikküste gegründet, in den 1520er Jahren von Spanien als Kolonie besiedelt, um die encomienda in Gang zu setzen. Denn obwohl die unmittelbare Beute des Eroberungszuges nach Nicaragua relativ hoch war, wurde in ihrem Verlauf klar, dass der Reichtum in den Menschen besteht. Während der Kazike Nicarao sein Land für den kastilischen König requirieren, sich zum Christentum bekehren und wertvolle Geschenke machen ließ, wog der Kazike Diriangén die Spanier durch seine Taufe in Sicherheit, um sie dann mit einigen Tausend Indígenas auf dem Schlachtfeld anzugreifen.
Jeglicher Widerstand gegen die Unterwerfung galt den Konquistadoren als Rebellion, die prinzipiell mit Krieg und Versklavung beantwortet wurde. Die wirtschaftlich und kulturell sehr hoch entwickelten Völker der Mangues, Pipil, Nicarao und Choroteguas wurden verschleppt und versklavt, Nicaragua wurde entvölkert. Der Mönch Bartolomé de Las Casas schrieb 1552: „Im gesamten Nicaragua dürften heute 4.000 bis 5.000 Einwohner leben, früher war es eine der am dichtesten bevölkerten Provinzen der Welt“.
Als der Hauptmann Francisco Hernández de Córdoba für Pedrarías durch Nicaragua bis nach Honduras vordrang, 1523 am Nordufer des Nicaraguasees Granada gründete und auf Leute von Hernán Cortés stieß, witterte Pedrarías 1526 bei seinem engen Vertrauten, dem Leiter seiner Gouverneurswache, Verrat und köpfte ihn − so, wie er bereits seinen Schwiegersohn Vasco Núñez de Balboa umgebracht hatte. Der Leichnam de Córdobas wurde bei Ausgrabungen im Frühjahr 2000 freigelegt.
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