Was ist denn bitte schön “Profitabilität”?
29. January 2007, 15:58 Uhr von Torsten Herrmann
Einem merkwürdigen Wort begegne ich immer öfter: “Profitabilität“. Eins ist es auf jeden Fall nicht: deutsch. Irgendwann zweifelte ich an meinem betriebswirtschaftlichen Wissen und fragte mich, ob ich damals in meiner Kosten-Leistungs-Rechnungs-Vorlesung wohl nicht aufgepasst hätte. Aber auch in meinem Gablers Wirtschaftslexikon aus Studienzeiten findet sich nichts. Ebenso nicht in WAHRIG Deutsches Wörterbuch, das ich nach dem Abschluss der Rechtschreibreform vor rund zwei Wochen gekauft habe. Nicht mal Wikipedia kennt das Wort. Obwohl, in einigen Beiträgen taucht der Begriff auf, da schlägt wohl die ominöse Schwarmintelligenz von Wikipedia zu, denn hier wird Wissen gemacht und wenn nur genug Unternehmensvertreter das Wort benutzen, dann schert es keinen mehr, dass es niemand in der Vorlesung gehört haben dürfte. Bald also wird es wohl bei Wikipedia definiert werden. Auch eine Google-Suche bringt allerlei Schmunzelnswertes hervor: So heißt es an erster Stelle in der Presseinformation einer bekannten Unternehmensberatung und einer privaten Universität: “Profitabilität und Wachstum durch dynamische Fusionen”.
Am besten erschließt man sich den gemeinten Sinn, in dem man zur Wurzel vorstößt, denn Profitabilität ist einfach eine betriebswirtschaftlich mangelhafte óbersetzung des englischen Worts “profitability“. Die richtige óbersetzung findet sich dort: Rentabilität bzw.Rendite oder die Wirtschaftlichkeit. Schon mal gehört? Schauen wir darunter nochmal bei Wikipedia rein, dort zeigt sich, dass die meisten wohl “Wirtschaftlichkeit” meinen (Rentabilität ist ein Prozentsatz, ich nehme an, dass die wenigsten mit Prozentsätzen sondern mit Werten argumentieren wollen).
“Wirtschaftlichkeit ist ein allgemeines Maß für die Effizienz, bzw. für den rationalen Umgang mit knappen Ressourcen. Sie wird allgemein als das Verhältnis zwischen erreichtem Ergebnis (Output) und dafür benötigten Mitteleinsatz (Input) definiert. Die Wirtschaftlichkeit lässt sich erhöhen, indem man ein möglichst günstiges Verhältnis zwischen Zielerreichung und Mitteleinsatz anstrebt und erreicht (siehe auch Wöhe u. a.)…”
Einfach gesagt: Wirtschaftlichkeit = Ertrag geteilt durch Aufwand. Es geht also darum, was unterm Strich dabei raus kommt, wenn also der Ertrag (Output) größer ist als der Aufwand (=Input) bzw. die Wirtschaftlichkeit größer 1 ist. Nur leider hört sich Wirtschaftlichkeit für die meisten wohl nicht so sexy an wie Profitabilität. Wie sagte mal eine Bewerberin zu mir am Telefon: Im Englischen lässt sich vieles einfach viel besser ausdrücken. Ich habe ihr geraten, sich einen anderen Job zu suchen als in der óffentlichkeitsarbeit. Leute, die ihr mangelhaftes Deutsch mit anglizistischen Powerbegriffen aufpeppen wollen, sollten wirklich was anderes machen.
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