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Hadmar Freiherr von Wieser, am 3.11. 2003 um 16:13:15 Uhr
Schreiben

Jede Geschichte beginnt zunächst mit einer Idee.

Bei den meisten meiner Romane, Abenteuer, Spiele, Drehbücher und Musiktexte könnte ich heute nicht mehr sagen, was diese erste Idee war. Ich habe Dateien mit etwa 800 Romanentwürfen, meist nur aus einem Arbeitstitel und zwei bis fünf Sätzen bestehend, seltener aus einer Textprobe, wo mich kurz die Schreiblust gepackt hat.
Manche dieser Ideen stammen aus Träumen: ich wachte mit diesem aufgewühlten Gefühl auf, dass mein Traum größere Bedeutung hatte, und im Gegensatz zu sonst zerfiel das ganze beim Aufwachen nicht in sinnlose Fragmente, sondern erwies sich als durchaus sinnvoll.
Viele Ideen sind einfach geklaut; nach Vorbildern gestaltet, sagt der Fachmann. Meist sind es „Übersiedelungen“ aus anderen Genres und Branchen: ein Hardrock Song, dessen Text mich seit 20 Jahren beschäftigt; eine Folge einer billigen TV-Serie, wo ich finde, dass man mehr mit dem Plot hätte machen können; Inhaltsangabe eines Buches oder Filmes, das zu lesen ich nie Zeit hatte.
Die häufigsten Ideen entstehen durch Kombinationen; das was man gemeinhin Kreativität nennt.

Zum Beispiel entstand aus der Welle von Die-Hard-Filmen (bis hin zu Air Force One mit Harrison Ford), den häufigen Pressemeldungen über das Prominentenpaar David Copperfield und Claudia Schiffer und den Biographien diverser „zupackender“ Milliardäre wie Rockefeller, Richard Branson (Virgin) und Ted Turner (CNN) die folgende Idee: Bill Gates heiratet Prinzessin Diana. Während sie ihre Flitterwochen auf einer abgeschiedenen Schihütte verbringen, schlagen Terroristen oder Agenten zu, von denen man (und ich auch noch) nicht weiß, ob sie die Prinzessin entführen oder des Erfinders neuestes Projekt klauen wollen. Jedenfalls töten sie die Leibwächter, worauf die spannende Frage entsteht, wie Bill Gates mit der kreischenden Diana an der Hand die Attentäter überwältigt bzw. ihnen bei einer rasanten Flucht per Ski entkommt.

Natürlich werde ich diesen Roman nie schreiben. Ich kann mich nicht an den Persönlichkeitsrechten des reichsten Mannes der Welt vergreifen: der lässt meinen Roman einstampfen - mitsamt dem Verlag. Außerdem ist uns die Braut abhanden gekommen.
Aber das ist egal. Ich kann einen Contemporary Thriller schreiben, in dessen zwei Hauptdarstellern jeder Leser die beiden Prominenten wieder erkennt.
Ich kann das ganze als Science Fiction auf die Venus verlegen, in die durch Terraforming umgestalteten Urlaubsparadiese, woBill Gatesüber die Erfindung seines neuen Empatholinks nachdenkt, um seinen Mental-Technik-Konzern an der Weltspitze zu halten. „Prinzessin Dianaist wiederum die englische Prinzessin, nur schreiben wir eben das Jahr 2261.
Mit etwas Nachdenken lässt sich natürlich auch ein Fantasy-Roman daraus machen: der mächtige Artefakten-Magier, der aufgrund eines einzigartigen Paktes mit den Gnomen beinahe ein Monopol auf die Herstellung des Steines der Weisen (ein Kristall mit Silberfäden darin) und daraus verfertigter Artefakte hat; an seiner Seite eine generische Prinzessin, die in diesem Fall ruhig eine extrem gute Schwertkämpferin sein kann.
Etwa Recherchen benötigt ein historischer Roman: Aus Bill Gates wird Leonardo da Vinci, aus der Berghütte ein einsames Schlösschen in der Toscana, wo der etwas ausgebrannte Erfinder seinen nicht ganz legalen Experimenten nachgeht, und aus seiner Begleitungda Leonardo vermutlich homosexuell warder Sohn des Dogen von Venedig. Sind die Meuchler venezianische Tugendwächter, die einen Skandal kaschieren sollen, oder florentinische „Extraktoren“, die Leonardo zur Mithilfe im Krieg gegen Genua zwingen sollen?
Ja, sogar für Harry Potter VIII eignet sich dieser Plot: Harry Potter, inzwischen 14 und verliebt, und Hermine, von der wir inzwischen wissen, dass sie die reichste, schönste ... und so weiter. Die Terroristen sind natürlich Diener Lord Voldemorts, was sonst.


www.hadmar.com


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