Schmelzkäse
Bewertung: 6 Punkt(e)
'Schmelzkäse' las ich grade hier im Blaster.
Mit diesem Wort war gleich wieder meine erste, grandios gescheiterte Heidewanderung da, 1985 muß das gewesen sein. Drei Wochen hatte ich eingeplant, zu Fuß auf Löns' und Schmidts Spuren. Der Rucksack wog etwa 20 Kilo und hatte die Ausmaße eines mittleren Kühlschranks. Wanderschuhe: brauch ich nicht, ich hab ja meine DocMartens. Noch nie gewandert? Kein Problem, laufen kann jeder. Die Realität sah anders aus: schon in Soltau unerträgliche Fußschmerzen, einen Orthopäden angesteuert, der ein angebrochenes Fußbett diagnostizierte, und mir Einlagen verschrieb, auf die ich fünf Tage in der Pension von Frau R. wartete, einer erdverwitterten Niedersächsin, die ihre verpilzte Bruchbude nach Art von Belsen und Neuengamme führte; noch heute zucke ich zusammen, wenn ich irgendwo die Worte 'Schuhe aus' höre. Diese Zwangsinternierung in einem der übelsten Ausflugskäffer der ganzen Heide hatten meine Geldreserven dermaßen aufgebraucht, daß ich mich nach Fortsetzung meiner Wanderung fast eine Woche lang nahezu ausschließlich von Schwarzbrot mit Schmelzkäse ernährte, romantisch das Wasser aus Quellen und Wasserhähnen soff, und zum Schluß völlig entkräftet und genervt nach einer Odyssee über diverse Autobahnraststätten und ihre Waschräume einen durchaus reizenden LKW-Fahrer fand, der mich wieder in meinen Kokon verfrachtete; zumindest die zwei Zwischenstops auf dieser Fahrt zählen zu den angenehmen Aspekten dieser ansonsten als Konzepturlaubsdebakel einzustufenden Reise.