Sensenmann

Amüsant ist auch die Vorstellung von einem jungen Herren, der im schwarzen Anzug und Aktenkoffer die entsprechenden Formalitäten höflich, aber bestimmt klärt und auch nicht vergisst, dir eine Durchschrift dazulassen, bevor er sich von dir verabschiedet mit dem Hinweis, zum vereinbarten Termin doch bitte pünktlich zu escheinen, um umständliche Verwicklungen von vornherein zu vermeiden ...

Ursprünglich wurde der Tod im Mittelalter als Pfeilmann dargestellt, der die Menschen mit einem gezielten Schuß aus dem Leben riß. Erst nach der ersten großen Pestepidemie in Europa wandelte sich das Bild vom Tod, und dieser wurde zum Sensenmann, der die Menschen reihenweise ummähte und eine grausige Ernte einbrachte.

Einmal ging der Sensenmann einen Weg am Acker eines Bauernhofes entlang. Da sah er einen jungen Mann der sich gerade aufhängen wollte. »Hey, junger Bursche!« Es ist ein so schöner Tag. Willst du mir nicht den Gefallen tun und später sterben? Dann kann ich mich erst mal in Ruhe sonnen und muss dich nicht gleich ins Totenreich bringen. Der junge Bursche schaute den Sensenmann deprimiert an. »Wenn du dir meine Lebensgeschichte anhörst, werde ich solange warten.« »So soll es sein« sagte der Sensenmann, stellte seine Sense an den Baum und legte sich ins Gras. Der junge Bursche tat es ihm gleich und begann von seinem traurigen Leben zu berichten. Nach einigen Stunden, der Sensenmann hörte die ganze Zeit schweigend und andächtig zu, begann sich der Tag zu neigen und es wurde kälter. Der Bursche war längst fertig mit seinem Reden und schaute irgend wie fröhlich in den Sonnenuntergang, als der Sensenmann sich aufmachen wollte.
»Nun, es ist Zeit. Der Tag geht zur Neige und ich will aufbrechen, steige also zum Baum herauf und erhänge dich.« Der Bursche lächelte ihn verschmitzt an und sagte »Lieber Sensenmann, da du so aufmerksam mir zu gehört hast habe ich keine Angst mehr vor dem Leben. Andererseits aber ist die Angst vor dem Tod gestiegen. Verzeih mir, dass ich nicht mitkommen möchte. «Der Sensenmann dachte bei sich, wenigstens war es mal ein schöner Spaziergang zu den Lebenden." Lächelte vergnügt und ging seines Weges.

Diethelm Gobhart-Radebaum
als Sensenmann benannt,
verfolgte einen Lebenstraum,
der war ihm wohl bekannt:

Nur einmal nach Mallorca geh'n,
den Ballermann besuchen,
drei Tage ohne Schlafverzehr,
den Alkohol verfluchen.

Und abends, wenn die Sonne sich
im Meeresnabel bettet,
bei einem drallen Weibe er
die Liebessense fettet.

Doch stets wenn es am schönsten war,
die Holde er dann küsste,
so viel sie um,
war mausetot,
und musste in die Kiste.