Blasterklappe
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Sie fragen mich, weshalb ich mein beschauliches Privatiers–Dasein gegen diesen bei vordergründiger Betrachtung eher als Abstieg zu wertenden Halbtagsjob als Blasterklappenwart eingetauscht habe. Es ist völlig richtig, daß weder die Aussicht auf Luftveränderung noch auf ein Emporkommen im gesellschaftlichem Rang aus dieser demutsvollen Beschäftigung resultiert, und auch die Bezahlung wäre kaum ein Argument gewesen: doch gerade der Weg vom Blasterpunktespitzenverdiener in früheren Hochzeiten zu einem Paria des Bewertungsfaschismus macht einen nicht unwesentlichen Teil des Reizes meiner Arbeit aus.
Was also ist das movens, welches mich dazu trieb, ihnen heute statt im Burberry der Anmaßung im Kittel der Demut gegenüberzutreten?
Nun, an erster Stelle wäre hier der Kontakt zu Menschen zu nennen. Sicherlich gibt es Zeiten, da tröpfelt der Verkehr hier nur mäßig, die Stoßzeiten entschädigen jedoch diesbezüglich für manche Stunde, die mich hier, vom urämischen Herumgeschwänzel einiger Assoziationsprostatiker abgesehen, alleine mit meiner Roor und einem Gläschen Urinsteinentferner findet.
Es ist eine reizvoll vielschichtige Tätigkeit, in der man gewissermaßen Mime und Schauspieldirektor in einem ist. Noch beim vierten Besuch eines Blasterkunden innerhalb eines Nachmittages so zu tun, als sähe man ihn gerade zum ersten Mal, ist manchmal gar nicht so einfach, ein freundlich hingeworfenes »Na, ihnen gefällt es aber bei uns, wie?« zu unterdrücken ist jedoch Ehrensache; es würde die Armen in sich zusammensinken lassen, diese Lehrlinge zu Sais sind zwar draußen oftmals reichlich plaudersam, am Orte des Mysteriums jedoch verwandeln sie sich in demütige Adepten, zum Sehen geboren, zum Schauen bestellt.
Ob ich hier schon eine prominente Blastergestalt angetroffen habe? Ich weiß es nicht recht zu sagen, Äußerlichkeiten betreffend, halten sich unsere Zuträger in der Oberwelt meistens eher bedeckt. Aus einem gewissen Schwung des Haars, einigen unbestimmt vertraut wirkenden Accessoires meine ich zwar, einige meiner Stammgäste zuordnen zu können, aber die Diskretion ist mein Kapital, gelegentlich lasse ich mir die Lippen auch von einem Goldstück versiegeln, dies hier zu vertiefen läge jedoch nicht in meiner Natur.
Seitdem unsere Blasterklappe zur sexuell befreiten Zone erklärt wurde, und sich die Blasterpolizei höchstens einmal zur schnellen Entspannung in der Mittagspause in dieses allverflieste Kythera verirrt, ist es ein Ort der Beschaulichkeit geworden, der im Vergleich zum hektischen Treiben auf dem Blaster-Boulevard eine Geborgenheit atmet, die selbst durch eine gewisse Strenge des Geruchs nicht gemindert wird.
Aber entschuldigen sie mich für einen Augenblick, die Herrschaften aus Kabine drei haben gerade eine Flasche Amylnitrit bestellt. Die drei ist unser erfolgreichstes Separée: als behindertengerecht ausgewiesen, bietet es bei seinen großzügigen Abmessungen und den durchdacht angebrachten Haltegriffen ein Spektrum des Angebotes, wie sie es in vergleichbaren Örtlichkeiten... Nicht drängeln, die Herrschaften, ich komm ja schon!