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am 8.7. 2004 um 21:48:04 Uhr schrieb mcnep
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am 10.3. 2019 um 13:15:04 Uhr schrieb Christine
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am 10.10. 2007 um 15:14:23 Uhr schrieb dietero über Show
am 27.3. 2007 um 22:01:19 Uhr schrieb derC über Show
am 17.7. 2010 um 13:38:08 Uhr schrieb Saphira über Show
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wuming schrieb am 23.7. 2010 um 18:54:06 Uhr zu
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demokratisierung von guantanamo
ProSieben-Foltershow
Im Verdauungstrakt des Privatfernsehens
Von Christian Buß
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ProSiebenBei Viva gefeuert? Bei Bohlen rausgeflogen? Beim »Playboy« abgehakt? Dann bleibt immer noch die Show »Solitary«, bei der ab diesem Samstag neun abgehalfterte Medienarbeiter bei peinigenden Übungen in Gefängniszellen ihr Comeback ankurbeln wollen: Isolationshaft als Karrierekick.
Das Fernsehen hat sie eigentlich schon ausgespuckt, nun verschlingt es sie doch noch ein letztes Mal mit Haut und Haaren. Ob Playmate oder Wrestler, ob Soap-Sternchen oder Casting-Opfer: Was die Beteiligten von »Solitary« eint, ist die Tatsache, dass die Spotlights um sie schon lange ausgegangen sind. Aus dem toten Winkel, wie verlockend, geht es nun direkt zurück ins Zentrum der Aufmerksamkeit.
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Nachdem RTL mit »Ich bin ein Star - holt mich hier raus« regelmäßig gute Quoten eingefahren hat, entdeckt nun auch ProSieben im großen Stil das personelle Wiederkäuen: Für die neue Sommer-Show werden neun Ex-Promis aus den unteren Unterhaltungssegmenten in den ProSieben-Schlund geworfen. Willkommen im Verdauungstrakt des deutschen Privatfernsehens.
Ja, eng ist es hier, Klaustrophobiker sind fehl am Platz. Aber für zehn Tage eingeschlossen in eine Acht-Quadratmeter-Kapsel, das heißt im besten Falle zehn mal 90 Minuten Prime-Time-Aufmerksamkeit. Der Preis dafür ist allerdings hoch: Zu ertragen sind Isolationshaft, Lärmterror und brachiale Bussis vom ProSieben-Ungetüm Sonya Kraus, die hier nach »Crazy Competion« gleich mit ihrem zweiten Großprojekt an den Start geht.
Einige der zu absolvierenden Übungen lassen sich durchaus als Verletzungen der Genfer Konventionen werten, doch keine Sorge, der Tabubruch wird weich abgefedert. Ein Psychologe wacht darüber, dass keiner der Kandidaten überfordert ist.
Mann-Stehen und Imagewandel-Ambitionen
Aber eben darum, um die Selbstüberforderung und -überwindung, geht es den hier vertretenen Fernsehfiguren nach eigenen Angaben ja gerade: Das blonde Nacktmodel Doreen Seidel (»Miss Mai 2008«) will zeigen, dass es nicht dumm und schwach ist. Der ewig tränenfeuchte Sänger Benny Kieckhäben (kam bei »Deutschland sucht den Superstar« 2009 bis zur sechsten Mottoshow) möchte beweisen, dass er seinen Mann stehen kann.
Nur der Soap-Darsteller Kai Böger (spielte bis 2005 einen schwulen Arzt bei »Verbotene Liebe«) macht keinen Hehl daraus, dass er die Reality-Show als Chance zum Wiedereinstieg in den Medienbetrieb sieht: Er habe gerade ein paar neue Projekte in der Mache, ein wenig Werbung könne nicht schaden. Da läuft es allerdings seinen Imagewandel-Ambitionen entgegen, dass ihn Sonya Kraus für den Rest der ersten »Solitary«-Folge an diesem Samstag nur noch den »schwulen Arzt« nennt.
Die Texter von ProSieben haben ihren Job mal wieder sehr einfältig verrichtet. Das fällt umso mehr auf, wenn man dieses schon im vergangenen Jahr runtergedrehte, ziemlich ungelenk vorproduzierte und nun das Sommerloch füllende »Sozialexperiment« eben mit dem »Dschungelcamp« vergleicht: Wo bei der RTL-Konkurrenz zu den zärtlich-sadistischen Einlassungen Sonja Zietlows und Dirk Bachs die Unterhaltungszombies von Live-Sendung zu Live-Sendung zu überraschendem Leben und zu überraschenden Charakterwendungen auflaufen, da kommentiert Kraus kichernd nur das Naheliegende. Klar, das »Weichei« Kieckhäben ist der Erste, der den Abgang macht.
Alle anderen harren erstmal aus in ihren sechseckigen Kapseln, die bei aller futuristischen Aufmachung an traditionelle Peepshow-Innenkammern erinnern. Passt ja auch, alle Welt schaut den Kandidaten bei intimen Verrichtungen zu, die aber können nicht rausschauen.
Alle Kriterien eines inhumanen Strafvollzugs
Denn der Clou bei »Solitary« - abgekupfert bei der gleichnamigen Show des US-Senders Fox, von der man auch die Kulissen recycelt hat - soll sein: Die Teilnehmer wissen nicht, was in der Außenwelt oder den Nachbarkabinen vor sich geht. Haben vielleicht schon alle anderen aufgegeben, während man sich selbst noch demütigenden Prozeduren hingibt? Informationen gibt es keine, nur Imperative. Und die kommen aus der Lautsprecherbox von einer Computerstimme namens »Alice« - die allerdings sehr viel menschlicher klingt als die der Moderationsreplikantin Kraus.
ANZEIGEInsgesamt erfüllt »Solitary« also alle Kriterien eines inhumanen Strafvollzugs: Man demütigt die Show-Insassen mit lächerlichen Übungen (Hampelmann), hält sie in Isolationshaft (eine Minitoilette ist an die Kapsel angeschlossen) und beschallt sie schon mal die ganze Nacht über mit ein- und demselben Lied (David Hasselhoffs »Looking for Freedom«). Den Vergleich mit dem Gefangenencamp Guantanamo - haha - haben die Texter denn natürlich selbst auf Sonya Kraus' Teleprompter diktiert.
Obwohl dieser Vergleich hinkt: Hamburg und Rheinland-Pfalz werden demnächst ja zwei Guantanamo-Häftlinge aufnehmen und ihnen bei der Resozialisierung helfen. Dem Gewinner von »Solitary« steht leider kein solch hoffnungsfroher Wiedereinstieg bevor. Wenn er Glück hat, bekommt er noch mal einen Aufritt in irgendeiner ProSieben-Dokusoap und bleibt auf diese Weise im Verwertungs- und Verdauungskreislauf des Senders hängen.
Und das ist die wahre Terrorvision: auf ewig gefangen zu sein im Enddarm von ProSieben.
»Solitary - Besieg dich selbst«, samstags 20.15 Uhr, ProSieben