Einige überdurchschnittlich positiv bewertete
Assoziationen zu »Grab«
Heynz Hyrnrysz schrieb am 7.6. 2000 um 23:04:49 Uhr zu
Bewertung: 4 Punkt(e)
Am Weihnachtsabend, ungefähr zwei Stunden vor der Bescherung, verließen alle noch einmal das Haus. Keti hatte vergessen, die Schuhe zu wechseln, und lief in ihren ausgeschnittenen Halbschuhen neben den anderen her. In Wirklichkeit konnte sie es nicht ertragen, die unpassenden schweren Stiefel zu dem guten Kleid zu tragen, das sie schon angezogen hatte. Die ausgeschnittenen Schuhe gaben ihrem Gang etwas Beschwingtes. Mit immer kälter werdenden Füßen hüpfte sie dem Friedhof entgegen, um die toten Verwandten zu besuchen.
Viele Gräber lagen, mit Fichtenzweigen gegen den Frost geschützt, schon in der Dunkelheit dieses besonderen Abends. Einige waren fast wie Betten hergerichtet, in denen Keti sich die bewegungslosen stillen Schläfer vorstellte. Hinter den Grabsteinen stand die fahle, beleuchtete Stadt. Alle Farben hatte sie in sich aufgesogen. Ihre Erscheinung war milchig und zaghaft wie an keinem anderen Tag und jeden Moment bereit zu verlöschen. Einige Gräber umgab eine schwarze Grotte aus Zypressen, so daß kaum ein Lichtstrahl sie berührte. Über den nicht abgedeckten Gräbern bildeten Schnee und Moosklumpen eine schmutzige Kruste.
Christa Estenfeld, »Die Menschenfresserin«
ErwinD. schrieb am 5.5. 2001 um 09:21:04 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Fett zu sein und sich dennoch wohl zu fühlen gilt in Kalifornien als verrückt, vielleicht gar subversiv. fatso, der
Online-Ableger einer Zeitschrift aus San Francisco, ermutigt nicht nur Dicke, ihre Körperfülle selbstbewußt zu
tragen, sondern offeriert im Internet eine Galerie unterschiedlichster Ärsche, nicht immer schön, aber alle
markant und individuell.
Eher künstlerische Ärsche enthält die wohl
größte deutsche Arschsammlung im Netz,
sie bietet eher ein ästhetisches und
weniger ein sexuelles Vergnügen.
Schönheitsoperationen der besonderen Art
offeriert »Vaginoplasty« . Die
us-amerikanische Klinik repariert nicht nur
vorzeitig gerissene Jungfernhäutchen, sondern korrigiert jeden äußeren Teil der weiblichen Geschlechtsorgane,
z. B. hängende Schamlippen. Eine Modellvagina lädt Besucherinnen zur Entdeckung eigener Überschüsse
oder Defizite ein.
Doch Vorsicht, Schönheitsoperationen blenden nur für kurze Zeit, bis die malträtrierte Natur um so
erbarmungsloser zurückschlägt. Das einst für 20000 DM geliftete Gesicht ähnelt früher oder später
Schrumpfköpfen. Wer will, kann in diesem Fall seinen Frust bei »mir reichts« ins Netz brüllen. Doch längst nicht
alle der (bis zum 16.12.99) 168 Einträge stammen von frustrierten Kotzbrocken, in den verschiedenen Rubriken
finden sich auch durchaus bedenkenswerte gesellschaftskritische Anmerkungen.
Das eigene Image über den Tod hinaus lässt sich preiswert in unzähligen virtuellen Gedenkstätten pflegen.
Memopolis z. B. bietet seinen Kunden schon zu Lebzeiten an, Lebenszeichen (bis hin zu einer Dissertation) ins
Netz zu stellen zum ewigen Ruhm. Zu befürchten freilich ist, dass einige der zahlreichen virtuellen Friedhöfe
kaum das gegenwärtige Jahr überdauern werden. Obwohl bei »Ewiges Leben« eine Textseite mit Bild nur DM
50 kostet, zieren bislang nur 5 Verblichene den Computerhain, das letzte Update fand im Januar 98 statt.
Teurer, aber Dank üppigen Naturkitsches erfolgreicher ist die »Hall of Memory«, die für eine 30jährige
Verweildauer auf ihrer Festplatte DM 398 verlangt. »Ewige Flamme« heißt ein amerikanischer Anbieter, dessen
Preisliste (die individuelle Seite für 100 $, 30 Sekunden Ton dazu 50$) sehr viel auffälliger ist, als es die
Nachrufe sind. Einige Internetfriedhöfe bieten ihren Besuchern an, virtuelle Blumen (»World Wide Cemetery«)
oder sogar Kerzen (»Internet Memorials«) abzulegen. Doch scheinen die Geschäfte auch in diesem
E-Business-Bereich nicht sonderlich gut zu laufen. Trotz niedrigster Preise von 20$ für 25-30 Worte des
Gedenkens würde für alle in den »Eternal Monuments« Ruhenden die Speicherkapazität eines
Taschenrechners ausreichen. Die Zahl der Besucher dieser Gedenkstätte belief sich in vier Jahren auf 9107.
