Synarchie
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Synarchie umschreibt die Einheit der gegensätzlichen Prinzipien, gleich, ob wir
sie nun Licht oder Finsternis, positiv oder negativ, zeugend und empfangend,
männlich oder weiblich nennen oder anders bezeichnen. Das Gefüge des
Kosmos und der Welt beruht auf dieser Bipolarität. Die Einheit wird als verloren
gegangener Urzustand erfahren.
Der Urgrund oder die Sphäre, das Endlose, das Grenzenlose, die Form des
Alten, deren Name geheiligt ist, ist eine Form, die alle Formen, das heißt alle
Spielarten der Evolution, umfaßt.
Sie ist die emanierende oder sich ausbreitende Urgottheit. Sie ist jedoch nicht
die Gottheit der Schöpfung, sondern die Gottheit im Ruhezustand, also vor
Beginn ihrer Manifestation, der Schöpfung. Sie ist Symbol des Absoluten, des
potentiellen und unmanifestierten Gottes, der Quelle des höheren Selbst und
seiner Manifestationen.
Sie trägt in sich Uridee und Urwille, das Schöpfungsprinzip, welche die
Gläubigen des Din'amul Alamut nennen, daraus sich Licht und Finsternis
abspalteten und weiter aufsplitterten (vergl. hierzu die Genesis nach der Lehre
des Din'amul).
Die Seele des Urgrundes, der Sphäre ist das legionhaft-kosmische Eins-
Wesen, vielfach auch als >Das Verhüllte<, >Das Vieltausendfältige< oder >Die
Kosmische Maske< bezeichnet. Bezeichnenderweise soll der Prophet Armurél
die Sphäre als das >magische Gesicht Alamuts< bezeichnet haben (Bericht
Tirson Resadiis, nach Azraf Ardashírs Protokoll des 23. Konzils der Illuminaten
des Südens, 1122).
Es mag hilfreich sein, sich die Sphäre als eine Art kosmisches Gespinst
vorzustellen,
>das alles durchdringt seit dem Anbeginn der Ewigkeit, das in sich das gesamte
Potential der Schöpfung enthält. Die sphärischen Bahnen des Gespinstes
verknüpfen gleich einem verwirrenden Linienspiel Jahre und Äonen, Welten und
ganze Kosmen. Sie führen das Diesseits entlang, nur durch einen Schleier von
der greifbaren Welt getrennt. Der Schleier aber bedeutet für manche
Jahrhunderte. Entlang der sphärischen Bahnen aber bewegen sich, die
Gesamtheit des Urgrundes zeitlos durchmessend, wie strahlende Funken
Seelenkeime, Facetten der Urgottheit, die, anders als die jüngeren Götter,
welche dem Licht und der Finsternis entstammen, vollkommen mit dem Urgrund
harmonieren< (Legende vom Schrein der Ewigkeit).
Über diese >Facetten< lesen wir in der kitharischen Schrift >Vielstimmiges
Gezirpe in Nourijs Garten< folgendes:
>In der jenseitigen Sphäre thronte träumend Das Vieltausendfältige und wob ein
verwirrendes Gespinst aus Seelen, indem Es Zeit und Raum, Ebenen und
Ströme verschmolz und auftrennte, aneinander reihte, übereinander schichtete
und unendlich faltete, bog und verzerrte. Splitter, Launen und Gedanken,
Erinnerungen, Visionen und Wünsche, Traumwesen, sterbliche Inkarnationen
und erhöhte Avatare Seines kosmischen Seins fügte Es zusammen, nannte
Namen, beschloß das mannigfache Schicksal der Träger dieser Namen und
wies ihnen ihren Platz in dem Göttlichen Gewebe zu. Als Es Sein Werk, welches
sich von einem Ende des Universellen Äons zum anderen erstreckte, vollendet
hatte, da umhüllte es Seine unvorstellbare Gestalt wie eine Maske, unendlich
facettiert. Und siehe, Sein Werk war gut...<
Die Vieltausendfältige Maske erscheint in dieser alten kitharischen Schrift als
gottgleiches Wesen, jedoch nicht als Schöpfer (denn er trägt ja die Gesamtheit
der Schöpfung in sich), sondern als Weber von Schicksalen. Daß aber würde
bedeuten, daß die karmischen Gesetze, denen die sphären- und
seelenwandernden Splitter unterworfen sind, von jenem Vieltausendfältigen
bestimmt werden.
