Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Wörterbuch«
masque schrieb am 24.5. 2002 um 20:43:58 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
und brütete Tage und Nächte lang über einer schier endlosen Sukzession von Büchern und Manuskripten, die er sich unter immensen Kosten von seiner Dienerschaft herbeischaffen ließ; die Summe aller Wörter wollte er finden, wohl wissend, daß die Tat ihn in den Wahnsinn führen würde; wie oft hatte er schon nach dem Urwort gekramt und war dann, mit Speichel vor dem Maul, über Papier und Tinte eingeschlafen ...
Er war besessen, wie sein unseliger Vorfahr, der, die verehrte Mutter Erde als Hure verfluchend, sich im steinernen Keller des Familiensitzes einmauern ließ; ihm schwindelte von der Luft in seiner Dachstube, doch die Bibliothek konnte er längst nicht mehr betreten; von den verständnislosen Söhnen von jedem Schriftstück ferngehalten, schrieb er selber Wort um Wort, würfelte mit Tinte und Feder das ewige Spiel der alten Kaiser aus und fand in einem letzten Aufblitzen das Ende und den Anfang der Sprache, das, wonach er sein ganzes Leben lang gesucht hatte, im noch zuckenden Herz eines Vogels, der sich zu seinem Verderben an das Turmfenster des Alten verirrt hatte.
mcnep schrieb am 20.4. 2002 um 22:22:14 Uhr zu
Bewertung: 2 Punkt(e)
Einen haufen bücher mit übelerfundenen titeln gibt es, die hausieren gehn und das bunteste und unverdaulichste gemisch des manigfaltigen wissens feil tragen. fände bei den leuten die einfache kost der heimischen sprache eingang, so könnte das wörterbuch zum hausbedarf, und mit verlangen, oft mit andacht gelesen werden. warum sollte sich nicht der vater ein paar wörter ausheben und sie abends mit den knaben durchgehend zugleich ihre sprachgabe prüfen und die eigne anfrischen? die mutter würde gern zuhören. frauen, mit ihrem gesunden mutterwitz und im gedächtnis gute sprüche bewahrend, tragen oft wahre begierde ihr unverdorbenes sprachgefühl zu üben, vor die kisten und kasten zu treten, aus denen wie gefaltete leinwand lautere wörter ihnen entgegen quellen: ein wort, ein reim führt dann auf andere und sie kehren öfter zurück und heben den deckel von neuem. man darf nur nicht die fesselnde gewalt eines nachhaltigen füllhorns, wie man das wörterbuch zu nennen pflegt, und den dienst, den es thut vergleichen mit dem ärmlichen eines dürren handlexikons, das ein paarmal im jahr aus dem staub unter der bank hervor gelangt wird, um den streit zu schlichten, welche von zwei schlechten schreibungen den vorzug verdiene oder die steife verdeutschung eines geläufigen fremden ausdrucks aufzutreiben.
Jacob Grimm: Vorrede zum deutschen Wörterbuch (Erster Band) p. 12 ff
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