Wenn wir heute 'Schlachtfest' hören oder lesen, erschaudern wir vor überheizten ländlichen oder kleinstädtischen Gaststätten, in denen feiste Schützenvereins- und Vorgarten-Spiesser widerwärtige Schweinereien in absurden Mengen vertilgen, nebst gehörigen Quantitäten an Bier und Schnaps, wo hernach unanständige Lieder gesungen werden.
Es empfiehlt sich das Angedenken an die traditionellen Schlachtfeste im Spätherbst. Die Mastsau, die lange gemästet und gepeppelt wurde, war nicht leicht vom Leben zum Tode zu befördern - ein gewaltiger Brocken Fleisch und Fett, den es zu bändigen galt. Dazu war das eine schauerliche Angelegenheit mit Strömen von Blut und Kübeln voller Eingeweide, Därmen, aus denen die Scheisse gespült, und die dann sorgsam gewaschen werden mußten. Nüchtern war das kaum zu ertragen für die Beteiligten.
Auch war das ganze harte Arbeit, die vor allen Dingen auch schnell vonstatten gehen mußte, da das frische, kostbare Fleisch ansonsten dem Verderb ausgesetzt war. Es wurde gemetzelt und gewurstet, was das Zeug hielt, die Nacht buchstäblich zum Tage gemacht. Und es fiel so einiges ab, was nicht eingemacht, gesalzen, oder geräuchert wurde - es herrschte Überfluß an der seltenen, feiertäglichen Fleischspeise - und das in einer Zeit, die mit dem herbstlichen Holzeinschlag auch von harter Arbeit geprägt war. Nur zu verständlich, daß diese Arbeit eben auch zum Fest wurde, einer dyonisischen Angelegenheit, mit dem Opfertier als Zentrum, dem man seinerseits das Trankopfer brachte: man kannte das Tier schließlich, es hatte oft einen Namen, und man hatte es mitunter jahrelang umsorgt, um es gebangt, ob es wohl gerate. Es war eben kein unpersönliches »Stück Fleisch«, wie die Snobs heute ein Sexobjekt in blasierter Selbstironie bezeichnen, sondern ein Haus- und Hofgenosse, den man da umbrachte, auseinandernahm und aufaß.
Wenngleich ich selbst nur vor ein paar Jahren mal an der »Schwarzschlachtung« zweier Bocklämmer teilgenommen hatte, nach der die obligate Büchse Wurst, die Flasche Schnaps und der Kasten Bier zum Vorschein kam - ich meine, diesen atavistischen Aspekt des Schlachtens doch noch mitbekommen zu haben, und gelernt zu haben, diesem Begriff vom »Schlachtfest« mit ein klein wenig mehr Respekt zu begegnen. Und ich kann nur jedem Menschen, der nicht Vegetarier ist, die Teilnahme an einer solchen Aktion anraten als Akt der Redlichkeit dem »Tier« gegenüber, daß man da so oft gedankenlos verzehrt.
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