Aschenbach
Bewertung: 6 Punkt(e)Es gilt für mich, schweren Herzens Abschied von zwei Vorurteilen zu nehmen: Dass ohrenbetaeubende Diskothekenbeschallung ein geisttötendes Aergernis für jeden aufrechten Aestheten sein muss, und das effeminierte Maenner grundsaetzlich als obskur zu bezeichnen sind. Was die beiden jungen Schwestern in modischem Top und Trikothosen gestern Nacht gegen drei zu wummernden Türkpopklaengen tanzend an der Stange abgerissen haben, hat nicht nur dem restlichen überaus gemischten Publikum den Mund waessrig gemacht. Und beim zum wiederholten Male dargebrachten Uptempo-Fetzer der Saison, von dem ich nur erinnere, dass er das Wort Allah gehaeuft und in fast unstatthaft lasziver Frenetik im Refrain führte, fand ich mich plötzlich mit einem mittelalten Schnauz auf dem Tanzboden wieder, in Verrenkungen, die mit dem Wort Balztanz nur unzureichend umschrieben sind. Zum ersten Mal im Leben habe ich mich gefragt, ob ich mit meinem lebenslangen Verzicht auf das Nightclubbing nicht vielleicht doch etwas versaeumt habe. Zumindest habe ich mir heute ein etwas modischeres T-Shirt gekauft; für eine Woche im Urlaub kann ich ruhig mal den Affen machen. Und einen etwas vorteilhafteren Haarschnitt habe ich seit heute Mittag auch. Kurz eine Tönung erwogen, aber dann doch als etwas zu dick aufgetragen verworfen. Aschenbach, ick hör dir trapsen.