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Platon schrieb am 16.10. 2001 um 14:09:42 Uhr über

Harmonie

107. g) Brauchbarkeit der Wissenschaft der Harmonie

Aber was hast du nun noch in Erinnerung zu bringen von hierher gehörigen Kenntnissen? - Nichts jetzt sogleich, sagte er. -
Aber die Bewegung selbst, sprach ich, stellt uns nicht eine, sondern mehrere Arten dar; sie nun insgesamt mag ein Sachkundiger
auszuführen wissen, die aber auch uns gleich auffallen, deren sind zwei. - Was für welche? - Es scheinen ja, sprach ich, wie für
die Sternkunde die Augen gemacht sind, so für die harmonische Bewegung die Ohren gemacht und dieses zwei verschwisterte
Wissenschaften zu sein, wie die Pythagoräer behaupten und wir zugeben, oder wie sonst tun? - Zugeben. - Also, sprach ich,
weil das eine weitläufige Sache ist, wollen wir nur von jenen vernehmen, was sie darüber sagen, und ob noch etwas anderes zu
diesem; wir aber wollen außer dem allen das unsrige wohl in acht nehmen. - Was doch? - Daß nicht unseren Zöglingen einfalle,
etwas hiervon unvollständig zu lernen, so daß es nicht jedesmal dahin ausgeht, worauf alles führen soll, wie wir eben von der
Sternkunde sagten. Oder weißt du nicht, daß sie es mit der Harmonie ebenso machen?

Wenn sie nämlich die wirklich gehörten Akkorde und Töne gegeneinander messen, mühen sie sich eben wie die Sternkundigen
mit etwas ab, womit sie nicht zustande kommen. - Bei den Göttern, sagte er, und gar lächerlich halten sie bei ihren sogenannten
Heranstimmungen das Ohr hin, als ob sie in der Nachbarschaft eine Stimme erlauschen wollten, wobei denn einige behaupten,
sie hörten noch einen Unterschied des Tones, und dies sei das kleinste Intervall, nach welchem man messen müsse, andere aber
leugnen es und sagen, sie klängen nun schon ganz gleich, beide aber halten das Ohr höher als die Vernunft. - Du, sprach ich,
meinst jene Guten, welche die Saiten ängstigen und quälen und auf den Wirbeln spannen. Damit aber die Erzählung nicht zu lang
werde, will ich dir die Schläge mit dem Hammer und das Ansprechen und Versagen und die Sprödigkeit der Saiten, diese
ganze Geschichte will ich dir schenken und leugne, daß diese Leute etwas von der Sache sagen, sondern vielmehr jene, von
denen wir eben sagten, wir wollten sie der Harmonie wegen befragen. Denn diese hier machen es ebenso wie jene
Astronomen, nämlich sie suchen in diesen wirklich gehörten Akkorden die Zahlen, aber sie steigen nicht zu Aufgaben, um zu
suchen, welches harmonische Zahlen sind und welches nicht, und weshalb beides. - Das ist auch, sagte er, eine gar wunderliche
Sache. - Sehr nützlich allerdings, sprach ich, für die Auffindung des Guten und Schönen, wenn man sie aber auf andere Weise
betreibt, ganz unnütz. - Wahrscheinlich wohl, sagte er. -

108.a) Alle anderen Wissenschaften sind Vorübungen für die Dialektik als Wissenschaft von dem, was ist

Ich meinesteils denke, fuhr ich fort, wenn die Bearbeitung der Gegenstände, die wir bis jetzt durchgegangen sind, auf deren
Gemeinschaft unter sich und Verwandtschaft gerichtet ist und sie zusammengebracht werden, wie sie zusammengehören, so
kann diese Beschäftigung schon etwas beitragen zu dem, was wir wollen, und ist dann keine unnütze Mühe; wenn aber nicht, so
ist sie unnütz. - So ahnt auch mir, sagte er, aber das ist gar ein großes Werk, o Sokrates. - Schon das Vorspiel, sprach ich,
oder was meinst du? Oder wissen wir nicht, daß alles dies nur das Vorspiel ist zu der Melodie, welche eigentlich erlernt werden
soll? Denn du meinst doch nicht, daß die in diesen Dingen stark sind, schon die Dialektiker sind? - Nein beim Zeus, außer nur
gar wenige von denen, die mir bekannt geworden. - Aber auch das doch nicht, daß solche, die nicht einmal vermögen, irgend
Rede zu stehen oder zu fordern, irgend etwas wissen werden von dem, was man, wie wir sagen, wissen muß? - Auch das
gewiß nicht, sagte er. -

