Die Freundin wirft ruckartig den Kopf aus dem Fensterrahmen zurück ins Zimmer. »Es geht wohl los«, sagt sie vor sich hin. »Was geht los?«, fragt müde und gelangweilt die Hundebesitzerin, die es sich inzwischen auf dem Bett gemütlich gemacht hat. »Mein Vater hat heute Geburtstag und die ersten Gäste seiner Geburtstagsfeier scheinen einzutreffen«, antwortet die Freundin. Die Hundebesitzerin wirft einen raschen Blick zur Zimmertür: »Ich sehe niemanden außer uns.« »Nicht hier, unten vor der Haustür. Ich sah verschwommene Gestalten durch das nasse Glasdach unter dem Fenster. Sie flüsterten und eine sah hinauf«, korrigiert die Freundin die irrtümliche Vermutung der Hundebesitzerin. »Vielleicht sind es auch gar nicht die ersten Gäste, aber es sind die ersten Gäste, deren Ankunft ich aus Zufall bemerkte«, ergänzt die Freundin. »Warum flüstern Geburtstagsgäste vor der Haustür?«, fragt die Hundebesitzerin. Die Freundin atmet tief durch und antwortet gereizt: »Das kann ich Dir auch nicht mit Bestimmtheit sagen, jedoch merke ich an, dass, wenn Geburtstagsgäste überhaupt vor Haustüren flüstern, dann sind es mit großer Sicherheit Gäste der Geburtstagsfeier meines Vaters, niemals jedoch Gäste von Geburtstagsfeiern anderer Personen. Insofern erfordert der Vorfall der flüsternden Gäste vor der Haustür keine weitere Betrachtung und Beunruhigung, da die Geburtstagsfeier meines Vaters heute die einzige Geburtstagsfeier ist, die in diesem Haus stattfindet, in welches die Haustür führt, vor der sich die flüsternden Gäste aufhielten, und zu dieser einzigen Geburtstagsfeier - da es sich eben um die meines Vaters handelt - vor der Haustür flüsternde Gäste mit der allergrößten Natürlichkeit und Unbedenklichkeit passen.« Die immer noch auf dem Bett liegende Hundebesitzerin starrt an die Decke und entgegnet mit ebenbürtiger Gereiztheit: »Ja, ja, ich habe es jetzt verstanden.« Vor dem immer noch geöffneten Fenster rauscht der Wind durch die Bäume und der Regen trommelt leise und gleichmäßig auf das Glasdach. Nach einer Minute des Schweigens sagt die Hundebesitzerin: »Ich weiß ja, dass ich nicht die beste Wohnung gefunden habe und Dir anbieten kann, und ich habe gefehlt, als ich ohne Deine Zustimmung die Tochter des Koches meines Vaters ins Vertrauen zog. Aber bedenke doch, welch schnelles Handeln uns nun möglich ist und welches Tor zur Freiheit dieses schmutzige Verlies eigentlich ist. Für uns beide. Für uns drei.« Die Freundin hat es sich inzwischen ebenfalls auf dem Bett bequem gemacht und sieht die Hundebesitzerin mit aufgestütztem Kopf von der Seite an, während sie ihrer bewegenden Rede lauscht. »Ja«, entgegnet die Freundin, »ich war zu unfreundlich zu Dir und habe Dir die verdiente Anerkennung Deiner Bemühungen verweigert. Ich weiß jetzt - nachdem sich der Sturm meiner allzu kurzsichtigen Empörung beruhigt hat -, dass es nicht um Lichtverhältnisse, Ordnung und An- oder Abwesenheit von metallischen Konstruktionen im Wohnzimmer gehen kann, wenn nicht weniger als der gesamte Gang unserer Zukunft auf dem Spiel steht. Du warst es, die einer zerbrechlichen Idee Halt gegeben und ihre Verwirklichung in einem Maße vorangetrieben hat, das meine eigenen Kräfte gewiss überfordert hätte, wäre ich mit der Aufgabe betraut gewesen, die Du Dir selbst gestellt und nun auch gelöst hast.« Die Hundebesitzerin wird bei den Worten der Freundin ihrer Ergriffenheit nicht mehr Herr und voller Glück fällt sie ihr in die Arme. Die Freundin erwidert ihre Bewegung ohne Zögern, bis beide eng umschlungen sind und sich ihre Wangen berühren. Keine wagt sich zu bewegen und den Moment der Eintracht zu stören, bis die Hundebesitzerin der Freundin ins Ohr flüstert: »Aber weißt Du was?« »Was denn?«, sagt die Freundin und hebt den Zusammenschluss der Wangen auf, um der Hundebesitzerin lächelnd in die Augen zu blicken. Da reißt sich die Hundebesitzerin los aus der Umarmung, wirft sich bäuchlings über die Bettkante, greift Ihrem schlummerden Hund in das wuchernde Nackenfell und wühlt mit allen zehn Fingern durch seinen Pelz, so dass der Hund den ersten Moment seiner Erschrockenheit, der dem unerwarteten Angriff folgte, sogleich vergisst, aufsteht und den Kopf nach vorne beugt, um ihn begierig nur um so tiefer in die Hände der Hundebesitzerin zu graben, und sie ruft aus: »Wir sind ja sogar zu viert!«
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