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Menschen mit Behinderung Mehr Gerechtigkeit im Welthandel
Für die meisten Entwicklungsländer hat die Liberalisierung des Welthandels in den vergangenen Jahren kaum Verbesserungen gebracht. Um Investoren zu gefallen, wurden Zugeständnisse gemacht und Freihandelszonen eingerichtet oder Steuern gesenkt. Für die nachhaltige Entwicklung und Armutsbekämpfung blieben dann aber kaum Gelder im Land. Unternehmen in Entwicklungsländern können häufig nicht mit ausländischen Konzernen konkurrieren, denn um eine starke Exportwirtschaft aufzubauen, müssten ihre Märkte geschützt werden.
Die Regeln für den Welthandel werden im Rahmen der Welthandelorganisation (WTO) gemacht. Seit einigen Jahren werden in der so genannten Doha-Runde Regelungen diskutiert, wie der Welthandel entwicklungsfreundlich gestaltet werden kann, damit auch ärmere Länder profitieren. Wir erklären hier, worum es dabei geht.
Doha-Runde in der Krise
Containerschiff im Hafen von Hong-Kong (Foto: threecee/ Flickr)Die internationale Handelspolitik ist durch das neuerliche Scheitern der WTO-Verhandlungen zur Doha-Runde im Juli 2008 in einer schweren Krise. Doch durch die Finanz- und Wirtschaftskrise könnte Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen kommen. Die Appelle, die Doha-Runde nun endlich zu einem Abschluss zu führen, sind lauter geworden. Auch die G8-Staaten haben in ihrer Abschlusserklärung beim Gipfeltreffen im Juli 2009 in Italien eine Wiederbelebung der Gespräche dringend angemahnt.
Die Doha-Runde bezeichnet ein Bündel an Verhandlungsaufträgen, die sich die WTO-Mitglieder auf einem Treffen 2001 in Doha (Katar) selbst auferlegt haben. Eigentlich wollten sie 2005 in allen Punkten ein Ergebnis erzielt haben, doch die Widerstände, vor allem auf Seiten der Entwicklungsländer gegen die einseitigen Regelungen zu Gunsten der Industriestaaten haben dazu geführt, dass 2009 immer noch kein Verhandlungsergebnis vorzuweisen ist.
Die Doha-Runde wird auch als Entwicklungsrunde bezeichnet, denn das Ziel der Beschlüsse ist es, vor allem die Entwicklungsländer ökonomisch voranzubringen und sie in den Welthandel zu integrieren. De facto orientieren sich die Vorschläge der Verhandlungsführer auf Seite der Industrieländer aber zu sehr an eigenen Interessen, als das diese einen Entwicklungsschritt für die ärmeren Länder bedeuten könnten.
Subventionen und Marktzugang
Die großen Streitfragen sind zum einen die Subventionen für die Landwirtschaft, mit denen die Industriestaaten die Produkte ihrer Bauern auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig machen. Zum anderen wird um den Marktzugang für Agrar- und Industriegüter gestritten.
Viele Entwicklungsländer kritisieren, dass es ein großes Ungleichgewicht zugunsten der Industriestaaten gibt und sie selbst keine Möglichkeit haben, ihre Märkte zu schützen. Während die EU und die USA weiterhin hohe Exportsubventionen für Agrarprodukte aufwenden, wollen sie, dass die Entwicklungsländer ihre Zölle für Industriegüter stark senken.
Die letzte Verhandlungsrunde ist am Speziellen Schutzmechanismus (SSM) gescheitert, der es Entwicklungsländern erlaubt, mit Zöllen ihre eigene Landwirtschaft zu schützen, wenn die Importe von billigen Lebensmitteln in ihre Länder stark ansteigt. Die Schwelle, ab der solche Maßnahmen erlaubt wären, wurde im WTO-Entwurf so hoch angesetzt, dass sie rein praktisch kein Entwicklungsland hätte anwenden können. Dagegen haben sich die Entwicklungsländer gewehrt - zu Recht. denn der Import billiger Nahrungsmittel kann die eigene Nahrungsmittelproduktion im Land gefährden und den eigenen Bauern die Lebensgrundlage entziehen.
Zum Beispiel: Tomaten
In Ghana können lokale Bauern ihre Tomaten nicht mehr oder nur noch schwer verkaufen, weil sie mit den Preisen europäischen Tomatenmarks nicht mithalten können. Ein Großteil des importierten Marks stammt aus der EU. Die Folge ist, dass ghanaische Bauern zusehends von ihren lokalen Märkten verdrängt werden, ihre Einkommen sinken und ihr Recht auf Nahrung verletzt wird. Schuld sind nicht zuletzt die Agrarsubventionen der EU, welche den Export weit unterhalb der Erzeugungskosten ermöglichen.
