reingelaufen
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Es war an einem Freitag. Tom hatte frei genommen, um sich vom momentanen Arbeitsstress ein bisschen zu erholen. Was gibt es da besseres, als in Gummistiefeln durch die Natur zu stapfen.
Tom ging früh los, denn er wollte ein Waldstück näher erkunden. Ausser ein paar Pfützen und einem Bach, der sehr wenig Wasser hatte, war gummistiefelmässig gar nichts los. Als Tom ein Waldsträsschen überqueren wollte, hörte er Motorengeräusche. Auf der anderen Seite angekommen, fuhr auch schon ein Lastwagen vorbei. ”Wo fährt denn der hin?” fragte er sich. Er beschloss dem Lastwagen zu folgen. Es dauerte nicht lange und die Motorengeräusche wurden wieder lauter. Der Lastwagen war in eine kleine Kiesgrube im Wald abgebogen. Tom ging ebenfalls Richtung Kiesgrube.
Hinter der nächsten Kurve sah er dann die Bescherung: der Lastwagen sass in einer grossen Schlammpfütze fest. Der Schlamm reichte bis zu den Achsen und die Räder drehten nur noch durch und gruben sich immer weiter ein. Auf trockenem Boden näherte er sich der Fahrerkabine. Als ihn der Fahrer sah, ging der Motor aus und die Türe wurde geöffnet.Eine hübsche junge Frau in einem blauen Overall und Cowboystiefeln sass hinter dem Steuer. Tom war schon ein bisschen überrascht, eine so zierliche Person im Lastwagen anzutreffen. ”Was ist geschehen?” fragte er. ”Ich muss die Ladung, Aushubmaterial eines Schlammsammelbeckens vom Bach dort vorne, hier deponieren. Ich dachte, das sei nur eine Pfütze und ich kann mit meinem Lastwagen problemlos durchfahren. Nun hat es sich allerdings als ausgewachsenes Schlammloch entpuppt. - Jetzt sitze ich fest und die Karre bewegt sich weder vor noch zurück!” erzählte sie Tom. ”Sieht nicht gut aus” bemerkte er. ”Ich muss mir die Sache auch einmal aus einem anderen Blickwinkel ansehen. Meine Cowboystiefel sind mir allerdings zu schade um in den Schlamm zu stehen” sagte sie. ”Hinter der Fahrerkabine hat es eine Box - dort drin habe ich ein Paar Gummistiefel. Könntest Du mir sie nicht bringen?” bat sie Tom.
Tom ging auf den Lastwagen zu. Das schlammige Wasser reichte ihm fast bis zu den oberen Stiefelrändern und der Untergrund schien auch nicht sehr fest zu sein. Bei jedem Schritt schien der Boden nachzugeben und er drohte einzusinken. Tom öffnete die Box und sah darin ein Paar schwarze, aussergewöhnlich hohe Stiefel. ”Das sind aber auch nicht unbedingt Bauarbeiter-Stiefel” rutschte es Tom heraus. ”Die brauche ich ja teilweise auch noch für andere Sachen ...” zwinkerte sie ihm zu. Tom nahm die Stiefel raus und brachte sie nach vorne. Unterdessen hatte sie die Cowboystiefel ausgezogen. ”Die Strümpfe muss ich auch noch ausziehen, denn die Gummistiefel haben bereits einen eigenen Geschmack ...” murmelte sie und schlüpfte barfuss in ihre Gummistiefel. Bei diesem Anblick lief Tom ein kribbeln den Rücken hinunter...
Und tatsächlich, die Gummistiefel reichten ihr eine handbreit über das Knie. Erst als das kalte Wasser langsam in seine Stiefel rann, bemerkte Tom, dass er immer mehr im Schlamm versunken ist. Sie lachte und meinte: ”das kann bei mir nicht so schnell passieren” und stieg aus der Fahrerkabine. Langsam versanken auch ihre Stiefel im schlammigen Wasser. Aber wie nicht anders zu erwarten, hatte sie noch jede Menge Stiefel als Reserve. Genüsslich beobachtete Tom, wie sie langsam durch den Schlamm um ihren Lastwagen ging.
”So könnte es klappen”, sagte sie, ”zuerst werde ich die Ladung kippen und dann mit der Seilwinde und dem Baum dort drüben versuchen den Karren aus dem Dreck zu ziehen”. Sie gab der Kipperverriegelung einen Schlag und sofort sprang hinten die Mulde auf. In einem Schwall ergoss sich ein Grossteil der ebenfalls sehr schlammigen Ladung auf den Boden. Noch ehe sie einen Schritt zurück gehen konnte, wurde sie von der schlammigen Ladung umschlossen. Einen Augenblick später schon war der Schlammhügel so hoch, dass auch ihr der Schlamm oben in die Stiefel lief. ”Jetzt sind wir quitt”, grinste Tom. Verzweifelt versuchte sie sich aus der zähen Masse zu befreien. Aber keine Chance, der Schlamm hatte sie in der Hand. Tom hatte allerdings den Eindruck, dass ihr das gar nichts ausmacht - im Gegenteil, sie hatte eher Spass daran.
”Komm, hilf mir ein bisschen”, rief sie zu ihm rüber. Immer tiefer einsinkend, kam er ihr langsam näher. ”Ich rutsche hier in meinen Stiefeln herum, weil mir vorher die Sauce oben reingelaufen ist, und habe Mühe, die Gummistiefel an den Füssen zu behalten”, sagte er zu ihr, ”aber ich komme!” Er genoss den Anblick, wie sie so hilflos im Schlamm stand und mit aller Kraft versuchte ihre Beine mit den Stiefel rauszuziehen. ”Geiles Gefühl, wenn die Gummistiefel so voller Schlamm und nass sind” bemerkte sie. ”Ja, das finde ich auch”, sagte Tom und fand es aufregend, dass er jemanden mit der gleichen Vorliebe getroffen hatte.
Gemeinsam buddelten sie sich zu ihren Gummistiefeln hinunter und zogen ihre Beine mitsamt den Stiefel aus dem Matsch. Es verging noch längere Zeit, bis sie wieder trockenen Boden unter ihren Stiefeln hatten. Danach mussten sie sich zuerst einmal ausruhen. ”Komm, wir gehen zum Bach und waschen uns erst einmal”, schlug sie vor. Gesagt, getan. Es dauerte wieder eine Weile, bis sie den ganzen Schlamm abgewaschen und ihre Stiefel wieder sauber waren. Auf dem Weg zurück zum Lastwagen ‘gluggerte’ und ‘schmatzte’ es in ihren Stiefeln, dass sie laut lachen mussten. Sie watete erneut durch den Schlamm und zog das Seil der Seilwinde heraus und befestigte es an einem dicken Baum. Mit Hilfe der Seilwinde konnte sie nun den Lastwagen aus dem Dreck ziehen.
”Könntest Du mir nicht noch helfen, die Gummistiefel auszuziehen?” fragte sie Tom. ”Dann zieh ich nämlich meine Cowboystiefel wieder an und dann muss ich wieder los - die Arbeit ruft”. Tom zog ihr noch die Gummistiefel aus, legte sie in die Box zurück und beobachtete, wie sie sich die Strümpfe wieder überstreifte und in die Cowboystiefel schlüpfte. ”Vielen Dank für die Hilfe”, zwinkerte sie ihm zu, ”vielleicht sieht man sich ja mal wieder”. Sie fuhr den Lastwagen um das Schlammloch herum aus der Kiesgrube und brauste davon.
Auch dieses Abenteuer wird Tom noch lange in Erinnerung bleiben ...