Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »MeinTagebuch«
Baumhaus schrieb am 29.10. 2009 um 10:35:19 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Liebes MeinTagebuch,
nun habe ich Dir schon wieder etwas mitzuteilen, und da Du noch immer völlig unbefleckt hier aufzufinden bist, werde ich das auch tun. Man soll Chancen ja nutzen, so lange sie sich einem bieten.
Ich sitze gerade in Berlin in einem, sagen wir: heruntergekommenen Studentenwohnheim. Das Zimmer ist ungefähr 8 Quadratmeter groß, es gibt eine Gemeinschaftsdusche und ein Gemeinschaftsklo für 10 Leute. Grund für mein Hiersein ist das Konzert gestern. NatashaKahn war besser, als ich es mir je hätte vorstellen können. Sie ist eine Göttin. Die Göttin mit der Stupsnase und dem staunenden Blick. Wie herzlich sie zum Publikum war! Man hat ihre Lebenswärme förmlich in Wellen durch den Saal pulsen gespürt. Dabei gab sie sich ganz bescheiden. Sie ist nicht die abgehobene, unnahbare Virtuosin, sie ist einfach sie selbst und macht gerne ihre Musik.
Das Publikum bestand vorwiegend aus intellektuell aussehenden Frauen und ein paar unscheinbaren, bärtigen Männern - wahrscheinlich Kunst- oder Musikstudenten.
Nun warte ich, daß mein alter Freund A., bei dem ich übernachtet habe, von der Uni (ach, wie angenehm, daß ich nicht mehr ans Studieren denken muß) zurückkehrt und hoffentlich was zum Frühstücken mitbringt. Dann werde ich mir das verregnete Berlin zu Gemüte führen, um später, heute Abend, noch C. zu treffen, die mich unbedingt sehen wollte. Die Begeisterung hält sich freilich in Grenzen, aber ich bin ja ein freundlicher Mensch. Irgendwann heute Nacht wieder zurück.
Bis bald, liebes meinTagebuch. Vielleicht hast Du ja weiterhin Glück, und Dir wird nichts zustoßen.
DeinBaumhaus
Baumhaus schrieb am 17.9. 2009 um 21:53:02 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Liebes meinTagebuch,
es ist erstaunlich, daß Dich seit Deiner Erschaffung am 13.06. dieses Jahres noch niemand berührt oder geschändet hat. Damit hatte ich - um ehrlich zu sein - nicht gerechnet. Aber es ist um so besser. Aus diesem Grund, und nur aus diesem, schreibe ich Dir heute ein zweites Mal, ein gutes Quartal später.
Im Dienste der Wissenschaft sitze ich gerade in einem abgelegenen Hotel in Potsdam. Ein kleines aber angenehmes Zimmer mit Balkon und Kabel-Internet. Den ganzen Tag in Anzug und Krawatte umhergeeilt, um mit irgendwelchen bekannten und unbekannten Menschen zu debattieren. Morgen noch einmal das Gleiche. Man hat mir sogar ein Namensschild gedruckt, das ich mir ans Revers heften kann. Das Debattieren fällt eher in die Kategorie »Sicheres Auftreten bei totaler Ahnungslosigkeit«. Der Professor ist jetzt auch eingetroffen. Morgen wird er sicherlich den professionelleren Teil der Gespräche führen können, und ich werde mich etwas im Hintergrund halten. Eigentlich bin ich ja gar nichts in dieser Welt. Die meisten tragen hier mindestens einen Doktortitel an der Brust und sehen gestreßt bis zerstreut aus. Trotzdem kochen sie auch nur mit Wasser. Sie sind eben nur Experten auf ihrem Gebiet.
Wie auch immer: So eine Dienstreise ist eine angenehme Abwechslung. Derartiges gibt es in Zukunft hoffentlich häufiger. Gesetzt, mir wird eine Mitarbeit - in welcher Form auch immer - ermöglicht. Sicherlich könnte die stressig sein. Forschung und Lehre. Das heißt auch, vor einer Studentenmeute zu stehen und denen irgend etwas zu erzählen. Eine gruselige Vorstellung. Aber was soll's. Daß die neben dem üblichen neuen Testament auch ein Buch mit dem Titel »The Teaching of Buddha« in die Nachttischschublade gelegt haben, finde ich innovativ. Oder ist das jetzt Vorschrift? Relgionsfreiheit? Dann müßte aber auch der Koran hier liegen... - Und ich könnte mich eigentlich diskriminiert fühlen. Weil ich ja Atheist bin und keine atheistische Lektüre vorfinde. Aber lassen wir das. Eine Kleinstflasche Italienischer Rotwein steht auf dem Bord: Viala Secco Rosso. Der Kenner würde sich sicherlich kopfschüttelnd abwenden. Schraubverschluß. Ich weiß nicht, ob es kostenpflichtig ist, etwas davon zu trinken - also lasse ich's lieber.
Flachbildfernsehen ist auch da. Kein Bedarf. Ich will schlafen, und es ist noch nicht einmal 10.
