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Das deutsche Verkehrszentralregister (VZR), umgangssprachlich auch Verkehrssünderkartei genannt, wird vom Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg geführt. Es speichert gemäß § 28 Straßenverkehrsgesetz (StVG) unter anderem Daten über
rechtskräftige Entscheidungen der Strafgerichte, die wegen einer im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr begangenen rechtswidrigen Tat auf Strafe, Verwarnung oder einen Schuldspruch erkannt oder die die Entziehung der Fahrerlaubnis, eine isolierte Sperre oder ein Fahrverbot angeordnet haben,
rechtskräftige Entscheidungen der Verwaltungsbehörden und Verurteilungen wegen einer Ordnungswidrigkeit nach § 24, § 24a oder § 24c StVG, wenn gegen den Betroffenen ein Fahrverbot oder eine Geldbuße von mindestens 40 Euro festgesetzt wurde, sowie
bestimmte Entscheidungen der Fahrerlaubnisbehörde nach der Fahrerlaubnis-Verordnung.
Inhaltsverzeichnis
1 Geschichte
2 Einsicht und Eintragungen
3 Reformen
4 Weblinks
5 Einzelnachweise
6 Literatur
Geschichte
Das Verkehrszentralregister geht zurück auf ein Änderungsgesetz zum Straßenverkehrsgesetz vom 16. Juli 1957, das den Bundesminister für Verkehr ermächtigte, mit Zustimmung des Bundesrates Rechtsvorschriften und allgemeine Verwaltungsvorschriften über die karteimäßige Erfassung von rechtskräftigen strafgerichtlichen Entscheidungen der genannten Art zu erlassen. Es nahm seine Arbeit am 2. Januar 1958 auf.
Ordnungswidrigkeiten im heutigen Sinne gab es damals noch nicht. Entsprechende Verstöße wurden als „Übertretung“, das heißt als Straftat minderen Gewichts, geahndet. Das Ordnungswidrigkeitengesetz wurde erst 1968 geschaffen. 1974 wurde die Deliktskategorie der Übertretung abgeschafft.
1974 wurde auch das noch heute verwendete Punktesystem (§ 4 StVG) eingeführt, das die bisherigen Richtlinien für die Behandlung von Mehrfachtätern von 1961 ersetzte.
Einsicht und Eintragungen
Das Verkehrszentralregister ist für die Bürger transparent. Ein Registerauszug (Auskünfte zum persönlichen Punktestand) kann kostenlos schriftlich (mit Kopie des Personalausweises oder Reisepasses) per Brief oder mit neuem Personalausweis per Internet angefordert oder direkt vor Ort abgefragt werden. Gespeicherte Daten aus dem Verkehrszentralregister stehen den Gerichten und Staatsanwaltschaften, den Bußgeld- und Fahrerlaubnisbehörden, den Polizeien, dem Zoll und der Zentralen Militärkraftfahrtstelle (ZMK) zur Verfügung. Außerdem auf internationaler Ebene dem ausländischen zentralen Fahrerlaubnisregister EUCARIS (European Car and Driving License Information System).
Künftig wird das Kraftfahrt-Bundesamt im Rahmen des Prümer Vertrags als so genannte Nationale Kontrollstelle fungieren. Das KBA ist die zuständige Behörde für Rückrufe im Automobilbereich, die durch das Geräte- und Produktsicherheitsgesetz begründet sind.
1970 gab es rund 3.300.000 Einträge im Zentralregister, 1982 war jeder vierte Autofahrer im Verkehrszentralregister notiert, insgesamt rund 4.850.000 Einträge (Westdeutschland).
1983 wurden die Grenze für eintragungspflichtige Entscheidungen auf solche mit mindestens 80 DM Bußgeld angehoben. Davor hatte die Grenze bei 40 DM gelegen.
Im Jahr 2006 wurde mit 8,402 Millionen die höchste Zahl von Eintragungen im Register gezählt. Im Jahr zuvor waren es noch 8,156 Millionen gewesen, von denen etwa 0,05 % die 18-Punkte-Grenze erreichen.
Sowohl bei Männern als auch bei Frauen erfolgten etwa 58 % der Eintragungen auf Grund überhöhter Geschwindigkeit. 79,9 % der Registrierten sind Männer. Die zweithäufigste Eintragungsursache bei Männern war Fahren unter Alkoholeinfluss (14,7 %), bei Frauen Vorfahrtsverletzung (17,4 %).
Die Tilgung von Punkten im Verkehrszentralregister durch die Medizinisch-Psychologische Untersuchung (umgangssprachlich „Idiotentest“) ist nur bis zum Erreichen einer Gesamtpunktzahl von 18 Punkten zulässig. Ab diesem Zeitpunkt ist die Fahrerlaubnis dauerhaft zu entziehen, weil der Kraftfahrzeugführer als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeugs gilt.
Für die mögliche Entziehung der Fahrerlaubnis gilt das sog. Tattag-Prinzip, was bedeutet, dass sämtliche bis dato aufgelaufenen Punkte von mehr als 18 Punkten zum Entzug und einer Sperre für den Neuerwerb führen.
Eintragungen im Verkehrszentralregister werden gemäß § 29 StVG nach einer bestimmten Frist getilgt und nach Ablauf einer weiteren Überliegefrist gelöscht. Grundsätzlich darf eine Eintragung schon ab Tilgungsreife, d.h. vom Ablauf der Tilgungsfrist an, auch einem Gericht nicht mehr mitgeteilt und erst recht nicht zum Nachteil des Betroffenen verwertet werden.
Reformen
Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer gab am 7. Februar 2012 bekannt, dass er eine Reformierung des Punktesystems anstrebt: „Das System muss entrümpelt und einfach, klar und durchschaubar für jeden werden. Vorschriften, die man versteht, respektiert man auch mehr.“[1]
Außer dem Verkehrszentralregister führt das Kraftfahrtbundesamt auch das Zentrale Fahrerlaubnisregister nach § 48 StVG über erteilte Fahrerlaubnisse.
Weblinks
Website des KBA
KBA: 50 Jahre VZR
Das neue Fahreignungsregister (PDF; 140 kB) in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), 20. März 2012
Einzelnachweise
↑ http://www.focus.de/politik/deutschland/verkehr-ramsauer-will-flensburger-datei-reformieren_aid_477903.html
Literatur
Kommentierung zum Straßenverkehrsgesetz
Christian Borzym, Das neue Fahreignungsregister, Straßenverkehrsrecht (SVR) 2013, 167