Liquidationsdefensive schrieb am 4.12. 2003 um 19:14:39 Uhr zu
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Ja, der Müllmann kommt morgens zu seinem Betriebshof und ruft, »ah, erstmal ein Kaffee, aber schnell« und dann geht er zu seinem zuständigen Disponenten im Leitstand, »hoho, heute wie immer? Hausmüll, komprimiert, zwölf Tonnen, zwei Fahrten am Tag?« »Nein«, ruft der Disponent, »heute, ja heute gilt es nachmittags einen Baucontainer abzuholen!« »Was???«, schreit der Müllmann aus, »was für ein Tag! Ein Baucontainer mit Schrott und allem drum und dran? Eben lag ich noch im Bett und erwartete einen Tag wie jeden anderen, Hausmüll bis zum Abwinken, schön komprimiert zwar, aber eben Hausmüll wie immer. Und nun? Nun das! Ein Baucontainer mit Schutt und Schrott und allem, was dazu gehört!« »Ja, aber erst nachmittags, heute morgen fährst Du Hausmüll wie immer«, ruft der Disponent. Und der Müllmann ist ein Glückspilz, dem heute der Hausmüll nichts anhaben kann, so sehr treibt ihn der Baucontainer in eine Hochstimmung. Darum fährt er pfeifend los und von Haus zu Haus und dockt am Bordstein an wie ein Hochseekapitän, der alte Fuchs, und manövriert sein Gefährt mit Feingefühl neben die Hausmülltonnen - er hat nämlich Seitenbeladung und Einmannbesatzung - und dann rührt er virtuos an seinem Joystick und ruckelt die Tonnenzange hin und her und vor und zurück, die endlich dank optischer Sensoren und Futzi und Logik der Tonne habhaft wird und zack, Hebel um, Tonne hoch und gewendet und weg mit dem Mist in den Wagen und in die Kompresse, dass es eine Freude ist, und aus Übermut und guter Laune dreht der Müllmann die Tonne zurück und lässt sie aus einem halben Meter zurück auf das Bürgerbord krachen, »mein Müllwagen ist sowieso laut, da ist die krachende Tonne egal«, denkt er sich und grüßt lachend Kind und Nachbar und ruft schallend hinaus aus seiner Kombüse mit Joystick: »ich mach heute nen Baucontainer«, dass alle nur lachen und sich freuen müssen. Das geht rasend durch die Häuserblöcke, Hausmülltonnendurchschnittszeit auf unter zwanzig Sekunden Rekordzeit getrieben, und endlich geht die rote Lampe an, »Karre voll«, ab zur Deponie über die Schnellstraße und nichts wie weg mit dem Gewürg und wieder auf die Schnellstraße zum Betriebshof, denn nun ist es soweit, der Nachmittag ist da, die Nachmittagstour, ja der Baucontainer! »Die Abholadresse!«, tritt er dem Leitstanddisponenten erwartungsvoll entgegen. »Hier«, antwortet der und drückt ihm einen Zettel in die Hand, auf den der Müllmann einen Blick wirft und die Augen staunend aufreißt, ihn in die Tasche steckt und sich die Hände reibt und eilig den Flur entlang zum Hof läuft, kaum kann er den Beginn der Fahrt erwarten, und dabei immer mit einer Mischung aus Lachen und ehrfüchtigem Respekt vor sich her flüstert: »Das muss ja ein Mordsding von Container sein, einfach ein Mordsding.«