Die Jüngeren sind etwa in meinem Alter und kommen mir ziemlich arrogant vor. Die unterhalten sich alle über ihre wissenschaftlichen Bilderbuchkarrieren - darauf habe ich keine Lust. Mit Bilderbüchern hatte ich es noch nie. Überhaupt bin ich hier wahrscheinlich ein ziemlicher Exot, denn ich bin seit Jahren in der Praxis tätig und weiß - im Gegensatz zu den Diskutanten - daß zwischen Theorie und Praxis oft eine unüberwindbare Lücke klafft. Das hier ist eine Welt für sich. Und ich bin mal wieder Vermittler.
Morgen wird es dann stressig, mit dem Shuttle rechtzeitig zum Bahnhof zu kommen. Die Tickets sind mit Zugbindung.
Also, liebes meinTagebuch, jetzt weißt Du wieder etwas mehr von mir. Schlaf gut! Und falls jemand kommt und dich mißhandelt, denk an meine graugrünen Augen und suche den Frieden. Vielleicht schaue ich irgendwann wieder hier vorbei.
Gute Nacht,
DeinBaumhaus
Baumhaus schrieb am 25.10. 2009 um 05:19:53 Uhr zu
Bewertung: 3 Punkt(e)
Liebes meinTagebuch,
ich bin neuerlich erstaunt, daß Du trotz Deiner Wehrlosigkeit und Ausgeliefertheit als Blasterstichwort noch immer nicht von perversen Pisslingen, Peitscheinheinis oder Sporenkaspern verkratzt und erniedrigt worden bist. Nun gut, wenn das so ist, werde ich Dich wieder nach Deiner Bestimmung behandeln und Dir etwas von mir erzählen.
War heute mit K. endlich auf der Gothic-Party. Wir hatten uns schon seit mindestens einem halben Jahr vorgenommen, da hin zu gehen, aber immer war etwas dazwischen gekommen. Nun, da es geklappt hat, waren die Erwartungen natürlich groß. Womit ich nicht gerechnet hatte: K.s Stimmung war schwärzer als sämtliche Gruftis zusammengenommen. Ich konnte ihr die Hoffnungslosigkeit förmlich ansehen: So düster hatte ich sie noch nicht erlebt. Sie hing durch wie ein Waschlappen, brachte kaum ein Lächeln zustande. Nachdem ich eingesehen hatte, daß meine Aufmunterungsversuche nicht fruchten, sie nicht einmal Appetit auf einen zweiten Drink hatte und auch das Tanzen nicht zu einer Entspannung führte, ließen wir uns auf einer Couch nieder. Die Musik war auch schon mal besser gewesen in dem Laden. Heute war alles irgendwie zu durcheinander. ASp und dann Seven Nation Army? Paßt doch gar nicht. Naja.
Jedenfalls war die Konversation natürlich kaum machbar aufgrund der Beschallung. Es ging gar nichts. Sie stierte vor sich hin, wirkte abwesend. Ich saß dicht neben ihr, zurückgelehnt, sie auf der Kante, nach vorn gebeugt. Und dann passierte etwas, womit ich nicht gerechnet hatte: Sie lehnte sich bewußt nach hinten, schmiegte sich an mich, lehnte ihren Kopf an meinen. Ließ zu, daß ich sie umschloß. Sie sog die Nähe förmlich auf, schloß die Augen, als ich sie vorsichtig am nackten Oberarm streichelte.
Die Situation war heikel, denn K. lebt seit Jahren in einer Beziehung - in der sie aber dem Vernehmen nach nicht vollständig glücklich ist. Ihr Freund spielt World of Warcraft, hat sie mir einmal verraten. Das sagt alles. WOW vereinnahmt Menschen vollständig.
Jedenfalls saßen wir sicherlich eine Stunde in dieser Position. Ich begann eine Wärme zu spüren, die mir gefährlich schien. Ein Verlangen, ihrem zierlichen Körper noch näher zu sein. Beließ es aber beim Streicheln des Oberarms.
Sie tut mir so leid. Zum x-ten Mal Hartz IV beantragen, völlige Perspektivlosigkeit trotz repektablem Schul- und Berufsabschluß. Ich hoffe inständig, sie verfällt aufgrund ihres eher labilen Charakters nicht irgendwelchen Suchtmitteln. Arme aufschneiden und Bulimie hat sie ja glücklicherweise hinter sich gelassen. Ich würd' ihr so gerne helfen, weiß aber nicht wie...
Auf dem Heimweg war sie dann sichtlich beruhigt und lächelte auch. Wir sprachen nicht über die Annäherung, obwohl diese mit Abstand das Schönste an diesem Abend war.
Also, liebes meinTagebuch, jetzt sag nicht, das Leben würde keine Überraschungen bereithalten. Du wirst sicherlich noch die eine oder andere erleben, denn deine Zukunft hier im Blaster gehört nicht zu den rosigsten. Aber, Kopf hoch!
Gute Nacht,
DeinBaumhaus
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