Galizien
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Heute ist das osteuropäische Galizien ein Mythos, eine Seelenlandschaft; früher war es einmal Realität:
Seit dem 14. Jahrhundert war Galizien unter polnischer Herrschaft gestanden. Polnische Grundherren beuteten bis in die frühe Neuzeit hinein die ukrainische Bauernschicht des Landes erbarmungslos aus. Den polnischen Feudalherren leisteten einige der zahlreichen Juden, die vor den westeuropäischen Pogromen nach Polen geflohen waren, als Steuereintreiber und Pächter von Wirtshäusern un kleinen gewerblichen Betrieben nützliche Dienste und erfreuten sich deren Schutzes. Allerdings fristeten die meisten der galizischen Juden das erbärmliche Leben von Hausierern, Kleinkrämern und Gelegenheitsarbeitern.
Durch die polnischen Teilungen des 18. Jahrhunderts fielen West- und Ostgalizien mit ihren Zentren Krakau und Lemberg an Habsburg. Das neue Kronland war ein künstliches Gebilde, das von Menschen unterschiedlicher Kultur, Sprache, Religion und Nationalität bewohnt wurde. Die traditionellen sozialen und ökonomischen Spannungen zwischen den verschiedenen Bevölkerungsgruppen verschärften sich im 19. Jahrhundert zu ausgemachten Konflikten, welche von Wien her schließlich kaum noch zu kontrollieren waren. Um 1900 lebten in Galizien etwa vier Millionen Polen, drei Millionen Ruthenen (Ukrainer) und ungefähr 800 000 Juden.
Im Ersten Weltkrieg wurde Galizien zum blutigen Schlachtfeld...
(Davon ein andermal mehr.)