Ostdeutsche
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Ostdeutscher zum Westdeutschen: Wir sind ein Volk.
Westdeutscher: Wir auch.
Geht auch andersrum. Ich finde dieses ganze Geschrei widerwärtig. Das ist ja fast wie Rassismus: »Scheiß Wessi!«, »Blöder Ossi!« Als würden diese Begriffe irgend etwas über einen Menschen aussagen. Schubladendenken nennt man so etwas. Aber die Deutschen lieben das, weil sie Vorurteile Urteilen vorziehen. Sie sagen »Neger«, »Itaker«, »Japse«, »Fitschi«, »Ami«, »Kanibale«, »Wilder« etc.
Und schon wird in den Köpfen sortiert. »Wessi?« Aha: arrogant, Klugscheißer, Schwätzer...
»Ossi?« Aha: beschränkt, häßliche Sprache, verstockt, inkompetent...
Das führt zu nichts. Der einzelne Mensch ist ein Individuum, ist absolut einzigartig. Aber wahrscheinlich kann man das den Leuten gar nicht verklickern, weil ja schon das Benotungssystem im Bildungswesen mit diesem Schubladendenken funktioniert. Intelligenzquotient: Das gleiche.
Um einen Menschen beurteilen zu können, muß man sich intensiv mit seiner Biographie, mit seinen Gedanken, Träumen, Gefühlen, Wünschen auseinandersetzen, muß mit ihm arbeiten, mit ihm Gespräche führen seine Umwelt zur eigenen Umwelt machen. Das Urteil, das dabei heranreift, trifft auch nie vollkommen zu, aber es ist jedenfalls präziser, als nach Schubladenprinzip zu sagen: Ossi, Note 2,8, einmeterfünfunsechzig: Kann nur ein Idiot sein.
Das Schubladenprinzip ist auf jeden Fall wesentlich unkomplizierter. Da ist schon von der breiten Masse ein Maß vorgegeben (welches zwar auch nur aus Vorurteilen besteht, aber darüber kann man ja großzügig hinwegsehen).