Das Friedhofsurfen wirklich wert sind die seit 1996 existierenden »Virtual Memorials«, begegnet in ihnen doch
der Besucher mehr als nur Namen, Geburts- und Todesdaten und dem Gesülze der untröstlichen
Hinterbliebenen. Hier wird echte Tragik geboten, z. B. im Fall einer 17jährigen Schülerin, die es leichtfertig
vorzog, sich nicht mit ihren Kameradinnen zu Fuß, sondern mit einem (namentlich genannten) Jungen im Auto
zum geliebten Softballspiel zu begeben. In unverantwortlicher Raserei verursachte er im März 98 den Unfall, der
dem reizenden Mädel (2 Fotos) das Leben raubte.
Die erschütterndste Trauer freilich, die lyrischste Verzweiflung, die abgründigste Liebe im Cybertotenreich gilt
keinem Menschen, sondern der Duchess Nicolett Pacesetter, einem Köter, dessen in "The Golden Bone Hall of
Honour" gedacht werden kann. Zwar ist der Hundefriedhof selbst wegen Arbeitsüberlastung seiner Betreiber
geschlossen, doch allein schon das empfohlene Gebete eines Hundes zu seinem Gott, also zu Frauchen oder
Herrchen, vermittelt mehr Einsicht in Religiosität als ein ganzes Theologiestudium.
Von all dem kitschigen Wahn kann man sich auf das Vortrefflichste erholen im »Pullus Tamagotchi Cemetery«.
Auf kleinen Gedenktäfelchen wird in diesem am 18.5.97 eröffneten und bereits am 9.10.97 wegen Überfüllung
geschlossenen Tamagotchifriedhof an hunderte, darunter auch einige in deutschem Besitz gewesene
elektronische Quälgeister erinnert, zumeist wohltuend unsentimental:
»Du warst das Geschenk meiner Schwester. Ich weiß nicht, wen ich mehr vermissen werde.«
»Du warst nicht stoßfest, du warst nicht wasserdicht, du warst lästig.«
»Happy Epilepie! Du warst ein starker Kumpel. Leider wusste das der Hund nicht!«
»Lang war sein Leben. Groß war sein Hunger. Schnell war sein Tod.«
»Ruhe in Frieden, aber bitte, stirb nicht noch einmal.«
Chritian schrieb am 1.10. 2000 um 23:04:55 Uhr zu
Bewertung: 5 Punkt(e)
Auf dem Friedhof
sehe ich Gräber,
schön geflegt
mit Blumen und Sträuchern.
Lasst mein Grab
verwildern
und gebt mir zu
Lebzeiten die Blumen!
GlooM 2oo1 schrieb am 11.5. 2001 um 18:27:08 Uhr zu
Bewertung: 1 Punkt(e)
Richtige Gräber mit Grabsteinen auf Friedhöfen und so kann man meiner Meinung nach in der heutigen Zeit vergessen. Nach 25 Jahren muss man die eh wieder weg machen.
Ich würde gerne unter einem Baum begraben werden. So könnte ich in ihm weiterwachsen, romantisch gesehen... Aber das ist in Deutschland gar nicht zulässig, glaube ich.
In England darf man die Toten (oder vielleicht auch nur ihre Asche, das weiß ich nicht genau) im eigenen Garten begraben. Meine Großtante und mein Großonkel leben dort. Sie wohnen in einem Haus, dass sie von dessen Vorbesitzerin (einer guten Freundin) bekommen haben, nachdem sie ihr versprochen hatten, ihr ihren letzten Willen zu erfüllen und sie in ihrem Garten zu begraben, bzw. sich um das Grab zu kümmern. Und dort liegt sie jetzt unter der Erde und über ihr auf der Erde ist ein Stein in Form einer Vogeltränke gesetzt worden und um diese Tränke herum wachsen Bäume und Blumen und Gras. Gefällt mir wirklich gut.
Na ja, das alles ist wahrscheinlich Schall und Rauch, wenn man erst mal tot ist und kann einem dann egal sein. Aber für die »Hinterbliebenen« ist es doch schön, einen solchen Ort haben zu können, an dem man sich erinnern kann, anstatt eines dieser Reihengräber.
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