Es ist nicht zu sagen, ob diese Wesenheit den kosmischen Rhythmus bestimmt
oder von ihm bestimmt wird. Mit dem Beginn der Schöpfung entfaltet es sich in
Myriaden von Seelenkeimen über alle Zeiten und Ebenen, um sich in
unendlicher Vielfalt in göttlichen, halbgöttlichen und sterblichen Wesen zu
verkörpern.
Diese Seelenkeime werden nach dem Zustand des Urgrundes, der Synarchie,
Synarchen genannt. Sie kann man sich als Androgyne vorstellen, als eine Art
geistiger Zwitter. Der Klausner vom Schrein der Ewigkeit soll, so wurde einst in
der yassamidischen Familie der Haradier überliefert, die Synarchen
folgendermaßen charakterisiert haben:
Sie sind >archaische Gottheiten mit zwei Geschlechtern, deren Wesen ewiger
Wandel ist und die in sich Myriaden kosmischer Existenzen bergen. Sie sind
gestaltgewordene Zeitlosigkeit und Aufhebung aller Gegensätze, nicht Licht,
nicht Dunkel, weder Mann noch Frau und doch alles in einem. Ihr Zeichen ist
Sonne und Mond, denn sie vereinigen das Feste wie das Wandelbare, das
Feuer wie das Wasser, das Auge wie das Ohr! Sie bewahren in sich das
Mysterium der Zeugung wie das der Geburt, und der Tod einer ihrer niederen
Erscheinungsformen ist ihnen nichts als ewiger Wandel.
Sie sind Wesen, die die jüngeren Götter fürchten und aus dem Angesicht und
dem Gedächtnis der Menschen zu verbannen suchen in der bangen Hoffnung,
auf diese Weise dem eigenen Verfall Einhalt gebieten zu können. Denn die
Götter sind Wesen, die nur zur Hälfte existieren, was ihr Wirken in der Welt
so verderblich macht.<
Und in einer anderen Quelle heißt es:
>Sie sind vervollkommnete Wesen, die einzig dem Pulsieren des Kosmos
lauschen, dem großen Herz des Alls. All ihre Gedanken schwingen im gleichen
Takt und wiegen sich mit den Sternen, ihre Körper verströmen den Duft der
Ewigen Rose, die niemals verwelkt und immer neue Blütenblätter hervorbringt.
Dies ist das Zeichen der Vollkommenheit.<
So die Worte Ben-Hamzeruds, des Autors der >Stadt der Djenûn<, der sie als
in jeder Hinsicht vollkommene Gestalten und Persönlichkeiten beschreibt. Der
Begriff der Persönlichkeit ist vielleicht ungeschickt gewählt, denn ihre
Persönlichkeit (persona = Maske) ist nicht feststehend, sie verändert sich nicht
nur mit dem Grad der räumlichen und zeitlichen Entfernung, besser
Entfremdung vom Urgrund, sondern wandelt sich auch innerhalb der Spanne
einer Inkarnation als sterbliches Wesens mit dem Fortschreiten des
Weltgeschehens, so daß jeweils die dunkle oder helle Hälfte den Vorrang
gegenüber der anderen erhalten kann, um sodann wieder der anderen zu
unterliegen.
Synarchen, bis zu einem gewissen Grad auch unterworfen karmischen
Gesetzen (je nach dem Grad ihres Energiepotentials) bewegen sich durch Zeit
und Raum ohne Hindernis, weil die Grenzen zwischen den Dimensionen für sie
nicht existieren.
