Gottesdienst
Bewertung: 6 Punkt(e)
2:0 für uns
Kennen Sie das auch? Jemand, der nicht zum Gottesdienst kommen konnte, fragt Sie, wie der Gottesdienst war, und Sie geben als Antwort: Er war gut besucht.
Das gibt uns einen Einblick in unser seltsames Gottesdienst-Verständnis. Was hier anscheinend leider zählt, sind die Besucherzahlen, und ich spüre, wie allein der Begriff „Besucher“ aus einem Gottesdienst eine Besichtigung macht und aus einer Kirche ein Museum.
Gottesdienst wird bisweilen wahrgenommen als eine Veranstaltung (und die Kollekte ist dann der Eintritt am Ausgang und für manchen der Eingang zum Austritt), und Veranstaltungen besucht man eben. Am Gottesdienst aber nimmt man teil, wenn man denn in die Kirche geht. Man erlebt nicht nur etwas als Außenstehender, sondern man gibt (Sorgen, Freude, Nächstenliebe) und empfängt (gute Botschaft, Geist, Segen) und antwortet Amen. So soll(te) es sein.
Beim Schlusspfiff eines Fußballspiels in der Arena auf Schalke geht mir zwar das Amen nicht über die Lippen. Doch obwohl ein Bundesligaspiel nur eine Veranstaltung ist, spüre ich die Anleihen aus einem guten Gottesdienst: Zuerst Anrufung, eine Liturgie, in der es an nichts mangelt, dann das Spiel (90 Minuten wie Predigt und Abendmahl mit Zwischengesängen und Stoßgebeten). Und ob da am Ende Segen drauf ruht, weiß man nicht.
Aber eins weiß ich sicher. Wenn ich zu Hause gefragt werde, wie es war, gebe ich nicht die blöde Antwort: Es waren über 60.000 da. Sondern ich sage voller Freude: Wir haben die Bayern geschlagen, 2:0. Der Schiedsrichter war uns endlich gnädig. Wir haben aber auch schon genug Enttäuschungen erlebt - als Meister der Herzen.
So wünsche ich mir das auch, wenn wir uns nach dem Gottesdienst unterhalten - und auf die Frage, wie es war, antworten können:
Gott meint es gut mit uns: Michael hat den Drachen besiegt und Jesus den Satan.
Dann steht‘s ja 2:0 für uns!?
Wenn wir keine Eigentore erzielen, können wir es schaffen. Und Gott feuert uns an.
Und wie viele Leute waren da?
Weiß nicht! Hab sie nicht gezählt. Aber Heiligabend sind‘s bestimmt mehr. - Da kommen dann die Bayern-Fans.