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tootsie schrieb am 20.7. 2013 um 22:39:21 Uhr über

Zauberdroge

Ich finde, Kratom ist eine Zauberdroge. Die Wirkung ist subtil: der User ist »unterwegs«, aber trotzdem in der Lage zu blastern. Oder Abzuwaschen. Auch das Ausfüllen von amtlichen Vordrucken geht leicht und locker von der Hand. Die Konzentration ist geschärft, aber gleichzeitig verschwindet innere Anspannung. Die Stunden vergehen wie im Fluge. Trotzdem bleibt der Geist offen und unternehmungslustig, obwohl man gerade Dinge tut, die eigentlich sterbenslangweilig sind. Doof ist höchstens, wenn am Ende der Arbeit noch zu viel Tripp übrig ist.

In Asien empfiehlt man jungen Frauen, ihren Zukünftigen genau unter die Lupe zu nehmen. Kifft er, sollte sie die Finger von ihm lassen. Nimmt er dagegen Kratom, dann ist er ein tüchtiges, verlässliches Arbeitstier - eine gute Partie also.

In den letzten zwei Wochen war ich imho etwas zu oft unterwegs. Das liegt daran, dass ich mit Arbeit praktisch zugeschissen werde und vom Leben nicht besonders viel habe. Um nach Feierabend noch etwas Vernünftiges zu unternehmen, bin ich viel zu ausgelaugt. Mein Hirn ist vom Übersetzen dermaßen zermatscht, dass ich nicht einmal mehr lesen kann! Mir bleiben bloß dumme Trickfilme auf VIVA in der fünfzigsten Wiederholung.

Da lobe ich mir Kratom. Ein Teelöffel davon justiert die Synapsen neu. Plötzlich kommt die Lust auf einen Spaziergang! Ein Glas Wein, später ein zweites... Ich bin letztens sieben Stunden mit einer Flasche Wein beschäftigt gewesen. Zwischendurch immer ein Löffelchen Kratom... Auf einmal ist die Energie da, doch noch den Abwasch zu machen, doch noch mal Korrektur zu lesen, doch noch mal schnell eine Rechnung zu stellen oder einen Dauerauftrag zu ändern. Oh Wunder! Ich finde alle doppelten und überflüssigen Leerzeichen, die Zahlen auf der Rechnung stimmen, und dann habe ich noch Lust, das Aquarium sauber zu machen oder meine Blumen zu betüddeln.

Wenn ich diese Energie doch auch ohne Kratom hätte! Aber dann sind diese lästigen Alltäglichkeiten einfach nur schwarze Löcher, die den letzten Rest Lebensfreude aufsaugen und mich müde und überreizt und unzufrieden vorm Fernseher Süßkram fressen lassen.

Es sollte auch möglich sein, ein erfülltes Leben ohne Dreh- und Schwebekräuter zu führen. Leider frisst mich die Arbeit. Alle Energie verschwindet. Und wenn ich versuche, doch noch etwas für mich zu tun, dann wird daraus Leistungssport, der noch mehr Kraft raubt.

Na, noch sechs Tage - dann ist dieses Projekt erledigt, und ich kann mich wieder um mich kümmern, auf meine Gesundheit achten und das tun, was mir Spaß macht und mir Kraft gibt. Und ich habe jede Menge Geld, das ich ausgeben kann!

Das Kratom kann nichts dafür, dass ich es missbrauche, um mich selbst auszubeuten.

Eigentlich ist Kaffee ja auch nichts anderes. Der ist aber gesellschaftlich anerkannt! Na, vielleicht ist Kratom das in zehn Jahren auch? In Asien verwendet man es wie Kaffee...

Ein ganz wunderbares Kraut! Eine Zauberdroge, die ich wirklich verehre. Und sie ergänzt sich wunderbar mit kleinen Mengen Wein...

Trotzdem gefällt mir die Entwicklung ganz und gar nicht. Drogen zu nehmen, weil sonst nichts vom Tage übrigbleibt, ist bedenklich. Ich werde wieder einen Töpferkurs machen! Danach sehne ich mich...



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