Steiner
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Gestern der Einschulung unseres Patenkindes aus S. beigewohnt. Der sonderbare Termin (Sonntagnachmittag!), das selbstgefilzte Federmäppchen und Lenas härenes Kleidchen hätten mich stutzig machen sollen, aber erst als wir vor dem Holzbetonschieferklotz mit den appen Ecken standen, an dessen Pforte in Veleda-Schrift die Worte 'Rudolf–Steiner–Schule' prangten, begriff ich, was gleich auf uns wartete. Ich wurde nicht enttäuscht: vorbei am Pelzkragenporträt des Doktors mit den sengenden Augen, Miniatursäulenkopien aus Dornach, pastellnen Pieten, im Strom holzperlenverketteter Mütter ging es in die Aula, wo eine mäßig luziferische Dame salbungsvolles wisperte; ganz prima war da mein Angetrauter, der die salbungsvolle Atmosphäre durch ein lautes »KÖNNTEN SIE BITTE ETWAS LAUTER SPRECHEN? WIR VERSTEHEN HIER HINTEN NICHTS!!!« mächtig ins Tanzen brachte. Die lichtfarben gewandete Eurhythmikerin vorne blieb jedoch halbwegs unbeeindruckt, und nach einem hölzernen Gleichnis über alte Männer mit Lichtern im Herzen folgte eine gnadenlose Blockflötenvorstellung der dritten Klasse - 27 dünne Flöten, die selbst Nyarlathotep tiefer in den Wahnsinn getrieben hätten. Dann die Aufrufung der Kindlein: statt Dennis, Jennifer und Kevin hießen die Kleinen Zoe, Norman und Ann–Sophie, 220 Euro Schulgeld monatlich sind auch eine Frage des guten Namens. Die Mädchen mit ihren gedrehten Schnecken und Flechtzöpfen hätten auch vor 60 Jahren eine gute Figur gemacht, bei den Knäblein war das Fehlen von Schirmmützen beachtenswert. Anderthalb Stunden hatte der Zimt schon gedauert, bis ich mich in Erinnerung unserer im Auto eingeschlossenen Hunde aus der Halle schlich, um die Fiffies dann tatsächlich in recht beklagenswertem Zustand wiederzufinden - bei 27°C helfen auch heruntergekurbelte Scheiben nichts. So kam ich erst zurück, als die I–Dötzchen bereits mit Sonnenblumen versehen sich bei Ökoschorle und gräulichem Kuchen um das 'Mittagshaus' scharten - es hatte etwas vom Grünen–Parteitag, mit einem Schuß NPD–Familienfest (Aber freundlich gelächelt haben sie alle auf das schimpansischste). Wir verabschiedeten uns dann auch recht schnell unter Hinweis auf die Gesundheit unserer Hunde, ich mit der festen Gewißheit, auch in der Zukunft dem ahrimanischen Prinzip die kritisch–mitfühlende Treue zu wahren.