Nichteinmischung"
Gestern las ich in taz online, das Beste für uns Deutsche sei »Nichteinmischung« in Libyen.
Ach ja. Wenn Deutsche billig Urlaub machen können, wenn sie billig Öl kaufen und teuer Waffen verkaufen können,
wenn brutale Ausbeuter und Folterknechte uns gegen ihre Flüchtlinge schützen, dann sind die arabischen Länder gut.
Wenn aber Demonstranten und Aufständische, mehrheitlich Jugendliche, in das arabische Bild kommen, dann plötzlich
wollen die mehrheitlich immer älter werdenden Deutschen sich nicht einmischen.
Denn sie sitzen satt, bequem, privilegiert und arrogant, mit Merkel und Westerwelle als Galionsfiguren, in ihrer Festung
Europa.
Nichteinmischung? Wieso kann ich dabei einen Gaddafi-Sohn, der Dienstpersonal verprügelt, im deutschen Fernsehen
prahlerisch mit einer deutschen Waffe herumfuchteln sehen? Warum stemmt sich die deutsche Regierung gegen eine
Flugverbotszone über Libyen und wird dafür von Gaddafi gelobt?
Weil die deutsche Regierung und ihre Wähler mit solchen Jüngelchen und ihren Vätern, diesen alten, verknöcherten
Feudalherren und Potentaten, verbündet waren und sind.
Vor kurzem verloren sie beim Schach gegen die rebellische arabische Jugend ihre Figuren Ben Ali und Mubarak. Den
Westerwelle noch kurz zuvor devot verehrte.
Nichteinmischung würde bedeuten, den Mubarak-Fan und Gaddafi-Unterstützer Westerwelle schachmatt zu setzen.
Nichteinmischung würde bedeuten, ab sofort bei arabischen Herrscherhäusern kein Öl zu kaufen. Denn die brutalen
Saudi-Araber in Bahrein und Gaddafis Killer in Libyen werden auch mit deutschen Geld bezahlt. Und da wir, wie die
Junkies vom Heroin, vom Öl abhängig sind, ist »Nichteinmischung« nur eine dumme Phrase.
Fazit: Die Fortsetzung der französischen Revolution ist jetzt die arabische Revolution. Und wir stehen, mehrheitlich und
konform mit unseren Traditionen, auf der Seite der Reaktionäre.
Jürgen Kluzik
Prenzlauer Allee
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