Drogenausschuss
Bewertung: 1 Punkt(e)Mein ehemaliges Gymnasium gehörte zur kleinen Zahl besonders reformfreudiger und zugleich, so würde ich es einmal bei aller gebotenen Zurückhaltung ausdrücken, linkslastiger Schulen im Land. Gegen Ende der 60er Jahre war es maßgeblich an der Arbeit des sogenannten Reformausschusses beteiligt, der sich zum Ziel gesetzt hatte, die althergebrachten Inhalte und Vermittlungskonzepte auf eine zeitgemäßere Weise umzugestalten. Bevor dies alles gut zehn Jahre später im Wust behördlicher Anweisungen und ASchos erstickte, war die Schule ein Laboratorium, in dem zum Beispiel Fächer wie Geschichte und Erdkunde einer Neuausrichtung unterzogen wurden, die unter anderem auch eine Abkehr vom eurozentristischen Denken und dem Personen– und Datenkult der Vergangenheit bedeutete. Als kleines Schülerlein der Unterstufe hatte ich von all dem, was da hinter der geheimnisvollen Tür des Lehrerzimmers ausgetüftelt wurde, natürlich keine Ahnung - daß unsere Beratungslehrer jedoch zum Teil fast übertrieben einfühlsame Käuze waren und sich echte Lehrärsche fast nur unter den kurz vor der Pensionierung stehenden Naturwissenschaftlern befanden, habe ich durchaus dankbar zur Kenntnis genommen. Anfang der 80er dann war das Projekt Reformausschuss auf Landesebene gestorben, doch gleichsam konspirativ sammelten sich die zahlenmäßig starken Aufrechten unter dem Namen 'Drogenausschuss' um die Arbeit ohne äußere Bezuschussung gleichsam konspirativ weiterzuführen. Doch auch hiervon bekam ich, inzwischen zum dauerkiffenden Pseudopunk mutiert, nur wenig mit: Schon das Wort Drogenausschuss weckte meine Ablehnung, dabei war der dahinterstehende Gedanke keinesfalls von nacktem temperenzlertum bestimmt, sondern sollte in dieser larvierten Form einfach Bedingungen des Lernens schaffen, die es den Schülern ermöglichten, ihre Schule auch anders als im Schumm zu ertragen. Leider kam diese Idee zu diesem Zeitpunkt für mich etwas spät, doch ein ausgesprochen entspanntes Lernklima, das es mir unter anderem ermöglichte, fünf Jahre lang praktisch ohne jede angefertigte Hausarbeit durchzuschlüpfen und die wenigen mir genehmen Aufgaben wie Deutsch– und Geschichtsaufsätze in maschinengeschriebener Form abzuliefern, da mir als beginnendem Ästheten meine eigene Handschrift ausgesprochen zuwider war und auch bis heute geblieben ist, diese Erfahrung hat mich positiv geprägt und hoffentlich für mein gesamtes weiteres Leben mißtrauisch gegen das Prinzip der Repression gemacht.