Viertelstündchen
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Du bist weit weg, sagte Lutz versunken. Da rücken einem die Zeiten zusammen. Was ist da ein weißes Vierteljahr? Was ist ein Jahr? Was wäre zuletzt ein Jahrzehnt? Ein Lahmer am Weg, die Krücken nahmen ihm Räuber fort, bettelt: bring mich zur nächsten Ortschaft wo mein Schwager wohnt und ich werde niemandem mehr lästig fallen; doch der seit Tagen erste im leeren Gefährt Vorbeirollende ruft herab: Bis zum nächsten Ort? Liebergott und deswegen soviel Traraa? sprichts, biegt um die Ecke mit wiehernden Pferden, ruft noch vom Dorfe her in dessen Fenstern Geranien blühen und dessen Hühner des Lahmen Ohr gackern hört, dessen Misthaufen zu ihm riechen: Ein Viertelstündchen ists bis zu diesem Ort – und dieses Viertelstündchen wirst dus nicht mehr aushalten?
Ernst–Jürgen Dreyer, 'Die Spaltung' (S. 162)