Tüte
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Der Wind spielt mit einer Plastiktüte, lässt sie hinauf und hinab schweben. Sie dreht sich im Kreis, wird hoch gerissen und sinkt langsam wieder runter. Es ist eine ganz gewöhliche weiße Plastiktüte und die Wand, vor der sie ihren Tanz mit der kleinen Böhe aufführt, ist burgunderrot. Eine Stimme sagt, dass das das Schönste sei, was sie je gesehen hätte. Die Tüte setzt ihren Tanz fort. Außer der Stimme ist kein Ton zu hören. Man kann sich eine Musik vorstellen, zu der die Tüte tanzen könnte.
In einem anderen Land werden Plastiktüten nicht einfach so weggeworfen, sondern aufgehoben, gewaschen und immer wieder neu verwendet. Auf dem Marktplatz von kleinen Städten stehen Tütenverkäufer herum, die die wiederaufbereiteten Tüten weiter verkaufen, denn auf den Marktständen gibt es keine. Wenn man also vergessen hat, eine Einkaufstasche mitzunehmen, kauft man eine Tüte von den mageren jungen Männern oder den windgegerbten Frauen mittleren Alters, die sich damit ihren Lebensunterhalt verdienen. Dort würde man keine tanzenden Tüten finden. Plastiktüten sind dort ein Wert, sie werden nicht einfach so weggeworfen und dem Spiel des Windes überlassen. Selbst dieses einfache, scheinbar so unschuldige Bild einer im Wind sich drehenden Plastiktüte teilt uns mit, wo wir leben und in welchen Zusammenhängen wir uns befinden .