BAföG
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Nun habe ich endlich das Grundstudium abgeschlossen. Ich studiere Übersetzen. Eine meiner Arbeitssprachen ist Arabisch. Da ich es nicht geschafft habe, nach zwei Jahren die Sprache so gut zu beherrschen, dass ich Zeitungstexte mühelos übersetzen konnte, hat mir das Amt den Hahn zu gedreht. Keiner von uns war nach zwei Jahren in der Lage, Zeitungstexte mühelos zu übersetzen. Es hat bei allen DREI Jahre gedauert.
Wir studieren Übersetzen, aber es gibt keine Übersetzungskurse! Ihre beschissenen Bachelor-Studiengänge können sie sich in den Arsch schieben. Die können nach zwei Jahren nämlich genauso gut aus dem Arabischen übersetzen wie wir: also gar nicht!
Jetzt habe ich wieder einen BAföG-Antrag gestellt und alle angeforderten Unterlagen fristgerecht eingereicht. Der Antrag wurde abgelehnt - mit der Begründung, ich hätte den Leistungsnachweis für das siebente Semester nicht beigefügt. Erstens wurde mir nicht mitgeteilt, dass ich einen solchen Leistungsnachweis einschicken soll; zweitens gibt es keinen Leistungsnachweis speziell für das siebte Semester; drittens studiere ich nicht BAföG-Wissenschaften und viertens liegt ein solcher Schein in meiner Schublade.
Ich werde Widerspruch einlegen. Und ich werde mich beschweren. Allmählich habe ich keine Lust mehr. Anderen geht es ähnlich. Ich bin das letzte Kind aus der Gosse, dass studiert. Alle anderen sind Lehrerkinder oder Arztkinder oder Anwaltkinder oder, oder, oder... meine Eltern sind beide arbeitslos und können mein Studium nicht finanzieren. Die anderen Kinder aus der Gosse haben längst das Handtuch geworfen. Dass ich außergewöhnlich begabt bin, beweist jeder beschissene IQ-Test: um die 140 im verbalen Bereich. Nun ist Schluss! Sollen sie doch sehen, wo sie bleiben. Ich werde das Studium schmeißen und Sozialhilfe beantragen. Es gibt sicher ein paar Russen, Rumänen oder Polen, die nicht im Geringsten qualifiziert sind und Aufträge für ein Viertel des Lohnes erledigen, den ich später nehmen müsste.
Ich habe im Augenblick keine Lust mehr, mir den Arsch abzulernen, mir vorzukommen wie ein unfähiger Schmarotzer und immer noch kein eigenes Geld zu verdienen. Ich habe auch keine Lust mehr, mich ständig zu rechtfertigen, ständig irgendwelche Leistungen zu erbringen, deren Wert andere Leute gar nicht einschätzen können. Ich habe keine Lust mehr. Ich habe - verdammt noch mal - gar keine Lust mehr.