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wuming schrieb am 6.5. 2003 um 02:50:08 Uhr über

Empire

Hardt/Negris methodischer Kern - die Machtergreifung des Fürsten

Das Wort zur Methode gehört an den Anfang. Aus ihren Literaturangaben lassen H/N erkennen, dass sie mit den Problemen der Methode voll vertraut sind. Haben sie die Frage danach schlicht vergessen? Statt Fragen der Methode an den Anfang zu stellen, um ihre Erkenntnis- und Sclilussverfaliren naclivollzielibar, überprütbar und diskutierbar zu machen (wie etwa Marx es exernplariscli im Einleitungskapitel der »Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie« getan hat), prägen sie vom ersten Kapitel an den Blick von oben aus der Perspektive des Empire auf (genauer dazu Kapitel. X). Erst nach und nach speisen sie, en passant und unsystematisch, Einstellungen zur Methode und Organisation ihrer Perspektive ein, unhinterfragt und in ungeklärter philosophisclier Begriftliclikeit. Negri ist ein geschulter Linker, mit allen rhetorischen Wassem gewaschen, Hardt vielleicht eine Scliattierung plumper. Die Vorgeliensweise hat ihren rhetorischen Grund: sie schleift die Perspektive von oben ein, sie übt sie ein, ohne sie zunächst der Nachfrage auszusetzen.
Schließlich dann, nach 70 Seiten rhetorischen Einübung in die Perspektive von Empire und Biomacht, wenn man schon fürchtet, man müsse sich auch noch den methodischen Ansatz »kreuz und quer, von hinten nach vorne« zusammenklauben, überrasclit uns plötzlich ein Blick auf des Pudels Kern. In unklare Sprache verliüllt zwar, aber doch erkennbar, wenn man sich wieder die Mühe macht, den Zitaten nachzugehen, geben H/N ein grundsätzliches methodisches Bekenntnis zur postmodemen Herrenperspektive ab. Unter der Überschrift »Politisches Manifest« heißt es hier kursiv herausgehoben:
»Die Postmoderne verlangt das »Ende der Geschichte@, doch dergestalt, dass paradoxerweise alle Kräfte der Menschheit dazu aufgerufen werden, zur globalen Reproduktion der Arbeit, der Gesellschaft und des Lebens beizutragen. (..) Wie bisst sich in dieser Situation ein revolutionärerpolitischer Diskurs von neuem in Gang bringen? (..) Die Prinzipien aus dem Manifest Machiavellis hingegen scheinen aus postmoderner Sicht erneut zeitgemäß. Die Analogie zu Machiavelli ein wenig strapazierend, könnte man das Problem soformulieren: Wie kann produktive Arbeit, zerstreut in mannigfaltigen Netzwerken, einen Mittelpunktfinden? Wie kann die materielle undimmaterielle Produktion der Hirne undkörper dermenge ver-

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nülftig werden und eine Richtung nehmen, genauer, wie kann das Bemühen, die Distanz zwischen der sich zum Subjekt organisierenden Menge und der Konstitution eines demokratischen politischen Dispositivs zu überbrücken, seinen Fürstenfinden?" (77f)
Wieso? fragen wir verblüfft. Bringt nicht das Subjekt sich und seine gesellschaftlichen Qualitäten in der Konfrontation mit der inwertsetzenden Gewalt selbst hervor? Wozu braucht sie den Diskurs, den H/N in Gang bringen? Und dann noch ausgerechnet einen Fürsten? Wer ist der Fürst, und was soll er machen? Wir müssen dem genauer nachgehen.

Althussers Machiavelli - Ein Fürst fürs »Empire«

Der Fürst ist »Der Fürst« (11 Principe), den Niccolö Macliiavelli im Jahre 1513 aus seinem umfassenderen Werk »Discorsi« zur besonderenverwendung lierauslöste»' - Er enthält (wie große Teile der »Discorsi« auch) eine aus der eigenen Erfahrung, Zeitgeschichte und historischen Überlieferungen gewonnene Lelire zum effizienten Maclitgewinn und Machterlialt für den Gebrauch des postfeudalen absoluten Machthabers seiner Zeit. Dieser stellte das historische Reifeprodukt eines neuen Typus des Warlords« dar, wie er sich in ganz Italien aus den Prozessen des Zusammenbruchs der feudalen Ordnung und Produktionsformen, unter den Impulsen frülikapitalistisclier Ausbeutung und als Subsumtionsinstrument gegen die ländliclie Armutsbevölkerung, als Bandenführer, Condottieri etc. zu höchster Macht entfesseite, wie etwa die Sforza in Mailand. Machiavelli schrieb sein Lehrbuch für Lorenzo de' Medici, der 1512 die Macht der Medici über Florenz wieder hergestellt hatte, auch in der Hoffnung auf einen Regierungsjob, wie er in seiner Widmung freimütig bekennt. Machiavelli selbst hatte sich als LeiterSekretär«) des florentinischen Kriegs- und Außenministeriums (»zweite Kanzlei«) schon mit 29 Jahren im Machtgefüge der Stadt Florenz etabliert, Pisa erobert und für weitere Verwendung empfohlen. Zum Leitbild seines »Fiirsten« erklärte er die Charaktereigenschaften und Handlungsprinzipien des ge-

40 Hier zit. nach N. Maciavelli, 11 Pricipe/Der Fürst (lt. Dt.), Stuttgart 1986; ders., Discorsi, Frankfurt/M. 2000
4 1 Zur wiederkehrenden warlordisierung als Triebkraft des Umbruchs zuletzt H. Münkler, Das Ende des klassischen Kriegs, NZZ 14.9.02.


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