Vertrauensfrage
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Die Schlacht ist gewonnen: Der Bundestag hat der Bundeswehr das gewünschte Mandat erteilt und damit gleichzeitig Kanzler Gerhard Schröder das Vertrauen ausgesprochen. Doch die Reaktionen sind äußerst verschieden. Während das Ergebnis für Schröder die Verlässlichkeit rot-grüner Politik beweist, meint Unionsfraktionschef Friedrich Merz: »Der heutige Tag ist der Anfang vom Ende der Regierung Gerhard Schröder.«
Knappe Mehrheit
Die Vertrauensfrage, die Schröder mit dem Beschluss über die Entsendung deutscher Soldaten in den Anti-Terror-Kampf verbunden hatte, beantworteten 336 Abgeordnete der Regierungsfraktionen mit Ja - zwei mehr als notwendig - und sorgten damit für die Fortsetzung der Koalition von SPD und Grünen. 326 stimmten mit Nein, darunter wie angekündigt auch vier grüne Parlamentarier. 15 Abgeordnete der SPD äußerten in Erklärungen zwar Bedenken am Militäreinsatz, wollten aber die Koalition nicht gefährden.
Historische Vertrauensfrage!
Schröder ist der vierte Kanzler in der Geschichte der Bundesrepublik, der die Vertrauensfrage gestellt hat - aber der erste, der sie mit einer Sachfrage verknüpfte.
Kompromiss bei Abweichlern
Die ursprünglich acht Abweichler bei den Grünen, die die Regierungsmehrheit gesprengt hätten, hatten sich quasi im letzten Moment geeinigt, dass bei der Vertrauensabstimmung die Hälfte von ihnen mit Nein, die andere Hälfte mit Ja stimmen wird. »Damit sagen wir Nein zur Kriegsbeteiligung, aber Ja zur Koalition«, begründete der grüne Abgeordnete Winfried Hermann dieses umstrittene Vorgehen. Außer Hermann blieben die Abgeordneten Hans-Christian Ströbele, Christian Simmert und Annelie Buntenbach beim Nein.
Verknüpfung war bewusst!
In der mehr als dreistündigen und zum Teil hitzigen Debatte hatte Schröder zunächst um Vertrauen für sich selbst und um Zustimmung für die Bereitstellung deutscher Soldaten geworben. Er habe bewusst die Vertrauensfrage mit dem Votum über den Bundeswehreinsatz verknüpft: »Denn der Bundeskanzler kann seinem Amt und seiner Verantwortung für das Gemeinwohl nur entsprechen, wenn seine Person und sein Programm das Vertrauen und die Zustimmung der ihn tragenden Mitglieder des hohen Hauses finden.«
Merz: Regierung ist am Ende!
Unionsfraktionschef Friedrich Merz sieht dagegen die rot-grüne Koalition gescheitert. Gleich anderen Rednern der Opposition kritisierte Merz scharf die Verknüpfung. Der Kanzler habe leichtfertig ein gemeinsames Votum für den Einsatz deutscher Soldaten aufs Spiel gesetzt, sagten Merz und FDP-Fraktionschef Wolfgang Gerhardt. Für Merz sei es von Anfang an klar gewesen, dass sich »uneingeschränkte Solidarität« mit Amerika nicht nur in Beileidsbekundungen erschöpfen könne: »Ein Bundeskanzler, der so handeln muss, der führt keine kraftvolle Regierung mehr an.«
»Nötigung und Erpressung«!
FDP-Chef Guido Westerwelle warf Schröder vor, er stehe an der Spitze einer Koalition, »die nur noch durch Nötigung und Erpressung am Leben gehalten werden soll«. Westerwelle forderte Schröder auf, die Vertrauensfrage nicht dem Parlament sondern durch Neuwahlen der deutschen Bevölkerung zu stellen.
Grünen wehren sich gegen Kritik!
Einmal mehr müssen sich die Grünen gegen den Vorwurf wehren, Umfaller und erpressbar zu sein. Fraktionschefin Kerstin Müller begründete die Zustimmung der großen Mehrheit ihrer Fraktion mit der Gefahr, die von den Terroristen für die Welt ausgehe, sowie damit, dass die rot-grüne Regierung nicht scheitern dürfe.
PDS: »Blanker Opportunismus«!
Der PDS-Politiker Gregor Gysi nannte das Verhalten von Abgeordneten der Regierungsfraktionen in der Vertrauensfrage »blanken Opportunismus«. PDS-Fraktionschef Roland Claus fügte hinzu, Schröder habe eine »Nötigung des Parlaments« und eine Irreführung der Öffentlichkeit vorgenommen.
Quelle: www.t-online.de