Zum Beispiel: Milchprodukte
Aufgrund des Preisverfalls für Milch auf dem Weltmarkt hat die EU Anfang 2009 Exportsubventionen für Milchprodukte eingeführt. Das bedeutet, dass europäische Bauern finanzielle Unterstützung erhalten, damit sie beim Export ihrer Produkte besser verdienen. Entwicklungsexperten haben im Vorfeld davor gewarnt, denn bereits ohne Subventionen sind Milchprodukte aus der EU ein Problem in vielen Entwicklungsländern. Das durch Beihilfen zusätzlich verbilligtes Milchpulver macht die Arbeit vieler Milchbauern in armen Ländern unrentabel, da sie ihre Milch nicht mehr verkaufen können.
Die Beispiele zeigen, wie absurd diese Politik ist. Auf der einen Seite wird mit Mitteln der Entwicklungszusammenarbeit der Aufbau bäuerlicher Betriebe in Entwicklungsländern unterstützt, die den Menschen eine langfristige Perspektive bieten sollen. Auf der anderen Seite zerstören die künstlich verbilligten Agrarprodukte aus der EU die Absatzmärkte der kleinen Betriebe vor Ort, so dass sich für diese im schlimmsten Fall die Produktion nicht mehr lohnt und sie ihre Lebensgrundlage verlieren.
Medizinische Versorgung in Gefahr
Auch das TRIPS-Abkommen ist Teil der Welthandelsregeln der WTO. TRIPS (Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights) regelt handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum. Darunter fällt auch auch das Patentrecht, unter anderem patentierte medizinische Wirkstoffe 20 Jahre lang vor Nachahmung (»Generika«) schützt.
Während die Pharmaindustrie diese Regelung für unbedingt notwendig hält, damit neue Erfindungen im pharmazeutischen Bereich rentabel sind und sich Investitionen in die Forschung lohnen, weisen Kritiker auf die hohen Preise hin, die durch das Preismonopol eines Unternehmens für ein bestimmtes Medikament entstehen. Zum Problem wird dies dann, wenn es sich um lebensrettende Medikamente handelt, die sich ärmere Menschen in Entwicklungsländern nicht leisten können, beispielsweise antiretrovirale Medikamente bei einer HIV-Infektion.
Riesenpille des Aktionsbündnis gegen Aids am Welt-Aids-Tag 2009 in Berlin.Öffentlicher Druck führte dazu, dass eine Klausel für mehr Flexibilität in das TRIPS-Abkommen eingefügt wurde. Diese gibt Staaten das Recht, bei Gefährdung der nationalen Gesundheit eine Zwangslizenz auszustellen. Dann kann ein Unternehmen in diesem Land das patentierte Medikament produzieren. Theoretisch kann ein Land, das selbst keine pharmazeutischen Produktionsfirmen hat auch eine Zwangslizenz an ein Unternehmen in einem anderen Land ausstellen.
De facto wurde die Flexibilitätsklausel bisher noch nicht sehr häufig angewendet, denn die Staaten mit den größten pharmazeutischen Unternehmen, wie die USA, EU und Japan üben oft starken Druck auf die Länder aus, um die generische Produktion patentierter Medikamente zu verhindern.
Industrieländer werden begünstigt
Egal ob es um Fragen von Subventionen, Marktzugang oder Patentrecht geht: Die Abkommen der WTO sind mit grundlegenden Mängeln behaftet. Die bestehenden Regeln begünstigen einseitig die wirtschaftlichen Interessen der mächtigen Handelsnationen auf Kosten der Mehrheit der Weltbevölkerung, insbesondere der Ärmsten.
Um das globale Handelssystem in ein neues, zukunftsfähiges Gleichgewicht zu bringen, müssen Armutsbekämpfung, Umweltschutz und die Durchsetzung der Menschenrechte an erster Stelle stehen. Dazu müssen die Welthandelsregeln die bestehenden Umwelt-, Entwicklungs- und Menschenrechtsabkommen achten und ihnen nicht entgegenstehen.
Was muss geschehen?
Gerechte Welthandelsregeln umzusetzen bedeutet, die unfairen Praktiken der Industriestaaten auf allen Ebenen zu beenden. Agrarexportsubventionen, Zolleskalationen, strikte Patentregelungen für lebenswichtige Medikamente, müssen umgehend beendet werden. Vielmehr müssen die Welthandelsregeln im Einklang mit den Menschenrechten und den internationalen Vereinbarungen des Umweltschutzes stehen.
Entwicklungsländer müssen ihre Märkte vor billigen Importen aus den industrialisierten Staaten schützen können, um insbesondere eine eigenständige Nahrungsmittelproduktion gewährleisten zu können.
Das TRIPS-Abkommen darf nicht dazu führen, dass Patente und andere Rechte an geistigem Eigentum die Entwicklung und das Recht auf Gesundheit in den Entwicklungsländern beeinträchtigen.
Entwicklungsländer dürfen durch Handelsabkommen nicht dazu gezwungen werden, öffentliche Dienstleistungen, wie die Wasserversorgung oder das Gesundheitswesen, für private Investoren zu öffnen.
(Stand: September 2009)
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