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Der erste Text am 22.12. 2006 um 17:02:44 Uhr schrieb
heini über Geht-nicht-Paragraph
Der neuste Text am 17.11. 2015 um 14:08:11 Uhr schrieb
Pferdschaf über Geht-nicht-Paragraph
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(insgesamt: 2)

am 17.11. 2015 um 14:08:11 Uhr schrieb
Pferdschaf über Geht-nicht-Paragraph

am 22.12. 2006 um 17:02:44 Uhr schrieb
heini über Geht-nicht-Paragraph

Einige überdurchschnittlich positiv bewertete

Assoziationen zu »Geht-nicht-Paragraph«

Baumhaus schrieb am 4.3. 2014 um 10:53:46 Uhr zu

Geht-nicht-Paragraph

Bewertung: 2 Punkt(e)

Hier ist ein Schild: »Betreten der Eisfläche untersagt

Betreten der Eisfläche untersagt!

Alles ist in Deutschland untersagt.

Alles:
Leben untersagt,
Tun, Arbeit, Ausprobier'n untersagt,
Nachdenken untersagt,
Zärtlichsein untersagt -
nur noch Scheißen und Pissen und Rabotti, Arbeiten, Knechten
und überall Geld bezahlen,
das kann man in Deutschland,
mehr nicht mehr.



Eine ungeheure Wut erfüllt mich manchmal
und dann
zu anderen Zeiten
zuck' ich nur noch mit den Achseln. Na und?
Diese schmierige Realitätsschau, könn' sie für sich alleine behalten.

Diese schmierige Realitätsschau, die die Leute veranstalten,
die veranstaltet wird,
die da ist,
die immer weiter läuft,
diese schmierige Realitätsschau können sie alle, die daran glauben, für sich behalten.

Ich hab damit nichts mehr zutun.

Weiber!

Ein ganzes Regiment von nackten Weibern,
das durch die Köpfe tanzt.
Und dann, dann sagt man: Zieh dich aus!
Und man zieht sich aus.
Und dann wissen die gar nicht, was die tun.

Weiber, Frauen sind ungeheuer abwesend.
Das Abwesendste und konservativeste
neben Ärzten, neben der Polizei, neben, ... neben der Jahreszeit,
ach Schei

Diese Orte überall, durch die ich ging.
Durch die ich bisher gegangen bin:
Wohlgefühlt, da gefühlt mit meinem Körper
hab' ich mich niemals.
Konnte ich nicht.
Überall waren da Verbote.
Und es waren komische Blicke,
oder es waren irgendwelche Vorschriften.
Eine kleine, beengte, mikrige deutsche Welt.
Das ist, wo man lebt.

Meine Erfahrung ist, daß die ganzen Wörter,
die man so lernt
permanent das Gefühl der eigenen Anwesenheit in einer Situation wegnehmen.
Sie stehlen sie einfach.
Wörter sind riesige, gefräßige Tiere.
Sie halten einen von dem Gefühl der eigenen Anwesenheit in einer Situation immerzu ab.

Ein total wunderliches Gefühl, sich zu sagen:
Ich bin dann-und-dann geboren
und jetzt in diesem Moment gehe ich hier-und-hier.
Ein seltsames, befremdliches Gefühl.
Ein Gefühl, keinen Ort zu haben.
Oder überall einen Ort zu haben,
aber trotzdem ein seltsames Gefühl.

Ich würde gerne irgendwo sein.
Aber überall Verbote!
Das verrottete Land Westdeutschland.
Sie sagen überall: Das mußt du genauer sagen!
Aber jeder sieht die Verrottung
und jeder sagt dies-oder-das.
Aber dieses Land Westdeutschland ist verrotet.
Seitdem der Österreicher das kaputtgemacht hat,
ist es kaputt, zerrotet.
Und dann sind die Amis gekommen und alle anderen Länder
und haben es weiter ausgezehrt.
Und jetzt hängt jeder rum und rotiert rum,
wie blinde Karnickel, die rot entzündete Augen haben.

Verdammte Scheiße hier!




Der Körper sagt: Du gehst durch eine Müllkippe,
du wanderst über eine Müllkippe.

Jetzt fängt es wieder an zu frieren.
Der Himmel glüht hier nicht,
er hat keine rauschhaften, wilden Farben.
Es ist überall eine schmierige Gleichgültigkeit,
und müde Körper hängen an den Maschinen herum.

Es gibt Tage, da ist mein Kopf so vollgefüllt
mit dieser ramponierten, abgetakelten Realität,
daß ich gar nichts anderes denken kann.
Und wie gerne würde ich etwas anderes denken,
als diese ramponierte, abgewrackte, runtergekommene Realität.

Nein, das ist keine Metaphysik, die ich meine
mit Realität.
Ich meine das, was tatsächlich da ist:
Diese geordneten Straßen und diese geordneten Gebäude,
diese geordneten Regelungen von Verhaltensweisen und diese geordneten Bewegungen des Mundes,
dieser endlose verbale Zug von Begriffen und Wörtern:
Alles geordnert und geregelt.

Da sitzen Köpfe unter kleinen Lämpchen,
und sie denken immerzu nur Wörter.

Was ist denn schon die Psyche?
Niemand weiß das.

Vielleicht sind das nur Wörter.
Psychologie? Nur Wörter!
Vielleicht ist die Seele des Menschen - nur Wörter!
Die Seele des Menschen: nur Wörter.
Niemand hat sie gesehen.

Was für armselig arrogante Gesichter die Leute haben.
Was für armselig arrogante Gesichter die Leute auf den Toiletten haben.

(Rolf Dieter Brinkmann, Dez. 1973)

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