Verlierer
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»Der Verlierer« - oder: Das Leben ist hart, aber dafür ungerecht...
Viele vertreten die Philosophie, es gäbe bei jedem Prozess immer einen »Gewinner-Sperm«
und einen Verlierer. Das fängt schon bei der Zeugung an: Ein Gewinner triumphiert
meistens über Millionen von Verlierern. Daraus entsteht das Leben an sich, ein
neuer Mensch. Aber nur wenn er sich gegen die Gefahren behaupten kann, die einem jungen Leben
drohen: Geburtsschwierigkeiten, Säuglingskrankheiten und Plötzlicher Kindstod sind nur
einige der vielen Arten zu verlieren, die einem Baby auflauern.
Eigentlich greift das Gewinnen/Verlieren-Prinzip schon vor der Zeugung. Schliesslich
hat meine Mutter mich gekriegt und keine Andere, sie hat ihre Konkurrenten ausgestochen,
ebenso mein Vater.
Dieses Prinzip zieht sich durch das ganze Leben, von der Schule, dem menschlichen
Miteinander, dem Durchsetzungsvermögen des Menschen in allen einzelnen Situationen, dem
Besiegen des Inneren Schweinehundes und dem Gewinnen oder Verlieren gegen Angst,
Hochmut, Schmerz, Trauer, Lust und Lüge, Frustration und Übermut. Letztlich kann man
dieses Spiel soweit treiben, dass das komplette Leben ein tägliches Gewinnen oder
Verlieren gegen den jederzeit möglichen Tod ist. Dieser Gedanke ist absolut nicht neu.
Er wurde seit Urzeiten in unterschiedlichsten Versionen gedacht und umgesetzt.
Der Situations-Verlierer
Interessant wird hier der Begriff »Verlierer«, als eine Bezeichnung, die jedem geläufig,
aber nicht in jeder Situation mit dem gleichen Hintergedanken verwendet wird. Mal nennt
man jemanden Verlierer, wenn er ein Fussballspiel verloren hat. Seine Mannschaft hat
dann weniger Tore geschossen, als die gegnerische. Allerdings kann er selbst die meisten
Tore des ganzen Spiels geschossen haben, ist also im direkten Vergleich aller Spieler
der Sieger. Oder er ist der Torwart und hat prima gehalten, keinen einzigen Ball
durchgelassen, während der Torwart der gegnerischen Mannschaft drei Tore kassiert
hat. Wie das geht? Der Verlierer-Torwart wurde nach 5 Minuten eingewechselt, weil sein
Vorgänger gleich in den ersten 5 Minuten 4 Tore zu »verantworten« hatte. Die Mannschaft
verlor demnach, der Torwart aber war so erfolgreich wie nur irgend möglich.
Der arme Verlierer
Dann kann der Begriff auch noch im mitleidigen Zusammenhang benutzt werden. Jemand ist ein
armer Verlierer, dem man beim nächsten Mal Glück wünscht, weil er schon so lange nicht mehr
gewonnen hat. Hier wird die Bezeichnung »Verlierer« schon persönlicher, die Person ist
»ein Verlierer« nicht mehr »der Verlierer«, das ist ein Unterschied. Das häufige Verlieren
ging schon auf das Image der Person über und machte sie zu »einem Verlierer«.
Der ewige Verlierer
Der krasseste Schritt und der am häufigsten bewusst verwendete ist das Schimpfwort
»Verlierer«, welches meint, das diese Person das Verlieren an sich als Eigenschaft mit
sich rumschleppt. Es ist weniger eine empirisch untermauerte Feststellung ( obwohl
die Erfahrung oft eine Rolle spielt ) sondern mehr ein den Charakter bewertendes Fazit und
eine Prophezeiung zugleich. »Dieser Mensch« wird noch öfter verlieren, er gewinnt nicht
so häufig, wie ein »Gewinneryp«, das genaue Gegenteil des Verlierers. Ein Verlierer also
ist eine Person, die mit oder ohne eigenes Verschulden, zum Verlieren neigt. Dinge
nicht richtig angeht und auch nicht richtig zuende bringt.
Verlieren steckt an
Vielleicht überträgt sich das Verlieren auch auf Andere? Kann ich mich anstecken?
Diese Frage ist sowohl berechtigt, als auch gefährlich. Sie ist der Anfang einer
Diskriminierung und für charakterschwache Menschen eine wichtige Frage. Für sehr
gefestigte Menschen stellt sich diese Frage weniger. Die Furcht vor Beeinflussung
der eigenen Leistungsfähigkeit durch Verlierer hat etwas Abergläubisches, Albernes,
Schwaches und gleichzeitig etwas Weises, Kluges, Instinktives an sich. Natürlich
sollte jeder alleine wissen, was er will und die Anwesenheit einer Person, die sein
Leben bisher weniger erfolgreich gemeistert zu haben scheint sollte niemanden aus der
Bahn werfen. Aber jemand, der ohnehin nicht genau weiss, was er will, der sich
seiner Ziele ebenso unsicher ist wie der Wege, die er dorthin gehen will, kann
allein durch den Einfluss eines »Losers« Schaden nehmen. Wie sehr und in welcher
Weise, sei mal dahingestellt. Ein Beispiel soll der Sport sein: Wer nicht weiss, wie
man richtig dreispringt, der kann es auch niemandem erklären. Es ist logisch, dass
die Anwesenheit eines Menschen, der mit Sicherheit schon oft erfolgreich dreigesprungen
ist, es besser erklären kann, als der, der schon seit Tagen erfolglos versucht, den
Sprung hinzukriegen.
Ich kann dir zumindest zeigen, wie man es nicht macht
Frage: Kann man von Verlierern auch lernen? Ja, vor allem, wenn der Verlierer weiss, warum
er nicht erfolgreich ist. Wenn er zum Beispiel gar nicht gewinnen konnte, weil ihm
entscheidende Voraussetzungen fehlen. Das Wissen, wie er zum Ziel käme (hätte er diese
Voraussetzungen) kann er doch trotzdem haben. Und weitergeben.
Insofern ist der Verlierer vielleicht im gleichen Masse ein guter Lehrer wie der Gewinner
ein schlechter sein kann. Das beste Beispiel ist der gute Mathematiker, der aber grosse
Schwierigkeiten hat, seinen Erfolg auf seine Schüler zu übertragen, weil er zwar gut denken
aber nicht gut reden kann. Mann muss hier also trennen zwischen allen einzelnen Zielen, die
der Mensch haben kann: Denken, erklären, bewerten usw.
Fazit:
Es ist nicht möglich, pauschal zu urteilen. Beruhigend, wenn immer wieder das gleiche
Ergebnis herauskommt, oder?