Es wird sogar von ihnen gesagt, sie besäßen die Fähigkeit, den Strom der Zeit
zu spalten und zwei oder mehr Wirklichkeitsebenen zu erzeugen.
Dies mag allerdings nur für die Mächtigen unter ihnen zutreffen, die
sogenannten Erzsynarchen oder Archonten. Minder machtvolle Synarchen
hingegen bewegen sich mit dem Fluß ihres Karma von Inkarnation zu
Inkarnation in den niederen Ebenen, verkörpern sich als Götter, als Dämonen,
erleuchtete Heilige bis hin zu Wesenheiten niedrigster Gesinnung und
Intelligenz, stets aber als bemerkenswerte wie merkwürdige Existenzen, sich
stetig wandelnde Charaktere, die ansonsten in allen Ländern der Welt und allen
Schichten ihrer Bewohner zu finden sind. In mancher Hinsicht sind sie
Erleuchtete, doch nie hat man von ihnen eine in Worte gefaßte Erkenntnis oder
Weisheit vernommen, die nicht sogleich durch einen eigenen Einwand, eine
Pointe oder plötzliches Gelächter widerlegt, in Frage gestellt oder als vollkommen
lächerlich abgetan wurde.
Synarchen erscheinen als einsame Wanderer, Wahnsinnige, Heilige,
Ausgestoßene, exzentrische Künstler, Zeitwanderer, Spieler, Narren, Weise,
Meister der Maske, lebendige Symbole des Neuen Weltzeitalters, untote
Fossilien der Vorsintflut, Materieverwandler, Betrachter des Nirwana, ewig
berauschte Lebenskünstler, die einzig nach ihren eigenen ästhetischen
Ansprüchen existieren. Es scheint, als seien sie berauschte Teilnehmer eines
unfaßbaren Maskenballes, abgehobene Weltenbauer, Götter ihrer eigenen
Welten in den Gefilden ihrer Phantasie. Manchmal wandern sie in
Narrenkostümen durch das Land, manchmal habe sie den Anschein von
Räubern, Kranken, Ausgestoßenen.
Stets haftet ihnen ein Makel an, ein mehr oder weniger verborgenes Zeichen
oder Wesenszug, der sie von gewöhnlichen Sterblichen abhebt, gleich dem
Siegel eines Gottes, ein Stigma. Nach gewissen Quellen soll die linke Hand des
Propheten Armurél verkrüppelt gewesen sein (>Der heilige Berg< u.a.); andere
meinen, er wäre von Aussatz befallen und hätte sein Gesicht hinter einer
Goldenen Maske verbergen müssen.
Der Zweck ihrer Existenz ist nicht erkennbar. Sie leben im Einklang mit dem
Weltrhythmus - haben sie überhaupt einen eigenen Willen? Sie sind ewig
reinkarnierende Wesen - sind sie deshalb Verdammte oder gefallene Engel?
Sie sind Betrachter des Nirwana - soll man sie deshalb Heilige nennen? Sie sind
Chamäleons. Sie sind alles und nichts.
>Vorübergehende<, nennt sie der Klausner, >der trefflichste Ausdruck für ein
Wesen, dessen Schatten des Körper ist, gehüllt in die Lumpen der Bettler und
den Purpur der Könige.< Ihr unverhofftes Erscheinen und unauflösbares
Verschwinden verleiht ihnen den Anstrich von Geistern. Sie berichten von
Schlössern und Zitadellen in dem sandigen Meer des Erg Erír, von
geheimnisvollen, nebelhaften Inseln, von wunderbaren Schätzen und magisch
umwobenen Orten im Innern des Ewigen Eises oder von geheimnisvollen Festen
auf dem Grunde des Vulkans Pfrtlboing. Erscheinen sie unter den Sterblichen,
streift diese ein Hauch des Wunderbaren, vernehmen sie den Klang des
Urgrundes.