Also dieses, o Glaukon, ist nun wohl die Melodie oder der Satz selbst, was die Dialektik ausführt? Von dem auch, wie er nur
mit dem Gedanken gefaßt wird, jenes Vermögen des Gesichts ein Abbild ist, von welchem wir sagten, daß es bestrebt sei, auf
die Tiere selbst zu schauen und auf die Gestirne selbst, ja zuletzt auch auf die Sonne selbst. So auch wenn einer unternimmt,
durch Dialektik ohne alle Wahrnehmung nur mittels des Wortes und Gedanken zu dem selbst vorzudringen, was jedes ist, und
nicht eher abläßt, bis er, was das Gute selbst ist, mit der Erkenntnis gefaßt hat, dann ist er an dem Ziel alles Erkennbaren, wie
jener dort am Ziel alles Sichtbaren. - Auf alle Weise. - Und diesen Weg, nennst du den nicht den dialektischen? - Wie sonst? -
Die Lösung aber von den Banden und die Umwendung von den Schatten zu den Bildern und zum Licht, und das Hinaufsteigen
aus dem unterirdischen Aufenthalt an den Tag, und dort das zwar auf die Tiere und Pflanzen selbst und auf das Licht der Sonne
noch bestehende Unvermögen hinzuschauen, wohl aber auf deren göttliche Abbilder im Wasser und Schatten des Seienden,
nicht mehr der Bilder Schatten, welche durch ein anderes, in Vergleich mit der Sonne ebensolches Licht abgeschattet wären:
das ist die Kraft, welche die gesamte Beschäftigung mit den Künsten besitzt, welche wir durchgenommen haben; und solche
Anleitung gewähren sie dem Besten in der Seele zum Anschauen des Trefflichsten unter dem Seienden, wie dort dem Klarsten
am Leibe zu der des Glänzendsten in dem körperlichen und sichtbaren Gebiet. - Ich, sprach er, nehme es so an; wiewohl es mir
gar schwer scheint, es anzunehmen, dann aber auch wieder schwer, es nicht anzunehmen. Doch - denn man muß das ja nicht
diesmal nur hören, sondern noch gar oft darauf zurückkommen - laß uns setzen, dies verhielte sich, wie eben gesagt wird, und
laß uns nun zu dem Satz selbst gehen und ihn ebenso durchnehmen, wie wir das Vorspiel durchgenommen haben.

Sprich daher, welches ist das eigentümliche Wesen der Dialektik, in was für Arten zerfällt sie, und welches sind die Wege zu
ihr; denn diese wären es nun endlich, dünkt mich, die dahin führen, wo für den Angekommenen Ruhe ist vom Wege und Ende
der Wanderschaft. - Du wirst nur, sprach ich, lieber Glaukon, nicht mehr imstande sein zu folgen! Denn an meiner
Bereitwilligkeit soll es nicht liegen, und du sollst nicht mehr nur ein Bild dessen, wovon wir reden, sehen, sondern die Sache
selbst, so gut sie sich mir wenigstens zeigt; ob nun richtig oder nicht, das darf ich nicht behaupten, aber daß es etwas solches
gibt, muß behauptet werden. Nicht wahr? - Notwendig. - Nicht auch, daß allein die Kraft der Dialektik es dem zeigen kann,
welcher der erwähnten Dinge kundig ist, sonst aber es nicht möglich ist? - Auch dies, sagte er, darf man behaupten. - Und dies
wenigstens, sprach ich, wird uns wohl niemand bestreiten, wenn wir sagen, daß, was jegliches selbst sei, dies keine andere
Wissenschaft planmäßig von allem zu finden sucht, sondern alle anderen Künste sich entweder auf der Menschen Vorstellungen
und Begierden beziehen oder auch mit Hervorbringen und Zusammensetzen oder mit Pflege des Hervorgebrachten und
Zusammengesetzten zu tun haben; die übrigen aber, denen wir zugaben, daß sie sich etwas mit dem Seienden befassen, die
Meßkunde und was mit ihr zusammenhängt, sehen wir wohl, wie sie zwar träumen von dem Seienden, ordentlich wachend aber
es wirklich zu erkennen nicht vermögen, solange sie, Annahmen voraussetzend, diese unbeweglich lassen, indem sie keine
Rechenschaft davon geben können. Denn wovon der Anfang ist, was man nicht weiß, Mitte und Ende also aus diesem, was
man nicht weiß, zusammengeflochten sind, wie soll wohl, was auf solche Weise angenommen wird, jemals eine Wissenschaft
sein können? - Keine gewiß! sagte er. -



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