Eos (griechisch Ἠώς, Ē333;s) ist in der griechischen Mythologie die „Göttin der Morgenröte“. Ihre römische Entsprechung ist die Aurora, nach der auch das rot-grünliche Polarlicht benannt wird.
Inhaltsverzeichnis
1 Mythos
1.1 Abstammung
1.2 Bedeutung
2 Partner
2.1 Eos und Ares
2.2 Eos und Tithonos
2.3 Weitere Liebschaften
3 Darstellung in der Antike
4 Kultstätten
5 Deutungen
6 Stammbaum der Titanen (vereinfacht)
7 Literatur
8 Weblinks
9 Einzelnachweise
Mythos
Abstammung
Eos wird gewöhnlich als Titanin angesehen. Nach Hesiod ist sie die Tochter des Titanenpaares Hyperion und Theia. Ihre Geschwister sind der Sonnengott Helios und die Mondgöttin Selene[1]. Nach Homer[2] ist sie dagegen, wie der „unermüdliche“ Helios und die „reichbezopfte“ Selene die Tochter von Hyperion und seiner Schwester Euryphaessa, „der weithin Leuchtenden“. Ovid[3], wie Valerius Flaccus[4] nennen sie dagegen Pallantis, also Tochter von Pallas.
Bedeutung
Eos’ Thron stand an der Quelle des Okeanos. Sie tauchte allmorgendlich mit ihrem Gespann aus dem Okeanos auf, daher trug sie den Beinamen Erigeneia, „die Früherwachende“[5]. Sie fuhr ihrem Bruder Helios bei dessen Reise über den Himmel im eigenen Wagen voraus. Ihre Pferde hießen Phaethon („Schimmer“, oder „der Glänzende“) und Lampos („Glanz“, oder „der Helle“).
Homer beschreibt Eos als anmutige, schön gelockte, rosenarmige und rosenfingerige Gottheit (ῥοδοδάκτυλος Ἠώς rhododaktylos Ē333;s)[6] in einem safran-farbigen Kleid.[7]
Partner
Mit ihrem ersten Gatten, dem Titan Astraios hatte Eos viele Kinder, neben dem Eosphoros (Morgenstern – römisch Lucifer) auch die vier Winde Zephyr, Notos, Boreas und Euros.
Eos und Ares
Sappho[8] berichtet, dass Eos’ Liebschaft mit dem Kriegsgott Ares Aphrodite, die Göttin der Liebe, erboste, die Eos aus Rache mit unstillbarer Begierde nach jungen sterblichen Männern erfüllte. Seither musste Eos sich, wenn sie morgens über den Horizont zog, überall nach jungen Männern oder Knaben umsehen. Dies trieb ihr die Schamröte ins Gesicht, und der Himmel errötete mit ihr. Eos’ Verhältnisse mit Sterblichen sind jedoch nicht ungewöhnlich. Hesiod führt ihre Verbindung mit Kephalos in einer langen Liste von Beziehungen zwischen Göttinnen und Sterblichen, aus denen Kinder entspringen [9]. Das Akroterion von Caere im Staatlichen Museum zu Berlin zeigt Eos mit einem Knaben, der seiner Größe nach dem Kindesalter noch nicht entwachsen ist[10].
Eos und Tithonos
Den Tithonos, einen Prinzen aus dem Geblüt des Ilos, entführte und heiratete sie und erbat von Zeus für diesen die Unsterblichkeit. Allerdings vergaß sie – anders als Selene für ihren Geliebten Endymion – auch um die ewige Jugend zu bitten. So alterte Tithonos, unfähig zu sterben, er schrumpfte ganz ein, und seine Stimme wurde immer schriller, so dass ihn Zeus schließlich aus Mitleid in eine Zikade verwandelte, die seither Eos begleitete. Beide hatten zwei Söhne, Emathion (der von Herakles getötet wurde) und Memnon[11], König der Aithiopier, den Achill im Kampf um Troja erschlug, wie Arktinos von Milet in seinem verlorenen Werk Aethiopis beschrieb. Eos entführte den Leichnam des Memnon und brachte ihn nach Aithiopien zurück. Dessen Tod beweint sie noch immer, und ihre Tränen fallen jeden Morgen als Tau vom Himmel. Memnons Grab in der Nähe von Theben wurde mit den Memnonskolossen bezeichnet, die jeden Morgen einen Laut von sich gaben, der wie eine Harfe klang[12].
