Tödin

Bei der Tödin stört dich außer dem Klappern der Knochen das Klappern der Klunker; sie hat eine geradezu lächerliche Vorliebe für Perlen und Korallen.

sie hieß damals Elisabeth (Kübler-Ross), ich machte (wie sie dachte) meine letzten Zuckungen; sie kriegt dann (sagte mir die Nachtschwester hinterher) immer ein nasses Höschen.


»Jetzt kann ich die ganzen Notizen wegwerfen!« rief sie, als ich das Gift rauskotzte und wieder OK war.

»Du kannst mich Skelettina nennen, wenn du willst«, sagte die Tödin, aber ich brachte kein Wort heraus. Ich konnte nur auf ihre schlanken Fesseln und den unglaublichen Po starren. Ich war unvorsichtig, sie bemerkte meinen Blick. »Bist so ein kleiner Perverser, was? Gesichtsreiten und diese ganzen kleinen Sauereien? Nee nee nee, jetzt wird mal ordentlich gestorben!« Als sie loslachte, war ich enttäuscht, diese derbe und ordinäre Lache hatte ich nicht erwartet. Bei mir regte sich gar nichts mehr.

»Die Tödin und der Knabe«

Bekanntes Streichquartett von Hans Werner Henze.

Hat die Tödin eine Sense?
Sie arbeitet mir Gift, siehe der rote Giftbeutel hinter den Rippen links. Arterien leiten das Gift zu den Fingerspitzen, unter die Nägel.

Bevor die Tödin sich dir zuwendet, schaut sie noch kurz in den Spiegel und bringt ihre dünnen weißblonden Haare in Form.

Die Tödin hat ein perfektes Gebiß, sehr gepflegte Fingernägel (Spezial-Nagelstudio Anniston) und eine wundervolle Frisur aus Naturhaar.

Liebkosungen mit langen Fingernägeln sind nie angenehm.

»Todschick« kommt daher:

Allein, wie sie sich bewegt! Auf stählernen High Heels, die direkt in den Fersenknochen eingearbeitet sind. Catwalk auf einem fast unsichtbaren Steg.

Der breitkrempige Hut, von einem schlichten silberglänzenden Band festgehalten (sehr schöne Schleife unterhalb des Unterkieferknochens), und ein wogender Schleier vor dem Antlitz, der die Augenhöhlen nur ahnen lässt.

Die durchscheinende Bluse mit den feinen Rüschen, der die prächtigen Rippen eher verbirgt als herzeigt. Nach einem Entwurf von Vivienne Westwood.

Der kurze Rock, der das Becken knapp nur bedeckt, der die Oberschenkelknochen in voller Länge zeigt - man möchte mit jeder Hand einen umfassen, an ihm entlanggleiten, auf und ab.

Und die Zigarette am Ende der langen Zigarettenspitze, von der feiner Rauch aufsteigt - mit dem Gebiss festgehalten - die Dame kann nicht inhalieren, keine Lunge - und führt elegant die Zigarette zwischen ihre Rippen - hat die VivienneWestwood-Bluse mit einer im Grunde etwas obszönen Bewegung noch weiter öffnet - hindurch, hinein ins Innere - bewegt die Rüschen der Bluse, um das Glimmen der Zigarette anzufachen - um den wundervollen Brustkorb von innen zu beleuchten - und dann - die Tödin wirft den Kopf herum - geht weiter, geht fort, Catwalk, links und rechts Publikum, völlige Finsternis, völlige Stille, aber hunderte von hochgereckten Smartphones leuchten und bewegen sich fanatisch.
Jetzt ist sie fort. Wird sie am Ende des Stegs sich umwenden, wird sie wiederkehren?

Der Tod schwingt schon die Sense, während die Tödin noch in der Handtasche kramt.