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mcnep schrieb am 6.6. 2007 um 13:40:51 Uhr über

Zonen-Gaby

Im späten November 1989 platzte das Satiremagazin TITANIC mit einem Titelbild in das vereinigungsbesoffene Deutschland, das bis heute ein Klassiker der an Aufregern nicht armen Geschichte dieser Zeitschrift geblieben ist: »Zonen-Gaby (17) im Glück (BRD): Meine erste Banane!« Abgebildet war eine junge Frau mit einem Haarschnitt, den ich mangels friseurtechnischer Fachkenntnisse mit den Worten 'auftoupierte Dauerkrause', beziehungsweise Miniplivokuhila beschreiben würde, eine Modekrankheit, die Jahre zuvor in westdeutschen Städten einigermaßen erfolgreich besiegt worden war. Dazu trug sie eine Jeansjacke, die weder den Glamour späterer Retro-Vintage-Modelle noch den Geist der Verweigerung atmete, der rund 15 Jahre zuvor von diesen Kleidungsstücken ausgegangen war, es war einfach eine woolworthne Zumutung in Indigo. Diese junge Frau, die zudem durch ein Paar Hängerohrringe verunziert war, die an Lernspielzeug denken ließen, welches man zuvor einem Baby ohne jeglichen Protest vom Kinderwagen geschraubt hatte, strahlte dem Betrachter nichts desto trotz auf das Warmherzigste entgegen, der innere Sonnenschein war geradezu ansteckend und wurde durch die Freudenträne, die ihr über die Wange kullerte, nicht gemindert, sondern eher verklärt. Der Grund für diese augenfällige Seeligkeit befand sich, halb geschält, in ihrer linken Hand; es war jedoch keinesfalls eine Banane, sondern eine handelsübliche Schlangengurke. Im deutschen Osten, wo das Feld der Satire bis dahin primär durch den datschahaften Humor des 'Eulenspiegel' und die achtsam kontrollierten Kabarettabende der Leipziger 'Pfeffermühle' beackert worden war, stieß dieses Titelbild auf eine vorsichtig gesprochen frostige Aufnahme. Bananen mit Gurken zu verwechseln, das hätte man vermutlich nicht einmal einem Bewohner der Uckermark zugetraut. Abgesehen davon, dass die als Zonen-Gaby posierende junge Frau gar keine Ostbürgerin war, sondern aus Worms, der Heimatstadt des damaligen TITANIC-Chefredakteurs Bernd Fritz stammte: Nachdem auch die letzte sächsische Metropole mit Zara-Modeläden und schwulen Italofriseuren zugepflastert ist und sich die modischen Unterschiede zwischen Ost und West wie Frikassee und Würzfleisch zu nivellieren beginnen, wirkt dieses Bild heute vor allem wie ein feinsinniger Kommentar zu makroökonomischen Zusammenhängen. Denn vergleicht man den Einzelpreis einer Banane mit dem einer Schlangengurke, wird auch der übelwollendste Mitmensch einräumen, dass Gaby alles in allem ein gutes Geschäft gemacht hat.


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