aufgedeckt
Bewertung: 2 Punkt(e)
Legt die Hausfrau nachts die Kette vor
im Korridor steh ich davor.
Mit der Feile ohne Eile keck-
feil ich sie weg da liegt der Dreck!
Während sich die Tochter grad entkleid't
tret ich bei ihr ein, es tut mir leid.
Ich bin das Nachtgespenst
dein süßes Nachtgespenst
ich weck dich wenn du pennst
so oft bis du mich Liebling nennst.
sei bloss nicht so erschreckt
du wirst nur aufgedeckt
und wenn du aufgedeckt
dann wirst du wieder zugedeckt.
Steig' ich durch's Fenster ein
reizt mich kein Edelstein
nein: Nur dein Ellenbein
reizt mich allein!
Ich nehm' als Nachtgespenst
kein Stückchen mit was glänzt.
Ich brauche wirklich nur Fahrgeld retour.
In der Presse stand ich sei 'ne Qual
und ein Skandal und nicht normal.
Ich bin selbst so traurig über mich
komm ich nach Haus' dann weine ich.
Denn bei Tag bin ich Regierungsrat
und nur nachts da haben wir den Salat!
ich bin das Nachtgespenst...
Doch das Heulen nützt nichts welch ein Graus!
Kaum sinkt die Nacht schon muss ich raus!
Treppen rauf und runter wohl beleibt
wenn ich bloss wüsst was mich so treibt!
Heute weiss ich's endlich ganz genau!
Das wovor ich flieh' ist meine Frau!
Sie ist mein Nachtgespenst
mein mieses Nachtgespenst.
Seh ich's bloss an das Kind
dann weiss ich was Gespenster sind!
Gott hab ich mich erschreckt
Ich hab sie aufgedeckt
kaum war sie aufgedeckt
hab' ich sie wieder zugedeckt.
Da hilft nur aufzusteh'n
und etwas andres seh'n
weil man sonst blind werden kann -
so fing es an.
Drum wenn du Mitleid kennst
mit'm armen Nachgespenst
dann schliess nicht ab die Tür
nein öffne sie mir.
[Dieses Friedrich–Hollaender–Couplet basiert auf einem realen Fall der in den 20er Jahren in Berlin durch die Presse ging: Hoher Beamter mit Neigung zum Voyeurismus steigt nachts bei Damen ein. Vide die populärpsychologische Deutung, die die Flucht ins Spannertum mit dem Aussehen der Ehefrau begründet.]