Schlange
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schlangenpost
»nein« sagt die schnecke und schwenkte ihre augen, um ihrer meinung mehr nachdruck zu verleihen. des mitdenfüßenstampfens und türhintersichzuknallens war sie nicht mächtig, da sie weder ein stand- zwecks rascher, geräuscherzeugender bewegung des spielbeins noch eine tür besaß. sie schwenkte also die augen zum »nein«.
»es ist diskriminierend. es verursacht vorurteile. es begünstigt artenhass. es... « ihr haus lief rot an vor lauter erregung, in die sie sich hineinredete.
»ich kündige!« und diesmal fehlte es ihrer gebärdensprache nicht an effektivität denn sie zog sich in ihr haus zurück und war somit einfach nicht mehr anwesend.
dem schreiberling muß nun eine gewisse reaktionszeit eingeräumt werden, die sich aus hörzeit, verstehzeit und mundaufmachzeit zusammensetzt. nun hatte der schreiberling also den mund aufgemacht und... sagte erst einmal garnichts.
»aber...« hörte die schnecke gedämpft durch etliche tragende windungen »aber...«
sie schien am gewinnen zu sein und das begeisterte das von natur aus benachteiligte geschöpf natürlich sehr. doch es sollte anders kommen. es kam schnell, lautlos und mit häßlichen siebziger-jahre-grünen sprenkeln auf grauem grund. es war die schlange.
»ffie will alffo ihren tffob nicht mehr« säuselte sie (sie war eine beschwörer-vetranin und hatte ihre zähne eingebüßt, was ihre sprache ein wenig veränderte aber keinesfalls ungefährlicher machte)
der schreiberling reagierte diesmal schneller: »sie hat gekündigt...«
»daff darf doch nicht wahr ffein!« miezte die schlange, denn gesäuselt hatte sie ja schon im letzten satz.
»gibt eff denn eigentlich ein arbeitffrecht für metaphern?«
der schreiberling seufzte » ich kenn mich da nicht so aus, weiß du... ich bin künstler, verstehst du, KÜNSTLER. Künstlern... « - und er fuhr sich mit einer sehr künstlerhaft gekünstelten geste durch das künstlich geschwärzte haar - »Künstlern bedeutet das doch nichts - arbeitsrecht« verächtlich spuckte er das wort aufs papier.
»das ist das metier...« wieder machte er eine pause von einigen punkten und schaute sich beifallheischend ob seines fremdwortwissens zwischen den zeilen um »das metier der toten masse. ich bin der lebendige, pulsierende...« die schlange zeigte sich dermaßen provozierend unbeeindruckt, daß die schnecke auf ihrem lauschposten schon hoffte, der schreiberling würde diese, diese... diese schlange einfach rauswerfen aus dem buch oder so. es war nämlich höchst unratsam des schreiberlings interpunktationskünste zu ignoerieren und ihn auf dem weg zu einem weitern semikolon oder gedankenstrich aufzuhalten. aber nix. die schlange durfte bleiben und wurde nicht von einem plötzlich vom himmel fallenden tiefgekühlten fischstäbchen erschlagen...
»und wie, wie gedenkfft du nun >>eine briefffufftellung die ffo lange dauert, daff ffich die vermutung aufdrängt, vorliegendeff epifftel wurde von einem ffalentier auffgeliefert<< ffu umffreiben?«
»schlange... wer hat dir nur diesen gräßlichen akzent angedichtet...« »ffitfft vor dem computer und tippt ffich blöde ffu irgendwelchen affofiaffionfwörtern.« »kann man da nicht irgendwas machen, dentalkorrektur oder so? na egal. ich weiß nicht, wie ich die ... verdammt die ... die >>langsame post<< jetzt umschreiben soll, schlange.« die schnecke nickte, soweit in ihrem haus möglich, zufrieden mit den augen. ihre kündigung hatte bereits wirkung gezeigt. jetzt würde alles gut werden und das >>böse wort<< würde endlich aus ihrem buchkosmos gestrichen.
»du ffreiberling...« »ja, schlange?« »wie du weifft, habe ich im moment keine beffonderff glückliche poffiffion in dieffem buch...« »ja? und?« »ich könnte evenuell... alffo eventuell könnte ich auch, könnte ich auch pofft aufftragen, in der geffwindigkeit dieffeff tiereff, natürlich« und sie zeigte mit der schwanzspitze auf das schneckenhaus. »so, könntest du...« der künstler überlegte. aber nicht lange, denn künstler sind impulsiv. dann griff er zur feder und schrieb zügig ein paar zeilen hin. die schlange nahm und las befriedigt: hiermit nehme ich frau schlange unter vertrag, die karenzvertretung einer mitarbeiterin zu übernehmen (er hoffte immer noch auf einen sinneswandel der schnecke). unterschrieben: ich (auftraggeber) und fflange.
während sich der roman im schlangentempo dem ende näherte, belieferte die leute im märchenland die schlangenpost. und alle waren zufrieden und lebten--- na, ihr wißt schon. nur die schnecke fristet sich als arbeitslose ein ungelesenes dasein im vorwort des werkes...