Weitere Liebschaften
Liebesverhältnisse hatte Eos unter anderen mit den Sterblichen Kleitos[13], und Orion[14]. Ihre Affäre mit dem Athener Kephalos führte dazu, dass dessen Frau Pokris starb. Beider Sohn war Phaëton (nach anderen Quellen ein Sohn des Helios). Auch mit dem Knaben Ganymed, den Eos oder Zeus auf den Olymp entführt hatten, soll sie eine Liebschaft gehabt haben.
Darstellung in der Antike
In der griechischen Kunst wird Eos etwa seit dem 6. Jahrhundert v. Chr. geflügelt dargestellt. Eine bekannte Darstellung findet sich auf dem Pergamonaltar. Ein etruskischer Spiegel zeigt eine Eos mit vier Flügeln, die den toten Memnon nach Aithiopien bringt[15].
Unter dem Wagen der Eos werden oft Delfine und Seepferde dargestellt[16], um den Okeanos anzudeuten.
Darstellungen von Eos, die sterblichen Knaben und Männern nachstellt oder sie wegträgt, waren auf attischen Vasen sehr beliebt, der Katalog von Kaempf-Dimitriadou[17] nennt 147 Beispiele.
Eos ergreift Tithonos, Kylix des Telephos-Malers (Boston 95.28). Museum of Fine Arts, Boston.
Eos und Kephalos, Amphore des Niobiden-Malers, Rijksmuseum van Oudheden, Leiden (PC 78: ARV2 605, no. 58; LIMC III, 1986, S. 761 Nr. 77, Taf. 77)
Eos und Kephalos, Pelike des Niobiden-Malers, Königsberg (LIMC III, 1986, S. 761 Nr. 76, Taf 76)
Kultstätten
Ihre Kult ist selten, lediglich in Athen scheint sie verehrt worden zu sein, wohl wegen ihrer Verbindung mit Kephalos. So waren Eos und Kephalos auf dem Tempel der Athener in Delos dargestellt[18].
Deutungen
Nach Ranke-Graves entwickelte Eos sich aus der blutfingerigen indischen Muttergöttin Uṣas[19].
Eos' Liebesaffären mit jungen Sterblichen werden von Ranke-Graves als Allegorien gedeutet: Die Morgendämmerung lässt die nächtlichen Leidenschaften der Liebenden wieder aufflammen[19].
Stammbaum der Titanen (vereinfacht)
Uranos ←— Gaia ←— Chaos
Göttergeschlecht der Titanen
Hyperion
Theia
Selene
Eos
Helios
Literatur
Jakob Escher-Bürkli: Eos. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band V,2, Stuttgart 1905, Sp. 2657–2669.
Mary R. Lefkowitz: “Predatory” Goddesses. In: Hesperia. Band 71, Heft 4, 2002, S. 325–344.
Tobias Leuker: Eos. In: Maria Moog-Grünewald (Hrsg.): Mythenrezeption. Die antike Mythologie in Literatur, Musik und Kunst von den Anfängen bis zur Gegenwart (= Der Neue Pauly. Supplemente. Band 5). Metzler, Stuttgart/Weimar 2008, ISBN 978-3-476-02032-1, S. 258–261.
Weblinks
Commons: Eos – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Eos in Meyers Konversationslexikon
Griechische und Römische Götter und Sagengestalten: Eos
Eos im Theoi Project (englisch)
Einzelnachweise
Hesiod, Theogonie 371 ff.
Homerischer Hymnos 31 on Helios
Fasti 4. 373
Argonautica 2. 72
Hesiod, Theogonie 378-382
Homer, z. B. Ilias i.477 und vi.175
Homer, Ilias viii.1 und xxiv.695
Fragment 140
Hesiod, Theogonie 967-968
Marilyn Y. Goldberg 1987, The »Eos and Kephalos« from Caere: its Subject and Date. American Journal of Archaeology 91:4, fig. 1
Hesiod, Theogonie 984ff
Sherman E. Lee 1953, An Etruscan Mirror with Eos and Memnon. Bulletin of the Cleveland Museum of Art 40:2, 33
Odyseee 15, 572-575
Odyseee 5, 118-128
Sherman E. Lee 1953, An Etruscan Mirror with Eos and Memnon. Bulletin of the Cleveland Museum of Art 40:2, 33
Marilyn Y. Goldberg 1987, The »Eos and Kephalos« from Caere: its Subject and Date. American Journal of Archaeology 91:4, 608
Sophia Kaempf-Dimitriadou 1969, Die Liebe der Götter in der attischen Kunst des 5. Jahrhunderts. v. Chr. Bern, 76-109
Martin Robertson 1975, A History of Greek Art, Cambridge, Cambridge University Press, 356
Robert von Ranke-Graves, Griechische Mythologie, K. 40. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg, 2007.
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